Leitartikel

„Wenn es zum Urteil kommt, ist es gut – aber auch zu spät“

Wenn es zum Urteil kommt, ist es gut – aber auch zu spät

Wenn es zum Urteil kommt, ist es gut – aber auch zu spät

Nordschleswig/Kopenhagen
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Das dänische Folketing hat die Gesetzgebung in Verbindung mit Sexualstraftaten an die digitale Wirklichkeit der Kinder und Jugendlichen angepasst. Aber das allein reicht nicht, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Das Internet ist ein herrliches Spielzeug, ein Zeitvertreib, eine Informationsquelle, ein Treffpunkt Gleichgesinnter – ein Magnet, der viele von uns in seinen Bann zieht. Millionen von Menschen befüllen diese digitale Infrastruktur mit nützlichen Inhalten. Es gibt kaum ein Thema, das sich nicht im Netz findet, und sollten zwei Menschen auf dieser Welt dasselbe seltene Hobby haben – sie werden sich im weltweiten Web begegnen.

Doch es gibt im Internet nicht nur Menschen mit edlen Motiven und seriöse Geschäftemacher, die ihre Dienste anbieten. Das Web hat auch seine dunkle digitale Seite: Ausbeuter, Piraten und hartgesottene Kriminelle haben die Digitalisierung ebenfalls für sich entdeckt: Warum eine Bank rauben, wenn man den Leuten das Geld digital quasi aus der Tasche ziehen kann?

Oder warum kleine Mädchen oder Jungen auf der Straße sexuell belästigen, wenn man sich hinter einem falschen Profil im Internet verstecken kann? Ja, auch das ist leider ein Teil des dunklen Internets geworden: sexueller Missbrauch.

Erwachsene versuchen, das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen zu gewinnen, indem sie ihre wahre Identität verschleiern und selbst als vertrauenswürdige Jugendliche auftreten. Irgendwann fällt dann das erste Kleidungsstück im Kinderzimmer oder noch schlimmer: Es kommt zu einem fatalen Treffen.

„Geh nie mit fremden Menschen mit“, hieß es früher. Dabei ist der nette Junge im Internet doch ein Freund – bis sich herausstellt, dass es eine Person mit bösen Absichten ist.

Diese Woche haben die Politikerinnen und Politiker im dänischen Folketing endlich die Gesetze der neuen digitalen Wirklichkeit der Kinder und Jugendlichen angepasst. Das Anlocken von Kindern und Jugendlichen ist strafbar geworden. Auch, wenn man sie dazu verführt, sexuelle Handlungen an sich selbst auszuüben, wird dies in Zukunft als ein strafrechtlicher physischer Übergriff geahndet.

Man muss vor der dunklen Seite des Internets keine Angst haben, aber den nötigen Respekt und dazu eine Portion Skepsis und gesunden Menschenverstand. Dieses müssen Eltern, Geschwister, Familie und Schule unseren Kindern und Jugendlichen – aber auch unseren Senioren – vermitteln.

Einige Fallen sind so raffiniert, dass sie nur schwer erkennbar sind – andere wiederum so offensichtlich, dass man sie einfach erkennen muss. Und wenn man dennoch im Zweifel ist: nicht gleich klicken, ansprechen oder absprechen, sondern nachdenken und Hilfe holen. Wir öffnen ja auch einem Taschendieb nicht einfach die Taschen.

Als Elternteil muss man wissen, was die Kinder im Internet machen, und auch ständig dazu lernen. Denn auch wenn sexuelles Grooming im Netz jetzt strafbar ist – wenn es zum Urteil kommt, ist die Tat schon begangen. Die Kriminellen im Netz sind heute mindestens genauso kreativ wie die seriöse Geschäftswelt, versuchen sich immer wieder mit neuen Maschen und schrecken vor nichts zurück.

Um erst gar nicht in die Fänge der digitalen Täterinnen und Täter zu geraten, gibt es daher im selben Netz auch gute Ratschläge, wie man rechtzeitig auf Fallen aufmerksam wird. Denn auch das ist Fakt: die Gefahren lauern in dem fantastischen Internet trotz allem nicht an jeder Ecke, und wer wohlvorbereitet im Netz surft, kann auch die Gefahren umkurven. Das gilt für Jung und Alt. 

 

 

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