Kommunalpolitik

300 Bürgermeister-Tage: Jan Riber Jakobsen gibt Einblick

300 Bürgermeister-Tage: Jan Riber Jakobsen gibt Einblick

300 Bürgermeister-Tage: Jan Riber Jakobsen gibt Einblick

Apenrade/Aabenraa
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Der Apenrader Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (Kons.) vor dem Rathaus Foto: Karin Riggelsen

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Der Apenrader Bürgermeister gibt im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ einen Einblick in sein politisches Wirken und darin, wie die Arbeit sein Leben beeinflusst hat.

Gut gelaunt steigt Bürgermeister Jan Riber Jakobsen aus seinem Auto. Er kommt von Fanø, wo er einige Tage mit der Familie verbringt. Den Urlaub hat er für den „Nordschleswiger“ kurz unterbrochen und ist nach Apenrade gekommen. 300 Tage war der Konservativen-Politiker nämlich kürzlich im Amt, was den Anlass für das Gespräch bot.

Veränderungen im Privatleben

Für den 55-Jährigen und seine Familie hat sich seit der Amtseinführung Anfang Januar einiges verändert. Die Zeit mit Ehefrau Inge Riber Jakobsen und Sohn Daniel ist begrenzt, denn inzwischen füllen viele Termine seinen Kalender. An vielen Abenden und Wochenenden ist der langjährige DSB-Mitarbeiter unterwegs, um an unterschiedlichsten Veranstaltungen teilzunehmen. Das tue er gern, sagt er zwar, doch um sich nicht vollkommen von der Familie und den Freunden zu entfernen, hat er einen Entschluss gefasst: „Ich halte mir jedes zweite Wochenende so gut es geht frei“, berichtet er. Das bedeute nicht, dass er dann seine Bürgermeistermütze in die Ecke legt, sondern dann hat er keine Termine in seinem Kalender. „Erreichbar bin ich grundsätzlich immer.“

Jan Riber Jakobsen Foto: Karin Riggelsen

Er sei angekommen, sagt er; angekommen im Rathaus und auch auf der politischen Bühne, an die er sich – in einem für ihn neuen Punkt – erst gewöhnen musste.

Die neue Situation hat ihn schweigsamer werden lassen. Das sagt auch seine Familie, die er fragte, ob er sich verändert habe. Der Grund, weshalb er weniger erzählt: „Ich bekomme so vieles zu wissen. Der Bürgermeister weiß alles, was geschieht – er darf aber nicht alles sagen. Es ist dann schwer zu sortieren, was ich sagen kann und was ich für mich behalten muss. Deshalb muss ich oft erst überlegen, wenn ich mich unterhalte“, erklärt er seine Herausforderung. Daran arbeite er, um wieder er selbst zu werden.

Die großen Probleme sind gelöst – zumindest die meisten

Mit der Arbeit im Stadtrat ist er zufrieden. Drei von vier großen Herausforderungen sind inzwischen gemeistert. „Wir haben einen Beschluss fassen können, was mit der Fjordskole passiert. Hier werden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Das Schwimmbad, das aktuell durch den schlechten Zustand, in dem es sich befindet, fast täglich neue Herausforderungen aufwirft, wird neu gebaut“, erklärt er. „Wir haben endlich auch entschieden, was mit der Telemauer passieren soll, die vor 17 Jahren abgebaut wurde und seither auf einem kommunalen Lagerplatz ein Schattendasein fristet“, fügt er hinzu.

Jan Riber Jakobsen ist auch für außergewöhnliche Fotos bereit. Foto: Karin Riggelsen

Einzig der Jollenhafen von Loddenhoi (Loddenhøj) ist ein noch ungeklärter Fall. „Doch wenn wir von den zuständigen Behörden eine konkrete Antwort haben, können wir auch darauf reagieren und eine Lösung finden“, ist sich der Bürgermeister sicher.

Obwohl alle Ausschüsse neu besetzt wurden, „sind alle gut in Gang gekommen“, freut sich Jan Riber Jakobsen. Ein Grund dafür, so meint er, sei, dass „die Ausschussmitglieder mehr Bedeutung bekommen haben und sichtbarer geworden sind. Das ist meine Vorstellung von einem guten Führungsstil“, erklärt er.

Alle in Entscheidungen einbeziehen

Wichtig sei ihm auch, alle in die Entwicklung der Kommune einzubeziehen. An der Entwicklungsstrategie für die Zukunft der Kommune „Das gute Leben“ (Det gode Liv) sollen alle beteiligt werden. So sind neben allen 31 Stadtratsmitgliedern auch verschiedene Organisationen, darunter Landwirtschaftsorganisationen, dazu befragt worden. Und vor allem die Landwirtinnen und Landwirte will Jan Riber Jakobsen mit im Boot wissen. Dafür will er den kommunalen Service für diesen Wirtschaftszweig verbessern. Der Kontakt zur Kommune solle einfacher und direkter werden, erklärt der Oldtimer-Interessierte.

Um sich einen Überblick zu verschaffen, hat Riber Jakobsen die kommunalen Pflegeheime besucht – und ist danach positiv gestimmt. „Wir haben fantastische Pflegeheime“, findet er. Die Heime seien nicht nur für die Bewohnerinnen und Bewohner ein guter Ort, sondern auch für die Mitarbeitenden dort, die „eine gute Arbeitsstelle haben“, so der Bürgermeister.

Wichtig ist für den Konservativen-Politiker die Nähe zu den Nachbarkommunen – auch südlich der Grenze. „Wenn wir kommunen- und grenzüberschreitenden Themen haben, dann ist eine Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten besonders wichtig“, ist er überzeugt. Er hat sich deshalb mit den anderen Bürgermeistern rund um die Kommune getroffen, um Kontakte zu knüpfen.

Nähe zu Bürgerinnen und Bürgern – sowie zur Minderheit

Wichtig sei ihm der Kontakt zu den Menschen. Deshalb hatte er kurz nach Amtseintritt die „Bürgersprechstunde“ eingerichtet. Zwei Stunden in der Woche steht seine Tür offen. „Und der Bedarf ist da“, stellt Riber Jakobsen heute fest. Die Sprechstunde sei immer voll.

Für die deutsche Minderheit hat der Bürgermeister ein offenes Ohr. So habe es einige Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Minderheit gegeben, in denen unter anderem Wünsche geäußert wurden. „Die deutschen Schulen sind unter Druck. In den vergangenen Monaten meiner Amtszeit sind 500 neue Apenraderinnen und Apenrader begrüßt worden. Von ihnen kommt ein Teil aus Süddeutschland. „Da ist es besonders wichtig zu hören, wo wir die Minderheit unterstützen können, damit diese Menschen gut bei uns landen. Den Dialog haben wir laufend“, so der Bürgermeister, der auch zur Schleswigschen Partei, der Partei der deutschen Minderheit, die mit zwei Vertretern im Apenrader Stadtrat sitzt, eine „gute Verbindung und Zusammenarbeit“ hat, wie er findet. „Mein Zugang, Bürgermeister zu sein, ist, für alle Bürgerinnen und Bürger da zu sein – die Minderheit eingeschlossen“, sagt Riber Jakobsen.

Zum Wunsch des Bundes Deutscher Nordschleswiger, zweisprachige Ortsschilder aufzustellen, hat Riber Jakobsen eine Meinung: „Man sollte das Thema nicht in allen vier Kommunen diskutieren. Mein Wunsch ist, keine Probleme zu schaffen und zusammen das ,gute Leben‘ zu leben“, sagt er.

Ziel: 60.000 Bürgerinnen und Bürger sowie mehr Arbeitsplätze

Es gibt ein großes Ziel, das sich Jan Riber Jakobsen gesetzt hat: „Ich möchte in den vier Jahren erreichen, dass wir über 60.000 Einwohnerinnen und Einwohner in der Kommune haben“, erklärt er. Rund 500 Menschen fehlen noch zur „magischen“ Zahl.

„Wir haben so viele gute Unternehmen, die sich ständig weiterentwickeln und Arbeitsplätze schaffen.“ Zu den Zugpferden gehören für Jan Riber Jakobsen der Transportpark in Pattburg (Padborg) und das Krankenhaus in Apenrade. „50 Prozent der Mitarbeitenden am Krankenhaus wohnen in der Nähe. Ich denke, da werden in den kommenden Jahren noch einige hinzukommen“, ist er sich sicher. „Die Energiekrise wird dazu führen, dass weniger bereit sind, die hohen Kosten für weiten Transport von und zur Arbeit zu zahlen.“

Viele Seniorinnen und Senioren wollen im Ort wohnen bleiben. Um den Wunsch zu erfüllen, müssen passende Wohnungen auch in den Dörfern und kleinen Orten geschaffen werden.

Jan Riber Jakobsen, Bürgermeister

Um den benötigten Wohnraum bieten zu können, müssen mehr Häuser und Wohnungen geschaffen werden, meint er. 4.000 bis 5.000 Qualitätswohnungen fehlten in der Kommune. Die müssen geschaffen werden, auch im Hinblick auf die Menschen, die in Pension gehen. „Viele Seniorinnen und Senioren wollen im Ort wohnen bleiben. Um den Wunsch zu erfüllen, müssen passende Wohnungen auch in den Dörfern und kleinen Orten geschaffen werden.“

2.000 neue Arbeitsplätze sollen darüber hinaus mithilfe der florierenden Betriebe in der Kommune entstehen.

Verschiedene Wirtschaftsbereiche als Chance für die Zukunft

Der Apenrader Hafen ist ein weiteres Wirtschaftsplus der Kommune. „Die dänischen Wirtschaftshäfen arbeiten gemeinsam daran, dem Transportministerium deutlich zu machen, wie wichtig der Schiffstransport und damit die Häfen sind. Deshalb muss auch der Staat dort investieren. Besonders der Apenrader Hafen mit einer Tiefe von 18 Metern ist dabei von großem Interesse“, so der Bürgermeister.

Auch beim Tourismus sieht Riber Jakobsen Chancen für seine Kommune: „Der Tourismus verändert sich. Die Nachfrage wird breiter. Wir haben nicht mehr nur die Menschen, die nach Sonne und Strand fragen, sondern wir haben Fahrradtourismus, Wandertouristinnen und -touristen sowie Wassersportlerinnen und -sportler, denen wir Möglichkeiten bieten können, hier den Urlaub oder freie Tage zu verbringen. Es besteht ein großes Potenzial im dänischen Tourismus“, ist er sicher.

Von einer Krise in die nächste

Eine große persönliche Herausforderung gab es für Jan Riber Jakobsen im Frühjahr. „Am 23. Februar haben wir die Krisenbereitschaft für Corona beendet. Am 24. Februar zogen russische Truppen in die Ukraine. Eine neue Krisenbereitschaft begann“, erzählt er. Eine Krise schien abgewendet, doch schon tauchte eine neue auf“, erinnert er sich. Unheimlich und beängstigend fand er die Situation.

Jetzt werde die Situation in der Ukraine beobachtet. „Wir versuchen, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Was machen wir, wenn der Strom ausfällt, ist unter anderem ein Szenario, das durchgespielt worden ist“, berichtet er. „Wir möchten uns absichern."

„Das war ein besonderer Start als Bürgermeister“, sagt Jan Riber Jakobsen.

 

Jan Riber Jakobsen

Jan Riber Jakobsen ist aus Tiset bei Gramm (Gram). Seine Eltern, Ulla (78) und Helge (83), leben immer noch dort.
Er ist 55 Jahre alt und ist seit 31 Jahren mit Inge Riber Jakobsen verheiratet. Das Paar hat Sohn Daniel (20), der im Alter von drei Monaten aus Kolumbien adoptiert wurde. Er macht eine kaufmännische Ausbildung bei „Frøslev Træ“.

Als 17-Jähriger begann Jan Riber Jakobsen bei der Staatsbahn (heute: DSB), wo er bis zum Amtsantritt als Bürgermeister arbeitete.

Er ist seit 20 Jahren im Apenrader Stadtrat. In der Freizeit war der 1,97 Meter große Mann als Handballschiedsrichter auf Liga-Niveau tätig. Heute restauriert er einen Ford T von 1927.

2019 ist ihm vom Königshaus der Ritterorden erteilt worden.

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