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Legalisierung von Cannabis: So sieht es in Deutschland und in Dänemark aus

Legalisierung von Cannabis: So sieht es in Deutschland und in Dänemark aus

Legalisierung von Cannabis: Das ist der Stand der Dinge

Kopenhagen/Berlin
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Cannabis ist der lateinische Name für Hanf. Das Harz an den Blüten der weiblichen Pflanze enthält laut Deutschem Hanfverband hohe Konzentrationen von Tetrahydrocannabinol (THC), das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Foto: Unsplash/Jeff W.

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Nach Unruhen in Christiana ist in Dänemark die Debatte um eine Legalisierung von Cannabis erneut entfacht. Politik und Fachleute sind sich uneinig, wie die Situation am besten entschärft werden kann. In Deutschland ist die Regierung schon einen Schritt weiter und hat sich auf eine Teil-Legalisierung geeinigt. Das könnte Herausforderungen im Grenzland mit sich bringen.

„Es besteht kein Zweifel, dass einige der Konflikte, die wir sehen, mit der Tatsache zusammenhängen, dass Cannabis vom Staat illegal gemacht wurde“, sagt Thomas Friis Søgaard im Hinblick auf die jüngsten Unruhen in der Freistadt Christiania in Kopenhagen. Er ist Professor und Forscher am Zentrum für Alkohol- und Drogenforschung der Universität Aarhus.

„Tatsache ist, dass Cannabis außerhalb des gesetzlichen Rahmens steht, was bedeutet, dass andere Konfliktlösungsmodelle verwendet werden, auf die die Akteure zurückgreifen, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt“, teilt er der Nachrichtenagentur „Ritzau“ mit.

Ein Konflikt zwischen der Rockergruppe Hells Angels und der verbotenen Bande Loyal to Familia ist im Laufe der vergangenen drei Monate eskaliert und mündete am Sonnabend in einer Schießerei in Christiania.

Bei dem Überfall wurde ein 30-jähriger Mann getötet, vier weitere Personen verletzt, davon einer schwer. Der ermordete Mann soll laut Medienberichten Mitglied der Hells Angel sein.

Justizminister spricht sich gegen Legalisierung aus

Justizminister Peter Hummelgaard (Sozialdemokratie) sieht in der Legalisierung von Cannabis jedoch nicht die Lösung.

„Die Legalisierung des Verkaufs von Cannabis wird keine Lösung für die organisierte Bandenkriminalität sein. Weder in Christiania noch im Rest Dänemarks“, sagte er dem Fernsehsender „DR“ am Sonntag.

In dem Interview mit „DR“ appellierte der Minister an die Menschen, nicht mehr in der Pusher Street in Christiania einzukaufen. Nach Ansicht des Forschers wird der Markt dadurch jedoch nicht verschwinden.

„Es ist schwer vorherzusagen, wie der Markt reagieren wird. Aber wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass, wenn die Polizei in Christiania gegen den Handel vorgegangen ist, dieser sich anderswo hin verlagert hat. Das kann zu Unruhe und Verschiebungen auf dem Markt führen, und Unruhe auf dem Markt ist oft mit Gewalt verbunden“, so Thomas Friis Søgaard.

Legalisierung in Deutschland auf dem Weg

Auch in Deutschland gibt es eine anhaltende Diskussion. Befürworterinnen und Befürworter sowie die Bundesregierung argumentieren laut der Presseagentur „dpa“ damit, dass die Verbotspolitik in Deutschland gescheitert sei, da trotzdem immer mehr gekifft wird. Dann lieber qualitativ korrekte Produkte begrenzt freigeben, ohne möglicherweise giftige Beimischungen und mit Klarheit über den THC-Gehalt, so das Argument.

Außerdem könnten so der Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität eingedämmt werden. Gegenstimmen befürchten dagegen eine „Normalisierung“ der Droge, sinkende Hemmschwellen auch bei Jugendlichen und verweisen auf Gefahren des Cannabis-Konsums für das noch nicht ausgereifte Gehirn bei Heranwachsenden.

Das ist der Plan der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat ihren umstrittenen Plan einer Cannabis-Legalisierung in Deutschland auf den Weg gebracht. Cannabis soll aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgenommen werden. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens hängt davon ab, wie schnell das Vorhaben nach der Sommerpause im Bundestag beraten und beschlossen wird. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist überzeugt, dass das Gesetz bis zum 1. Januar 2024 in Kraft ist.

Ab 18 Jahren soll künftig der Besitz von 25 Gramm erlaubt sein – von Volumen und Gewicht in etwa vergleichbar mit zwei gehäuften Esslöffeln Blumenerde. Privat sollen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden dürfen. In Vereinen, sogenannten Cannabis-Clubs, sollen Mitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen.

Kein freier Verkauf

Cannabis soll in Deutschland erst einmal nicht frei verkäuflich sein, obwohl das der ursprüngliche Plan war – angelehnt an Länder wie Kanada oder einzelne US-Bundesstaaten. Dort gibt es spezielle Läden, in denen von Blüten über fertig gerollte Joints bis hin zu mit Cannabis versetzten Süßigkeiten verschiedenste Produkte frei an Erwachsene verkauft werden. Das soll nun in Deutschland zunächst vereinzelt in Modellprojekten erprobt werden. Allerdings ist dafür auch erst noch ein gesondertes Gesetz nötig, das noch gar nicht vorliegt.

Sorge im Grenzland

Wenn Cannabis so nahe an der dänischen Grenze legalisiert wird, besteht die Gefahr, dass es auch für die Bürgerinnen und Bürger aus Dänemark viel leichter zu beschaffen ist, so die Sorge von Michael Metzsch. Der Gesundheitschef der Kommune Apenrade äußerte sich in einem Artikel von „Flensborg Avis“ zu dem Thema.

„Wir sehen, dass das Verhalten von der Verfügbarkeit beeinflusst wird. Das gilt für Alkohol, Süßigkeiten oder, wie in diesem Fall, für Cannabis. Es ist daher zu erwarten, dass mehr Menschen es probieren wollen“, sagt er.

In der Kommune Apenrade konzentriere sich die Besorgnis vor allem auf junge Menschen, die in der Regel ein höheres Risikoverhalten zeigen und gerne experimentieren. Die Kommune werde sich darauf konzentrieren, wie sie ihre Präventionsarbeit verstärken kann, „vielleicht insbesondere mit der Kommune Tondern, die vor den gleichen Herausforderungen steht wie wir“, so der Gesundheitschef.

Die Anfrage des „Nordschleswigers“ bei der Polizei für Südjütland und Nordschleswig, ob die Grenzpolizei UKA Vest mit der Legalisierung in Deutschland vor neue Herausforderung gestellt werde, wollte ein Polizeisprecher nicht kommentieren.

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