Wiederverwertung

Auf den Spuren des Apenrader Plastikmülls

Auf den Spuren des Apenrader Plastikmülls

Auf den Spuren des Apenrader Plastikmülls

Apenrade/Aabenraa
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Foto: Karin Riggelsen

Plastikmüll ist fast überall zu finden und verschmutzt die Umwelt. Das kann sich jedoch verhindern lassen – und die Bürger können dabei helfen.

Plastikmüll füllt derzeit die Schlagzeilen in den Medien. Er findet sich fast überall: In den Mägen von Tieren, als Mikroplastik im Wasser, an den Ufern der Meere und als Abfall auch an den dänischen Stränden. Doch wie kann sich das umgehen lassen? Wie wird die Kommune Apenrade des Plastikmülls Herr? „Der Nordschleswiger“ ist der Einladung des Apenrader Versorgungsunternehmens „Arwos“ gefolgt und hat sich auf die Spuren des Plastiks in der Kommune gemacht. 

Erste Station: Wiederverwertungstonne

Schon seit Jahren stehen in den Haushalten Apenrades grüne Tonnen, um ausgediente Verpackungsreste, Papier, Pappe, Glas und Metall aufzunehmen. Sie werden von dem Restmüll getrennt entsorgt. Das Versorgungsunternehmen Arwos ist in der Kommune Apenrade für die Entsorgung zuständig.

Die grünen Tonnen sind übrigens auch aus Kunststoffabfällen hergestellt und lassen sich, wenn sie ausgedient haben, gut wieder zu neuen Produkten verarbeiten.

Zweite Station: Müllfahrzeug

Die Tonnen werden in ein Spezialfahrzeug der Firma Mammen und Söhne in Pattburg entleert. Der Inhalt wird dann in ein Zwischenlager in einer Halle des Unternehmens gebracht. Dabei wird sehr darauf geachtet, dass die Wertstoffe – der Müll wird nicht als Abfall angesehen – sondern er hat, und das vorweggenommen, tatsächlich einen Wert, der sich letztlich in barer Münze auszahlt – so gut wie möglich getrennt bleibt. Es wird nämlich unterschieden nach Hartplastik, Weichplastik, Metallen, Papier, Pappe  und Glas. Einige Kubikmeter kommen dort täglich zusammen. Wie viel sei schwer zu sagen, sagt Juniorchef Steffan Mammen.

Das Müllfahrzeug ist mit zwei Kammern ausgestattet. Hier entleert sich die Kammer mit Dosen, Glas und Hartplastik. Foto: Karin Riggelsen

„Und das ist auch wichtig bei der Abfalltrennung zu Hause“, erklärt Stinne Stokkebo, Abfallchefin bei Arwos, denn: „Vermischen sich die Plastikarten, wird das ,neue Plastik‘, zu dem es verarbeitet werden soll, schmutzig und kann nicht so vielseitig eingesetzt werden wie saubereres.“ Das Gleiche gelte für Papier und Pappe, so die Abfallchefin. „Es ist für uns ganz wichtig, dass wir saubere Packungen haben, in denen keine Essensreste sind. Pizzakartons sind ganz übel, da sie oft viel Fett enthalten und zudem behandelt wurden. Damit können wir nichts anfangen.“

„Schwarzer Peter“

Einige „Schwarze Peter“ gibt es allerdings unter den Verpackungsherstellern. So werden um die Hartplastikpackung nochmals Folien geschweißt, sogenannte Sleeves. „Die lassen sich fast unmöglich voneinander trennen und können deshalb nicht recycelt werden“, so die studierte Biologin. 

Die Europäische Union arbeitet derzeit an einer gesetzlichen Regelung, dass solche Verpackungen verboten werden.

Stinne Stokkebo zeigt eine Verpackung, deren Bestandteile sich schwer voneinander trennen lassen und deshalb nicht wiederverwertet werden können. Foto: Karin Riggelsen

Erste Kontrolle

Schon die Fahrer, die die Tonnen in das Fahrzeug leeren, werfen einen ersten Blick auf die richtige Sortierung. Bemerken sie beispielsweise, dass der Abfall in die falschen Abteile des Behälters sortiert wurden, „dann lassen wir ihn stehen“, berichtet Steffan Mammen. Das könne jedoch mal passieren. Aber ein Anruf bei Arwos genüge, und die Tonne werde durch ein Müllfahrzeug geleert, erklärt Stokkebo. Der Inhalt ist dann für die Wiederverwertung allerdings verloren.

In Pattburg liegen die Wertstoffe allerdings nicht lange. In einem Container geht es von dort aus weiter: Glas, Metalle und Hartplastik landen bei „Dansk Affald“ in Skrydstrup bei Woyens, und für den „weichen Bruder“ geht es nach Apenrade auf den Arwos-eigenen Recyclinghof. 

Dritte Station: Recyclinghof in Apenrade

Aus dem Container wird der Abfall per Förderband in einen Raum befördert, an dem vier Mitarbeiter stehen und alles, was nicht wiederverwertbar ist, aussortieren. Die Handsortierung ist keine Selbstverständlichkeit, müsse jedoch sein. „Denn auch wenn das eine teure Methode ist, bekommen wir ein saubereres Endprodukt, was sich vielseitiger einsetzen lässt“, erklärt Stokkebo die Arwos-Entscheidung, dort menschliche Arbeitskraft einzusetzen. Unter anderem Schraubverschlüsse und kleine Metallteile fliegen nur so von den flinken Händen der Sortierer auf ein weiteres Fließband. Etwa eine Stunde verbringen die Mitarbeiter dort. Dann wechseln sie sich mit ihren Kollegen ab. „Länger lässt der Gesetzgeber das nicht zu“, erklärt Stokkebo.

Folien werden per Hand aussortiert. Foto: Karin Riggelsen

Dansk Affald

„Dansk Affald“ ist ein dänisches Unternehmen. Es übernimmt seit 35 Jahren die Verwertung von Abfällen aller Art, die in Kommunen, Betrieben oder Versorgungsgesellschaften anfallen. Dabei wird besonders auf die Nachhaltigkeit und die Umweltschutz geachtet.

Das Unternehmen ist unter anderem ISO-zertifiziert.

1 Prozent des entgegengenommenen Abfalls wird gelagert.
23 Prozent des entgegengenommenen Abfalls kommt in Verbrennungsanlagen.
76 Prozent des entgegengenommenen Abfalls wird wiederverwendet.

Zu dem weichen Plastik (Fachbezeichnung PVC) gehören übrigens keine Folien, stellt sie heraus. Die werden ebenfalls von den Mitarbeitern am Fließband aussortiert und landen später in der Müllverbrennung, wo daraus Wärme für das Fernwärmenetz hergestellt wird. 

Zurück bleiben die wichtigen Wertstoffe: Papier und weiches Plastik. Diese Stoffe werden von einer Maschine sortiert, gesammelt und schließlich zu Ballen gepresst. Die werden zwischengelagert und als Rohstoff verkauft, um zu Papier, Karton oder Plastik verarbeitet zu werden. 

Vierte Station: Sortieranlage in Skrydstrup

In einem weiteren Container werden Hartplastik, Glas und Metall zu „Dansk Affald“ nach Skrydstrup bei Woynes/Vojens transportiert. Hier werden auch aus anderen Kommunen die wiederverwertbaren Abfälle angeliefert, so unter anderem aus Tondern, Hadersleben und sogar Aarhus. „Wir verarbeiten den Abfall, sortiert nach den Kommunen, sodass wir zum Abschluss des Sortierprozesses genau sagen können, wie viel Tonnen durch unsere Anlagen gewandert sind, welche Qualität wir dort haben und welche Rohstoffmenge schließlich später zur Wiederverwertung verkauft wird“, erklärt Jesper Wange Heinzl, „Dansk Affald“-Marketingchef. 

Maschinen sortieren nach Rohstoffart

In einer komplexen, fast nicht zu überschauenden Anlage wird das Material sortiert. Auch hier werfen Mitarbeiter mit geschultem Auge zu Beginn des Prozesses einen ersten Blick auf die Abfälle und entfernen beispielsweise Folien oder Papier, die fälschlicherweise darin gelandet sind. Das stelle die Reinheit der kommenden Rohstoffe sicher, so Heinzl. Er berichtet außerdem, dass die Anlagen ständig verbessert und erneuert werden, um den steigenden Ansprüchen nach qualitativ hochwertigen Rohstoffen gerecht zu werden.

Die Wertstoffteile werden auf Transportbänder transportiert. Foto: Karin Riggelsen

Die noch vermischten Abfälle rasen dann weiter auf dem Förderband in eine Maschine, die nun die Metalle aussortiert. Ein Magnet befördert die Metallteile auf ein weiteres Laufband, während der Rest, bestehend aus Glas und Plastik, auf dem Förderband bleibt. In einer weiteren Maschine, die über Infrarot verschiedene Plastikarten erkennen kann, werden PE-, PP-, und PET-Kunststoff voneinander getrennt. PET-Plastik wird beispielsweise für Verpackungen von Weintrauben verwendet.

Glas bleibt bis zum Schluss

Zurück bleibt Glas. Doch dazwischen finden sich Steine und Porzellanscherben. „Die wollen wir natürlich nicht haben“, meint Heinzl. Hier gibt es wieder eine ausgeklügelte Maschine, die Lichstrahlen auf das Förderband schickt. Erkennt das System Unerwünschtes zwischen den Glasstücken (Flaschen und Gläser wurde zuvor in einer anderen Maschine in kleine Stücke gehackt), schickt ein gezielter Luftstrahl aus einer Düse über dem herabfliegenden Glas sie in einen Auffangbehälter.

Zurück bleibt ein immer größer werdender Haufen kleiner Glasstücke, der außerhalb der Sortierhalle wächst. Das Glas wird in Dänemark nicht nach Farbe sortiert, wie es in Deutschland der Fall ist. „Die Nachfrage ist im Land nicht vorhanden“, erklärt Heinzl. Sollte sich das ändern, so werde „Dansk Affald“ natürlich darauf reagieren, fügt er an.

Ein großer Haufen kleiner Glasscherben sammelt sich auf dem Hof von „Dansk Affald“. Foto: Karin Riggelsen

Fünfte Station: Verkauf der Wertstoffe

Glas wird in Dänemark zu neuen Produkten. Kunststoffe werden unter anderem nach Griechenland, in die Türkei und auch nach Deutschland verkauft. „Dansk Affald“ achtet dabei jedoch darauf, dass die Unternehmen, die die Rohstoffe übernehmen, auch nach bestimmten Standards arbeiten. So besuchen Mitarbeiter aus Dänemark die weiterverarbeitenden Betriebe im Ausland und schauen, ob die geltenden Arbeits- und Umweltbedingungen eingehalten werden. „So setzen wir den Nachhaltigkeitsgedanken durchgängig um“, so der Marketingchef.

„So haben wir letztlich die Rohstoffe Glas, Metall und die drei Plastikarten jeweils für sich.“ 

Zu solchen Granulaten werden die Plastikabfälle verarbeitet und zur Produktion neuer Produkte eingesetzt. Foto: Karin Riggelsen

Zum Rohstoff „Glas“ sagt Stinne Stokkebo: „Plastik ist nicht unbedingt schlechter als Glas. Wird das Glas im Mehrwegsystem verwendet, ist es die bessere Wahl. Alle Einwegflaschen jedoch, wie zum Beispiel für Weine, sind aus ökologischer Sicht wenig sinnvoll, denn die Wiederverwertung von Glas verbraucht viel mehr Energie, als es für Plastik notwendig ist.“ Aber es sei natürlich aus ökologischer Sicht gut, dass das Glas weiterverwendet werde.

Ressourcen nutzen – für eine nachhaltige Zukunft

Um möglichst viel unseres Abfalls wiederzuverwerten, ist es also notwendig, so gut wie nur möglich zu sortieren. „So können wir sicherstellen, dass unsere Umwelt geschützt wird und die Ressourcen, die wir zur Verfügung haben, gutmöglichst eingesetzt werden“, schließt Abfallchefin Stinne Stokkebo. Sie bittet deshalb die Bürger, dabei mitzuhelfen. Dann nämlich, wenn sie ihre Abfälle zu Hause in die dafür vorgesehene Tonne sortieren. Dort fängt der Schutz unserer Umwelt an.

 

(v. l.) Abfallchefin Stinne Stokkebo, Abfallkonsulent Rasmus Grønfeldt (beide Arwos), Dansk Affald-Direktor in Skrydstrup, Bjørn Stender, sowie sein Marketingchef Jesper Wange Heinzl Foto: Karin Riggelsen

Plastik in der Wiederverwertung

Hartes Plastik: 

  • wird zu 80 Prozent von der Kommune zur Wiederverwertung verkauft
  • wird zu 75 Prozent bei einem türkischen Betrieb wiederverwertet
  • 15 Prozent des Abfalls aus der „Grünen Tonne“ werden aussortiert und landen unter anderem in der Verbrennungsanlage
  • werden hauptsächlich zur Herstellung von Kästen, Schachteln und Verpackungen aus Plastik verwendet

Plastikfolie

  • wird zu 80 Prozent wiederverwendet
  • wird bei einem Produzenten in der Türkei zu Plastikrohren verarbeitet
  • wird per Hand aussortiert

Gartenmöbel aus Plastik

  • werden zu Granulat und in Holland von einem Hersteller zu neuen Gartenmöbeln verarbeitet

Weiches PVC

  • kann nicht wiederverwertet werden und wird in Apenrade gelagert
  • wird per Hand aussortiert

Hartes PVC

  • reines hartes PVC wird zu 45 Prozent von einem Abnehmer in der Türkei verwertet
  • 55 Prozent werden deponiert
  • wird per Hand aussortiert

Styropor

  • kann fast gänzlich wiederverwertet werden
  • wird in Finnland zu neuen Styroporverpackungen verarbeitet
  • wird per Hand aussortiert

Das aussortierte Material, das nicht wiederverwendet werden kann, kommt in die Verbrennungsanlage. Dort wird daraus Energie unter anderem in Form von Wärme für das Fernwärmesystem gewonnen. 

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