Deutsch-Dänische Handelskammer

Handelskammer soll auch in Nordschleswig sichtbarer werden

Handelskammer soll auch in Nordschleswig sichtbarer werden

Handelskammer soll auch in Nordschleswig sichtbarer werden

Kopenhagen
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Geschäftsführer Andreas Wenzel in seinem noch nicht ganz fertig eingerichteten Büro in der Deutsch-Dänischen Handelskammer am Kongens Nytorv in Kopenhagen Foto: Nils Baum

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Deutschland kann sich beim Vorantreiben der grünen Transformation von Dänemark inspirieren lassen. Aber auch deutsche Unternehmen können mit interessanten Technologien und Produkten zur Entwicklung der deutsch-dänischen Handelsbeziehungen beitragen. Das meint der neue Geschäftsführer der Handelskammer, Andreas Wenzel, der die Institution auch in Nordschleswig präsenter machen möchte.

Seit dem 1. April hat die in Kopenhagen ansässige Deutsch-Dänische Handelskammer einen neuen Geschäftsführer. Er heißt Andreas Wenzel und ist erst der dritte Geschäftsführer, seitdem die Kammer vor 31 Jahren gegründet wurde. Zuvor war er Geschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Marokko.

Unkomplizierter und pragmatischer

Nach gut einem Monat im Amt sind ihm bereits einige Unterschiede zwischen Dänemark und Deutschland aufgefallen. „Ich glaube, in Dänemark ist man im Vergleich zu Deutschland sehr viel unkomplizierter und pragmatischer. Man beißt sich vielleicht nicht immer so an dem Absoluten fest, sondern versucht, irgendwie Lösungen zu finden, die für alle tragfähig und interessant sind“, sagt er.

Dennoch stelle er auch Gemeinsamkeiten fest, insbesondere das Interesse, auf den anderen zuzugehen und eine geringe Ausprägung von Hierarchieebenen. 

Deutsch-Dänische Handelskammer Kopenhagen

Die Deutschen Auslandshandelskammern sind Institutionen der deutschen Außenwirtschaftsförderung.

Die Deutsch-Dänische Handelskammer wurde 1992 gegründet. Sie befindet sich am Kongens Nytorv in der Kopenhagener Innenstadt. Mit über 30 Angestellten handelt es sich um eine mittelgroße Handelskammer. Zwei Drittel ihrer 650 Mitglieder sind dänische Unternehmen, was dem üblichen Verhältnis im Vergleich zu anderen Auslandshandelskammern entspricht, da sich das Angebotsportfolio in der Regel stark am Gastland orientiert.

Neben einer dynamischen Plattform für deutsch-dänische Handelsbeziehungen für alle Unternehmen, die sich konstruktiv am bilateralen ökonomischen Austausch zwischen beiden Ländern beteiligen wollen, möchte die Handelskammer als Netzwerk dienen und ein konkret auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnittenes Dienstleistungsportfolio anbieten.

Die älteste deutsche Handelskammer befindet sich in Belgien. Sie wurde vor 126 Jahren gegründet. Auch in Südamerika gibt es einige Kammern, die bereits über 100 Jahre alt sind. Gegenwärtig gibt es weltweit 93 Standorte mit 140 Büros. Koordiniert wird das Auslandshandelskammernetz durch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in Berlin.

Quelle: Deutsch-Dänische Handelskammer

Die Deutsch-Dänische Handelskammer hat ihre Räumlichkeiten am Kongens Nytorv in Kopenhagen. Foto: Nils Baum

Grüne Transformation und Digitalisierung

Insbesondere die Bestrebungen Dänemarks, die grüne Transformation voranzutreiben, sieht er als ein Thema, bei dem sich Deutschland inspirieren lassen kann. Etwas, das zahlreiche Chancen bietet, um die deutsch-dänischen Geschäftsmöglichkeiten zu entwickeln, sowohl für deutsche als auch für dänische Unternehmen. Denn auch in Deutschland gebe es zahlreiche Unternehmen, die interessante Technologien und Produkte entwickelt haben.

Wir müssen unsere Industrieproduktion nicht nur mit Blick auf die CO2-Neutralität und die grüne Transformation neu denken, sondern angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels den Blick auch auf die Frage richten, wie wir arbeiten können und wollen.

Andreas Wenzel, Geschäftsführer der Deutsch-Dänischen Handelskammer

Neben dem Fokus auf klimafreundliche Energielösungen sieht Wenzel in der Digitalisierung ein weiteres wichtiges Thema. Trotz des in Deutschland viel gescholtenen Mangels am Stand der Digitalisierung sieht er viele Chancen für Dänemark und Deutschland, gemeinsam betriebene Technologie-Entwicklungen als Know-how in andere Teile der Welt zu exportieren. Zudem hätten beide Länder bereits begonnen, sich auf den demografischen Wandel einzustellen.

„Da gibt es noch weitere Themen, Digitalisierung geht ja hin bis zu dem Thema Industrie 4.0 Robotik. Wir müssen unsere Industrieproduktion nicht nur mit Blick auf die CO2-Neutralität und die grüne Transformation neu denken, sondern angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels den Blick auch auf die Frage richten, wie wir arbeiten können und wollen, und wo es technologische Lösungen gibt, die gut geeignet sind, diesen Wandel zu gestalten“, so Wenzel.

Aber Andreas Wenzel möchte die deutsch-dänischen Handelsbeziehungen nicht nur weiterentwickeln, sondern auch die Handelskammer selbst außerhalb Kopenhagens sichtbarer machen.

Die Deutsch-Dänische Handelskammer hat ihren Sitz im dritten Stock des Gebäudes, in dem ehemals die „Store Nordiske Telegrafselskab“ untergebracht war. Foto: Nils Baum

Mehr regionale Präsenz

Auf die Frage, was die Deutsch-Dänische Handelskammer für Unternehmen in Nordschleswig tun könne, hat Andreas Wenzel zwei Antworten: „Zum einen denke ich schon, dass wir in den verschiedenen Regionen Dänemarks präsenter sein müssen, inklusive natürlich Nordschleswig. Wie wir das genau machen, werden wir uns noch überlegen.“

Die große Herausforderung sei, dass durch die Platzierung in der Wirtschaftsmetropole Kopenhagen auch der Großteil der Mitglieder dort verortet sei. Dadurch falle es schwerer, über den Tellerrand hinauszuschauen, wohl wissend, dass es da natürlich sehr viel mehr gibt als den Großraum Kopenhagen. Insbesondere in einem Land, das sehr stark von einer kleinen und mittelständischen Unternehmensstruktur geprägt sei, gebe es auch in Jütland und insbesondere in Nordschleswig eine ganze Reihe an Unternehmen, die für Themen in Deutschland wie Dänemark interessant seien. „Also, das ist natürlich eine Aufgabe, der wir uns stellen werden. Wie sind wir präsenter in den Regionen, mit welchen Partnern arbeiten wir zusammen“, so Wenzel.

Ich denke schon, dass wir in den verschiedenen Regionen Dänemarks präsenter sein müssen, inklusive natürlich Nordschleswig.

Andreas Wenzel, Geschäftsführer der Deutsch-Dänischen Handelskammer

Erwartungen der Unternehmen entscheidend

Zum anderen sei die Frage, welche Erwartungen die Unternehmen hätten. Diese fallen im Netzwerk einer deutschen Handelskammer stets sehr unterschiedlich aus. So sei es kaum erforderlich, dass die Handelskammer einem in Nordschleswig ansässigen mittelständischen Unternehmen erkläre, wie die Geschäftsbeziehungen nach Schleswig-Holstein funktionieren. Aber die Kammer könne anbieten, das Netzwerk mit institutionellen Partnern und Unternehmen auf beiden Seiten der deutsch-dänischen Grenze zu stärken.

„Uns verbindet ja auch eine Partnerschaft mit der IHK-Flensburg (Industrie- und Handelskammer, Red.), die sehr aktiv ist, und da muss man einfach gemeinsam mit den Partnern, mit den Institutionen und den Unternehmen überlegen, was bedeutet eigentlich diese Grenzregion, was bedeutet Nordschleswig im Kontext einer deutsch-dänischen Handelskammer in Dänemark, und welche konkreten Angebote können wir dann daraufhin entwickeln und anbieten“, sagt Wenzel.

Infrastruktur ebenfalls bedeutsam

Neben Energie und Digitalisierung sieht der neue Geschäftsführer in Infrastrukturfragen eine wichtige Bedeutung. Dies betreffe den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels genauso wie den gemeinsamen Austausch an der deutsch-dänischen Grenze.

„Also, darauf habe ich jetzt noch keine allumfassende Antwort, aber das ist eine Herausforderung und Aufgabe, der wir uns mit Sicherheit gerne stellen werden. Ich finde das persönlich sehr wichtig, weil Nordschleswig, die Minderheiten auf beiden Seiten der deutsch-dänischen Grenze, die Aktivitäten in der Grenzregion, all das sind natürlich elementare Bestandteile der deutsch-dänischen Wirtschaftsbeziehungen. Und damit auch für uns als Deutsch-Dänische Handelskammer in Dänemark qua Definition wichtig, und dieser Wichtigkeit müssen wir uns stellen“, sagt er.

Für die Wirtschaft ist es wichtig, dass Mobilität möglich ist und so effizient wie möglich organisiert wird. Dazu gehört die Infrastruktur, dazu gehören aber auch organisatorische Maßnahmen wie die Grenzkontrollen. Wir sind natürlich auf beiden Seiten angehalten, alles zu tun, dass das bestmöglich integriert stattfindet.

Andreas Wenzel, Geschäftsführer der Deutsch-Dänischen Handelskammer

Gelingen könne dies zunächst über Veranstaltungsformate, die gemeinsam mit lokalen Partnern organisiert werden, sodass ein regionales Netzwerk entstehe. Denn nur so könne die Handelskammer ihrem Anspruch gerecht werden, in Nordschleswig eine Rolle zu spielen. Zu diesem Zweck überlegt Andreas Wenzel, demnächst durch die dänischen Regionen zu touren. Und dann stehe Nordschleswig selbstredend auch auf der Agenda.

Thema Grenzkontrollen

Beim Thema Mobilität betont Wenzel die Wichtigkeit, Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass diese Regionen als europäische Regionen auch tatsächlich zusammenwachsen können, schließlich befinde man sich in einem internationalen Wettbewerb.

Auf die Frage, ob dazu auch der Wegfall der Grenzkontrollen gehöre, antwortet er: „Das ist eine innerdänische Angelegenheit, warum es diese Grenzkontrollen gibt, und wie sie durchgeführt werden. Aber natürlich ist es für die Wirtschaft wichtig, dass Mobilität möglich ist und so effizient wie möglich organisiert wird. Dazu gehört die Infrastruktur, dazu gehören aber auch organisatorische Maßnahmen wie die Grenzkontrollen. Und wenn wir möchten, dass aus diesen Grenzregionen heraus, sei es in Nordschleswig, in Schleswig-Holstein oder künftig auf Fehmarn, tatsächlich auch im europäischen Kontext attraktive Regionen entstehen, die innovative Produkte und Dienstleistungen ermöglichen, dann sind wir natürlich auf beiden Seiten angehalten, alles zu tun, dass das bestmöglich integriert stattfindet.“

Andreas Wenzel versprach auf dem Frühlingsempfang der Handelskammer, der im April in den Räumlichkeiten der Deutschen Botschaft Kopenhagen stattfand, bereits in Kürze anzufangen, Dänisch zu lernen. Foto: Nils Baum

Handelsbeziehungen keine Einbahnstraße

Wichtig sei ihm dabei, dass beide Partner, Deutschland wie Dänemark, voneinander lernen können. Dies dürfe keine Einbahnstraße sein, sondern müsse immer in beide Richtungen gehen.

In Deutschland neige man oftmals zu einem Schwarz-Weiß-Denken, hier sei Dänemark anders aufgestellt. Zwar gebe es Bereiche, in denen Dänemark schon deutlich weiter sei als Deutschland, was möglicherweise der dänischen Gesellschaftsstruktur und der politischen Struktur geschuldet sei. Zudem gebe es in Deutschland ein tief sitzendes Misstrauen gegen digitale Technologien, wenn diese in Händen der staatlichen Obrigkeit liege, meint Wenzel.

Vielleicht neigen wir manchmal eher in Deutschland dazu, die Bedeutung Dänemarks als Partner zu unterschätzen.

Andreas Wenzel, Geschäftsführer der Deutsch-Dänischen Handelskammer

Eine besondere Herausforderung sei auch der in Deutschland gerne betriebene Perfektionismus. „Das Problem, das wir oft in Deutschland haben, ist, dass wir häufig den Anspruch haben, eine 120 Prozent perfekte Lösung schaffen zu wollen, und wir uns auf diesen letzten Metern von 97 bis zu 120 Prozent oder 100 Prozent dann so ein Stück weit in Details verlieren, die die Menschen frustrieren, während man mit einer pragmatischen 95-Prozent-Lösung mit weniger Einsatz an Ressourcen zu einem Ziel kommt, bei dem man die Menschen mitnimmt und nicht frustriert in Endlosdebatten über kleinste Details zurücklässt“, sagt Wenzel.

Dänemark als Partner nicht unterschätzen

Die Handelskammer möchte sich dazu in verschiedenen Diskussionsformaten und Kooperationen zwischen Unternehmen einbringen. Auf diese Weise sollen deutsche und dänische Unternehmen zusammengebracht werden, um gemeinsam Projekte durchzuführen. Auch gibt es nach Ansicht des Geschäftsführers gemeinsame Chancen bei öffentlichen Ausschreibungen, überhaupt gebe es insgesamt ein großes Potenzial.

Ein Potenzial, das jedoch möglicherweise nicht immer so deutlich von deutscher Seite wahrgenommen werde, wie Wenzel zu bedenken gibt. „Vielleicht neigen wir manchmal eher in Deutschland dazu, die Bedeutung Dänemarks als Partner zu unterschätzen.“Das Bewusstsein, dass Deutschland aus der dänischen Perspektive der wichtigste Handelspartner sei, empfinde er in der dänischen Gesellschaft als fest verankert. Überrascht habe ihn jedoch, dass das Land mit seinen nur knapp sechs Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern trotzdem auf Rang 16 der deutschen Exportmärkte liege. Und damit noch vor Südkorea und Japan und nur knapp hinter der Türkei mit 85 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern.

Diese Wichtigkeit, diese Bedeutung, die Dänemark eigentlich hat, dafür glaube ich, nehmen wir manchmal gerade in den Wirtschaftsbeziehungen die deutsch-dänischen Beziehungen als zu selbstverständlich hin.

Andreas Wenzel, Geschäftsführer der Deutsch-Dänischen Handelskammer

Und auch bei den Importen nach Deutschland liegt Dänemark auf Rang 23 noch vor Indien und Vietnam. Mit anderen Worten, Deutschland importiert mehr aus Dänemark als aus Indien und Vietnam, die insbesondere dank ihrer Textilindustrie eine hohe Produktion aufweisen.

 

Selbstverständlichkeiten stets aufs Neue hinterfragen

Gerade angesichts der aktuellen geopolitischen Situation müssten beide Länder ein Interesse daran haben, ihre Zusammenarbeit weiter zu vertiefen und versuchen, dies auch international auszustrahlen.

„Diese Wichtigkeit, diese Bedeutung, die Dänemark eigentlich hat, dafür glaube ich, nehmen wir manchmal gerade in den Wirtschaftsbeziehungen die deutsch-dänischen Beziehungen als zu selbstverständlich hin. Das ist, denke ich, auch die Herausforderung, wenn mit Ausnahme weniger kleinerer Themen alles gut funktioniert und die deutsch-dänische Partnerschaft eng und freundschaftlich ist, dass man aber so eine Selbstverständlichkeit hat, die man vielleicht immer wieder aufs Neue aufbrechen muss. Hier können wir als Deutsch-Dänische Handelskammer eine Rolle spielen und immer wieder auf diese Bedeutung und Wichtigkeit hinweisen“, sagt Andreas Wenzel.

Wer das Treppenhaus des Gebäudes am Kongens Nytorv 26 betritt, wird ein wenig vom Charme vergangener Zeiten umweht. Foto: Nils Baum
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