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„60 Jahre sind schon ’ne Hausnummer“

„60 Jahre sind schon ’ne Hausnummer“

„60 Jahre sind schon ’ne Hausnummer“

Apenrade/Aabenraa
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Anke Krauskopf liebt das Apenrader Pastorat. „Es ist die schönste Dienstwohnung meiner Karriere“, sagt sie. Foto: Karin Riggelsen

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Anke Krauskopf überkommt bei dem Gedanken an ihren bevorstehenden runden Geburtstag ein „merkwürdiges“ Gefühl. Apenrades deutsche Gemeindepastorin hat allerdings noch viele Ideen, die sie umsetzen möchte.

„Sobald ich nach Hause komme, entledige ich mich als Erstes meiner Schuhe und Strümpfe. Das gibt mir einfach ein Gefühl der Freiheit“, sagt Anke Krauskopf, als sie sich mit bloßen Füßen mit dem „Nordschleswiger“ zu einem Geburtstagsinterview trifft. Ihr strahlendes Lachen weicht Nachdenklichkeit, als sie gefragt wird, was ihr die Vollendung des 60. Lebensjahres am Montag, 15. April, bedeutet. „60 Jahre sind schon ’ne Hausnummer“, stellt Apenrades deutsche Gemeindepastorin fest. „Das ist schon irgendwie merkwürdig. – Ich habe nach wie vor viele Ideen und mir macht die Arbeit, die ich tue, wirklich unglaubliche Freude. Ich merke aber leider auch, dass ich nicht mehr die Manpower habe, um all das umsetzen zu können, was mir so in den Sinn kommt“, sagt sie und muss dann wieder fröhlich lachen.

Anke Krauskopf in ihrem Arbeitszimmer Foto: Karin Riggelsen

Das Alter hat auch positive Seiten

Anke Krauskopf kann dem Älterwerden jedoch auch viele positive Seiten abgewinnen. „Ich bin gelassener geworden. Ich kann heute meine Zeit besser einteilen und weiß sie auch besser zu nutzen, weil ich einfach im Verlauf der Jahre gelernt habe, Prioritäten zu setzen“, sagt sie. Anke Krauskopf „erlaubt“ sich mittlerweile auch mal, Feierabend zu machen.

 „Mein Mann ist da ein gutes Korrektiv. Er sagt Sätze wie: ,Du sitzt jetzt schon so viele Stunden am Schreibtisch. Mach’ mal Schluss‘“, erzählt Anke Krauskopf. Vor einigen Jahren hätte sie das Angefangene noch fertig gemacht. „Heute sage ich: Morgen ist auch noch ein Tag. Das mache ich dann fertig.“

Eine Engelsammlung ziert das Esszimmer der Familie Krauskopf. Jeder Engel hat seine eigene Geschichte. Foto: Karin Riggelsen

Rückzugsort Röm

Mit Lesen, Stricken und Sudokus, beim Zeichnen, beim Basteln, beim Puzzeln oder neuerdings auch bei der Kalligrafie kann sie wunderbar entspannen, wie sie sagt. Auch Hund „Blixen“ bekommt seine täglichen Streicheleinheiten. Auch das entspannt.

Ganz viel Kraft und Energie schöpfen Anke Krauskopf und ihr Mann Dietmar in ihrem Sommerhäuschen auf Röm, in das sie sich vor gut sechs Jahren, eher unverhofft, auf den ersten Blick verliebten. „In der Anzeige hatte es eigentlich gar nicht so schön ausgesehen. Warum wir trotzdem einen Besichtigungstermin vereinbarten, kann ich nicht sagen. Aber als wir dann das erste Mal dort waren, hat Dietmar mir zugeflüstert: Zeig’ deine Begeisterung doch nicht so. Dann können wir den Preis nicht runterhandeln“, sagt Anke Krauskopf und muss bei der Erinnerung an diese Situation herzlich lachen. 

Anke Krauskopf betätigt sich gern kreativ. Aus selbst bemaltem Karton hat sie spaßeshalber Ostereier ausgeschnitten. Foto: Karin Riggelsen

„Wir sind nahezu jede freie Minute dort. Auf Röm bin ich nicht die Pastorin. Dort bin ich einfach die Anke. – Sobald wir über den Damm fahren, merke ich schon, wie ich runterkomme. Herrlich!“

Familie auf wenigen Quadratmetern

Beide lieben die Weite. Ehemann Dietmar ist an der Westküste groß geworden, Ankes Eltern kommen beide aus Dithmarschen. Sie selbst ist aber primär in Lübeck aufgewachsen. 

Obwohl das Ferienhaus eigentlich nur aus einem Raum besteht, wo sich das ganze Leben abspielt, so ist das auch für ihre inzwischen erwachsenen Kinder Leonie und Paul ein echter Wohlfühlort geworden, wo alle gerne zusammen sind, Spiele spielen, schweigend nebeneinander lesen oder lebhaft miteinander reden. „Und für Dietmar gibt es auf Röm auch immer etwas am Haus zu püsseln. Das macht er schließlich auch gerne“, betont sie lachend. 

Auch wenn der kleine Hocker am Heizungskörper unbequem erscheint. Er ist der Lieblingsplatz von Anke Krauskopf. Foto: Karin Riggelsen

Nordschleswig ist Wahl-Heimat

Auf dem Naturgrundstück direkt an der Heide gibt es mehrere Ecken, an denen man je nach Wind und Wetter ein eher lauschiges oder kühlendes Plätzchen für einen Liegestuhl findet. „Auch wenn die Insel im Sommer voll ausgebucht ist, kriegen wir davon bei uns nichts mit“, wundert sie sich jedes Mal aufs Neue.

Den Gedanken, später im Rentenalter, ganz nach Röm zu ziehen, haben die Krauskopfs jedoch schnell verworfen. „Das ist dann auf die Dauer doch zu still. Wir werden uns wohl etwas Passendes, Kleines in Apenrade suchen, aber nach Möglichkeit das Sommerhaus auf Röm behalten“, schildert sie die Pläne für den Lebensabend.

Denn dass sie in Nordschleswig bleiben wollen, steht für Anke und Dietmar Krauskopf fest. Den Einbürgerungstest haben beide auch schon bestanden. Nur der Antrag auf die doppelte Staatsbürgerschaft haben beide noch nicht gestellt. Auf die Frage nach dem Warum, hat sie keine wirkliche Antwort parat. „Dabei würde ich gern wählen dürfen“, betont sie und nimmt sich fest vor, sich demnächst mal um die Staatsbürgerschaft zu kümmern.



Seelsorge ein Anliegen

Wie eingangs erwähnt, bereitet ihr der Beruf weiterhin sehr große Freude. „Ich schätze meine Gemeinde hier in Apenrade sehr. Ich mag es, meine Gottesdienstbesucher namentlich zu kennen. Das ist schön. Der Kontakt ist so eng, dass sich die Leute vorher bei mir abmelden, wenn sie mal nicht zum Gottesdienst kommen. Das kenne ich so nicht von anderen Gemeinden, in denen ich gearbeitet habe“, sagt sie. 

Als wichtigen Bestandteil ihrer Arbeit sieht sie Seelsorge. Seit rund sechs Jahren bietet sie mittwochs Sprechstunden für Kinder und Jugendliche an. „Von 8 bis 9.30 Uhr bin ich am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig. Anschließend bin ich bis 11.30 Uhr an der Deutschen Privatschule Apenrade zu finden. Mit den Schülerinnen und Schüler der Oberstufe und am Gymnasium vereinbare ich meist vorher einen Termin, während mich die jüngeren Kinder einfach mit ihren Sorgen und Nöten zu mir kommen können“, erzählt die Gemeindepastorin. 

Das Spektrum der Probleme reicht vom Liebeskummer bis zum familiären Konflikt. Auch Einsamkeit ist ein Thema. Da tut es einfach gut, sich einer neutralen Person anzuvertrauen. Mit zunehmendem Alter nimmt in der Regel auch die Erfahrung zu. Lebenserfahrung ist bei der Arbeit mit Menschen nicht hoch genug einzuschätzen. Und dann sind 60 Lebensjahre doch ein Pfund, mit dem sich gut wuchern lässt.  

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