Grenzüberschreitendes

Dänischer Treckerführerschein: Südschleswiger darf ihn zu Hause nicht nutzen

Dänischer Treckerführerschein: Südschleswiger darf ihn zu Hause nicht nutzen

Südschleswiger darf Treckerführerschein nicht nutzen

Schleswig/Apenrade
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Aussteigen statt einsteigen heißt es für Simon: Er darf mit seinem dänischen Führerschein in Deutschland nicht fahren. Foto: Kerstin Gosch

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Simon aus Schleswig hat im vergangenen Schuljahr den landwirtschaftlichen Zweig einer Nachschule in Dänemark besucht. Dort hat er auch seine Fahrerlaubnis gemacht. Zurück in Deutschland erfährt er, dass die Behörden in Schleswig-Holstein diese nicht anerkennen. Absurd, findet seine Familie und möchte sich damit nicht zufriedengeben.

Die Nachschule Bråskovgård liegt zwischen Horsens und Vejle. Im vergangenen Schuljahr hat Simon aus der dänischen Minderheit in Schleswig dort den landwirtschaftlichen Zweig besucht und im Zuge dessen seinen Treckerführerschein für umgerechnet 1.000 Euro gemacht.

Vor Ort versicherte man ihm, dass er diesen auch zu Hause in Deutschland nutzen kann. Doch das stellt sich als Irrtum heraus, wie seine Mutter Kerstin Gosch berichtet, die in Nordschleswig für den Deutschen Schul- und Sprachverein im Schulpsychologischen Dienst tätig ist.

Als sich der 17-Jährige zurück in Deutschland in der Fahrschule für seinen Pkw-Führerschein anmeldet, hat er den Wunsch, dass beide Fahrerlaubnisklassen auf dem deutschen Führerschein vermerkt sind. Doch bereits der Fahrlehrer ist skeptisch, ob das geht.

Lediglich nationale Fahrerlaubnis

Wie die Familie schließlich vom Landesbetrieb Verkehr und Straßenbau Schleswig-Holstein erfährt, handelt es sich bei dem dänischen Treckerführerschein um eine EU-rechtlich nicht harmonisierte Fahrerlaubnis, sondern lediglich um eine „nationale Fahrerlaubnisklasse“. „Diese können grundsätzlich nicht umgeschrieben werden“, heißt es vom Landesbetrieb.

Auch das Verkehrsministerium bestätigt auf Nachfrage, dass „alle Genehmigungen für diese Fahrzeuge rein nationale Genehmigungen sind, die grundsätzlich nicht unter die gegenseitige Anerkennung fallen“.

„Die Führerscheinklassen sind in den beiden Ländern einfach unterschiedlich definiert“, erklärt Fahrlehrer Jens Pfeiffer von der ADAC-Fahrsichterheitsanlage in Kiel-Boksee. „In Dänemark darf man mit dem TM-Führerschein (Traktor og motorkøretøjer, Anm. d. Red) auch Moped fahren, diese Fahrerlaubnisklasse gibt es in diesem Umfang in Deutschland nicht“, erklärt der Fachmann. Er weist darauf hin, dass man in Deutschland die Führerscheine normalerweise an seinem Wohnsitz machen muss.

Mit diesem Führerschein darf Simon in Dänemark Trecker fahren – in Deutschland nicht. Foto: Kerstin Gosch

Der zuständige Sachbearbeiter lehnt den „Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung“ ab. Dass der Südschleswiger auf dem landwirtschaftlichen Betrieb seiner Familie bei Kiel aushilft und Ambitionen hat, später in der Landwirtschaft beruflich tätig zu sein, reichen als Beweggründe für einen Härtefall nicht aus.

Auch die Verbindung zur dänischen Minderheit und der Besuch der Nachschule in Dänemark zählen nicht. „Sie mögen als Angehörige der dänischen Minderheit aus nachvollziehbaren Gründen Dänemark nicht als Ausland empfinden. Das ändert jedoch nichts an der rechtlichen Lage“, heißt es im Ablehnungsbescheid.

Kerstin Gosch kann nicht verstehen, warum der Treckerführerschein nicht anerkannt wird (Archivfoto). Foto: Karin Riggelsen

Mit dieser rechtlichen Lage will sich die Familie allerdings nicht zufriedengeben. „Wir leben im Grenzland, es ist absurd, dass der dänische Treckerführerschein, für den mein Sohn Theoriestunden, Fahrstunden und eine offizielle Praxisprüfung abgelegt hat, in Deutschland nicht genügt“, findet Kerstin Gosch. Simon sei am Boden zerstört und traurig darüber, dass seine Leistungen in Deutschland nicht anerkannt werden.

Keine Fahrten in Deutschland

Kerstin Gosch hakt beim Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig (LHN) und bei der Landwirtschaftsschule Gravenstein (Gråsten) nach. Dort sei das Problem jedoch noch nicht aufgetaucht. Denn wie der Pressesprecher des schleswig-holsteinischen Verkehrsministeriums auf Anfrage bestätigt: „Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis dürfen grundsätzlich im Umfang ihrer Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie keinen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland haben.“  Das heißt, dass dänische Landwirtinnen und Landwirte mit ihrem Treckerführerschein über die Grenze fahren dürfen.

Da Simon, der mittlerweile auf die A. P. Møller Skole geht, wieder in Schleswig wohnt, führt bisher kein Weg daran vorbei, dass er den Trecker in Deutschland stehen lassen muss – zumindest auf öffentlichen Straßen.

Unterdessen hat die Familie ihre Geschichte auch dem ehemaligen Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) erzählt. Dieser will nun nach Angaben von Kerstin Gosch gemeinsam mit dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) eine kleine Anfrage im Landtag stellen, wie oft es Fälle wie Simons gibt.

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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