Gesundheit

Bewegung soll 25 Prozent teurer werden

Bewegung soll 25 Prozent teurer werden

Bewegung soll 25 Prozent teurer werden

Hadersleben/Haderslev
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Erst die Coronapandemie, dann Energiekrise: Demnächst muss Studioinhaberin Britt Rømer Soos auch noch das Mannschaftstraining unter ihrem Dach besteuern. Foto: Ute Levisen

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In dänischen Fitnesszentren herrscht Alarmbereitschaft. Was wie ein schlechter Scherz anmutet, könnte bald Wirklichkeit sein. Die Steuerbehörde arbeitet daran, sportliche Bewegung zu besteuern. Zumindest dann, wenn sich Bürgerinnen und Bürger in den privaten Fitnesszentren „auspowern“.

Bewegung war seit den 60er Jahren in Dänemark umsonst – besser gesagt, steuerfrei. Geht es nach dem Fiskus, dann ist Schluss mit dieser Befreiung beim Teamtraining in dänischen Fitnesszentren.

Im vergangenen Jahr bereits hatte die Debatte zunächst in Deutschland und hernach auch in Dänemark an Fahrt aufgenommen, nachdem eine Entscheidung des EU-Gerichtshofes die dänische Steuerbehörde veranlasst hatte, die geltenden Bestimmungen hierzulande unter die Lupe zu nehmen.

Wärme vom Wandkamin: Mit warmem Gedanken allein kommt die Branche wirtschaftlich nicht über die Runden: „Dann müssen wir uns noch mehr abstrampeln, um uns warmzuhalten." Foto: Ute Levisen

„Skat“ kommt zu dem Schluss, dass eine Neuinterpretation der Bestimmungen zur dänischen Mehrwertsteuerbefreiung vonnöten ist, um die Richtlinien in Einklang mit den EU-Vorgaben zu bringen.

 

Seit acht Jahren betreibt Britt Rømer Soos das Fitnessstudio „Pulz" in der Haderslebener Innenstadt. Es ist ihr Traumberuf, wie die ausgebildete Korrespondentin für Deutsch sagt. Foto: Ute Levisen

„Schlechtes Timing"

„Das kommt für uns zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt“, sagt Britt Rømer Soos. Seit acht Jahren betreibt die Haderslebenerin das Fitnessstudio „Pulz“ in der Innenstadt. Zwei Corona-Lockdowns hat sie überstanden. Zurzeit kämpft sie wie andere Geschäftsleute auch mit steigenden Energiepreisen und der damit einhergehenden Inflation. Und jetzt das!

 

Ihr Studio hat die Inhaberin mit Gegenständen aus Secondhandläden eingerichtet: „Es ist mein Beitrag zur Nachhaltigkeit." Foto: Ute Levisen

Frustriert und wütend

Die Aussicht, dass Teamtraining unter ihrem Dach mehrwertsteuerpflichtig werden soll, macht sie wütend: „Ich bin wirklich sauer – erst recht, weil dadurch die Ungleichbehandlung von Sportvereinen in Privatregie einerseits und privaten Akteuren wie Fitnessstudios andererseits eine neue Dimension erreicht.“

Vereine sollen von der Neuinterpretation der Regeln ausgenommen bleiben. Im Unterschied zu Tanzschulen, Fitnesszentren und anderen privaten Akteuren im Gesundheitsbereich.

Der berühmte Tropfen

Für Britt Rømer Soos und damit für die gesamte Fitnessbranche ist die zusätzliche Besteuerung der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte. Zum einen stehen die Studios wegen steigender Energiekosten unter Druck. Zum anderen, so betont Rømer Soos, schneide sich der Staat mit einer derartigen Neuregelung ins eigene Fleisch: „Mehr als 800.000 Däninnen und Dänen werden davon betroffen sein. Hinzu kommt, dass sich die Menschen seit Corona ohnehin weniger bewegen.“

Britt Rømer Soos trainiert am liebsten allein. Das ist auch in Zukunft nicht mehrwertsteuerpflichtig. Foto: Ute Levisen

Branche wünscht sich politische Lösung

Ähnlich argumentiert der Branchenverband DFHO, „Danmarks Fitness & Helse Organisation“.

Im August hatte er gemeinsam mit seinem Mutterverband „Dansk Erhverv“ im Rahmen der öffentlichen Anhörung seine Bedenken formuliert. Beide Organisationen fordern eine politische Lösung, sollte sich herausstellen, dass die dänische Auslegung nicht in Übereinstimmung mit der EU-Gesetzgebung ist: „Die Sportbeteiligung in Dänemark ist rückläufig. Vor diesem Hintergrund dürfen wir es nicht teurer machen, Sport zu treiben – im Gegenteil", sagt Branchendirektor Morten Brustad.

Gesundheitsorganisation: Rückschlag für Volksgesundheit

Auch die Krebshilfe „Kræftens Bekæmpelse“, „Diabetesforeningen“ und „Hjerteforeningen“ befürchten angesichts der wirtschaftlichen Krise Rückschläge für die Volksgesundheit, sollten Yoga, Tanz, Fitness und andere Sportformen 25 Prozent teurer für Verbraucherinnen und Verbraucher werden.

Bewegung eine Frage des Geldes?

„Dies könnte die großen sozialen Ungleichheiten im Gesundheitsbereich verstärken, denn ob Menschen Sport treiben können, wird stärker davon abhängen, wie viel Geld sie haben. Familien, die schon jetzt unter finanziellem Druck stehen, müssen möglicherweise verstärkt auf körperliche Betätigung verzichten", argumentiert die Chefin für den Bereich Vorbeugung bei der Krebshilfe, Mette Lolk Hanak, gegenüber der Tageszeitung „Politiken“.

Britt Rømer Soos geht nicht davon aus, dass ihre Kundschaft aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung fernbleibt. Dennoch empfindet sie die Pläne als falsches Signal. Foto: Ute Levisen

Steuerminister: Dänemark in der Pflicht

In einer E-Mail an Politiken schreibt Steuerminister Jeppe Bruus (Sozialdemokratie), Dänemark sei verpflichtet, seine Praxis dergestalt anzupassen, dass sie im Einklang mit den gemeinsamen EU-Mehrwertsteuervorschriften stehe. Die Steuerbehörde werde prüfen, ob die soeben abgeschlossene Anhörung Anlass zu Anpassungen gebe, bevor Änderungen in Kraft treten.

Und dies könnte bereits zum nächsten Sommer der Fall sein, meint Britt Rømer Soos: „Ich denke, genau so wird es kommen. Leider.“

 

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