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Mehrsprachige Ortsschilder: Die Lage in Europa

Mehrsprachige Ortsschilder: Die Lage in Europa

Mehrsprachige Ortsschilder: Die Lage in Europa

Apenrade/Aabenraa
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Ein zweisprachiges Ortsschild in Hadersleben war 2015 eine kurzlebige Sache: Unbekannte montierten es kurzerhand ab. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

Dänemark ist eines der letzten europäischen Länder mit Minderheiten, in denen Minderheitensprachen nicht auf Ortsschildern sichtbar sind. Doch das bedeutet nicht, das die Lage anderswo nicht auch kompliziert ist. Ein Überblick.

Nach Kritik des Europarates wird in Dänemark erneut darüber gestritten, ob es in einigen Ortschaften Nordschleswigs zweisprachige Ortsschilder geben soll. Darüber, wie die Argumentationen dafür und dagegen in anderen Ländern aussehen, haben wir kürzlich ausführlich die Minderheitenforscherin Ljubica Djordjevic vom Europäischen Zentrum für Minderheitenfragen (ECMI) in Flensburg befragt.

Die Debatte ist das Eine – doch wie sieht es wortwörtlich auf den Straßen Europas aus? Sind mehrsprachige Ortsschilder dort, wo Minderheiten leben, Wirklichkeit? Die Berichte des Beraterkomitees des Europarates zum Thema zeigen ein vielfältiges Bild.

Blick nach Europa zeigt gemischtes Bild

„Es ist äußerst schwer, Staaten in ein binäres System von ,Ja' und ,Nein' zu sortieren, wenn es um topografische Hinweise geht, weil es in einigen Fällen zwar rechtliche Rahmen gibt, diese jedoch kaum umgesetzt werden und in anderen Fällen gibt es keine rechtlichen Rahmen, aber dennoch können dort einige zweisprachige Schilder gefunden werden“, sagt Djordjevic, deren Forschungsschwerpunkt die juristischen Rahmenbedingungen für Minderheitenrechte in Europa sind.

Darüber hinaus gebe es Fälle, wo es sowohl den rechtlichen Rahmen gibt, als auch tatsächlich umgesetzte mehrsprachige Hinweise – doch ist die Situation inkonsistent, variiert von Region zu Region, Gemeinde zu Gemeinde oder auch von Minderheit zu Minderheit, sagt die Forscherin.

Rechtliche Rahmen fast überall geschaffen

Einige Beispiele, die sich aus den regelmäßigen Europarat-Berichten zum Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten ergeben:

In Kroatien besteht eine rechtliche Basis und es sind in einer Reihe von Regionen zweisprachige und sogar dreisprachige Ortsschilder zu sehen. In Tschechien besteht eine rechtliche Grundlage, nach der 10 Prozent einer Gemeinde zu einer Minderheit gehören müssen, um öffentlich sichtbar gemacht zu werden. Bei der Umsetzung gibt es jedoch Unterschiede. Während alle polnischsprachigen Schilder aufgestellt wurden, stehen erst zwei von acht geforderten Schildern auf Slowakisch und noch keines auf Deutsch.

In Dänemark gibt es keine zweisprachigen Ortsschilder – es wird aber auf deutschsprachige Schilder für deutsche Einrichtungen wie Büchereien, Museen und Schulen in den Kommunen Tondern und Apenrade verwiesen. In Estland gibt es topografische Hinweise auf Schwedisch – doch trotz Aufforderung keine auf Russisch.

In Finnland gibt es Ortsschilder auf Schwedisch und Samisch. Die Situation in Deutschland wird als „grundlegend zufriedenstellen“ beschrieben, wobei es Probleme mit Sorbischen Schildern in Brandenburg gegeben habe.

In Lettland sind mehrsprachige Ortsschilder nicht möglich, auch in Litauen nicht. Dort entscheiden sich einige Gemeinden dennoch dafür und betreten somit juristische Grauzonen.

In Polen besteht die rechtliche Grundlage, allerdings müssen die Minderheiten einen Anteil an 20 Prozent der Bevölkerung aufweisen können, Ausnahmen können jedoch lokal beschlossen werden. In 62 Gemeinden bestehen mehrsprachige Ortsschilder.

In der Slowakei gibt es mehrsprachige Ortsschilder und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Schweden wird vom Europarat ausdrücklich dafür gelobt, die Ortsnamen in Minderheitensprachen kenntlich zu machen. Allerdings gibt es Straßennamen nur auf Schwedisch. Im Vereinigten Königreich ist die Situation für Wales und Cornwell aus Sicht des Europarates positiv – in Nordirland gibt es Probleme, weil die Sprache dort als territoriale Markierung betrachtet wird – und in Schottland gibt es keine einheitliche Regelung.

Gibt es in einem bestimmten Land mehrsprachige Ortsschilder im Sinne des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und der Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen? 

In obiger Übersichtskarte hat der „Nordschleswiger“ die Länder Europas auf Grundlage der Europarat-Berichte in vier Kategorien eingeteilt. Als einziges Land, das keine mehrsprachigen Ortsschilder zulässt, macht Dänemark Zugeständnisse in Form von Hinweisschildern auf Deutsch (s.o.), weshalb es eine eigene Kategorie darstellt.

In zahlreichen Ländern gibt es mehrsprachige Ortsschilder, die Voraussetzungen sind jedoch nur eingeschränkt als den obenstehenden Übereinkommen entsprechend zu betrachten.

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