Leitartikel
„Minderheit mit Mut zur Zukunft“
Minderheit mit Mut zur Zukunft
Minderheit mit Mut zur Zukunft
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Eine Arbeitsgruppe hat sich mit der Zukunft der deutschen Minderheit beschäftigt. Deren Aufgabe ist innovativ und gelöst, doch der schwierige Teil steht der Minderheit noch bevor, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.
Wie geht es in der deutschen Minderheit weiter? Eine Arbeitsgruppe des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), der Dachorganisation der deutschen Minderheit, hat sich in den vergangenen Monaten mit der Zukunft der Minderheit auseinandergesetzt. Nichts war verboten, alles durfte angesprochen werden – jetzt hat die AG Zukunft dem Hauptvorstand des BDN ihre Ergebnisse vorgelegt.
Man kann sich natürlich fragen, ob Veränderungen überhaupt nötig sind. Es läuft doch in der deutschen Minderheit, oder? Steigende Zahlen an den Schulen und Kindergärten, ein ausgewogener Haushalt (wenn man derzeit von der steigenden Inflation und den damit verbundenen hohen Energiekosten absieht), Sportvereine im Aufwind, eine erfolgreiche Digitalisierung des „Nordschleswigers“, gute Arbeit in den Büchereien, politische Erfolge der Schleswigschen Partei.
Warum also nicht alles beim Alten belassen nach dem Motto: „Wenn es nicht kaputt ist, dann repariert nichts.“
Aber gerade in guten Zeiten ist es wichtig, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Jetzt zwingen keine Krise, Probleme oder interne Querelen die Minderheit dazu, Veränderungen vorzunehmen. Dennoch sind sie nötig, weil die Minderheit zum Teil auf historischen Macht- und Organisationsstrukturen baut, weil die Minderheit auch in 10 oder 25 Jahren gut aufgestellt sein will, und weil sich die Minderheit in diesen Jahren stark verändert.
Neue Strukturen können das unausgeschöpfte Potenzial in der Minderheit auslösen und das Zusammenwachsen fördern. Überregional hat die Zusammenarbeit der Verbände in Verbindung mit der Revitalisierung des Knivsbergfestes gezeigt, wozu die Minderheit imstande ist, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen.
Der Gedanke der AG Zukunft ist, dieses Potenzial auch lokal zu entfalten. Statt dass sich jeder Verein nur um sich selbst kümmert, sollen neue Strukturen geschaffen werden, um die örtliche Zusammenarbeit noch besser zu gestalten. Gemeinsam sind wir stärker, und die Kraft benötigen wir in den kommenden Jahren.
Auch in einem anderen Bereich hat sich die AG Zukunft wichtige Gedanken gemacht, nämlich in Sachen Demokratie. Nicht die Delegierten der einzelnen Verbände, sondern jedes Mitglied der Minderheit (es soll eine Minderheits-Basismitgliedschaft geben) soll sich in Zukunft an Direktwahlen und Entscheidungsprozessen in der Minderheit beteiligen können. Das heißt zum Beispiel, dass alle Mitglieder der Minderheit eine Stimme haben, wenn es darum geht, den oder die neue Hauptvorsitzende des BDN zu wählen.
Es sind längst nicht alle Gedanken ausgereift oder ins Detail durchdacht, aber die Arbeit der AG Zukunft verdient Respekt – und dass sich die Minderheit damit weiter auseinandersetzt.
Dabei gilt es, nicht denselben Fehler zu wiederholen wie bei der Digitalisierung des „Nordschleswigers“. Damals wurde der Diskussion mit der Basis zu wenig Platz eingeräumt.
Auch wenn jetzt die Begeisterung bei einigen – vor allem natürlich in der AG – groß ist, um jetzt die neuen Ideen zügig umzusetzen, ist Geduld daher eine wichtige Tugend.
Zum einen, um die Gedanken der AG Zukunft fertig zu entwickeln, zum anderen aber braucht es Zeit, die Minderheit kollektiv ins Boot zu holen, um die wichtigen und richtigen Ansätze der AG-Arbeit in die Realität umzusetzen.
Keine Veränderung – und vor allem nicht in dieser Größenordnung – wird leicht durchzuführen. Aber so weiterzumachen wie bisher, ist eben auch keine Option. Auch die deutsche Minderheit kann eine bessere und modernere Version ihrer selbst werden.
Das verlangt von den Verantwortlichen der Vereine und Verbände in der Minderheit nicht nur Offenheit, sondern auch den Willen, über den eigenen Tellerrand zu blicken und an die Zukunftsmöglichkeiten der Minderheit zu glauben.