Leitartikel

„Vom Morgenrot in schwärzeste Nacht“

Vom Morgenrot in schwärzeste Nacht

Vom Morgenrot in schwärzeste Nacht

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:

Diesen Artikel vorlesen lassen.

„Nordschleswiger"-Redakteur Helge Möller verzweifelt angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine an den immer gleichen Machtmännern, die die Welt mit Tod und Leid überziehen und hat einen Wunsch.

Sie wehren sich nach Kräften, aber werden die Ukrainer Russland abhalten können, das Land zu besetzen? Es mehren sich die Stimmen, die schwarzsehen, zu mächtig ist die Armee Russlands, die dem Befehl des Präsidenten Wladimir Putin folgt.

Nachdem der vermutete Plan einer schnellen Besetzung der Ukraine offensichtlich nicht geklappt hat, steht zu befürchten, dass Russland mit schweren Waffen jeden Widerstand niedermachen wird, der sich den Truppen entgegenstellt.

Dabei wird es dem russischen Präsidenten vermutlich gleichgültig sein, ob 1.000 oder 10.000 oder 50.000 seiner Soldaten fallen werden für sein Ziel. Jenes Ziel, von dem man vermuten kann, dass es der Wiederaufbau eines russischen Imperiums ist – mit vollkommen abhängigen Republiken, die dann eigentlich keine mehr sind. Und die Opfer des Gegners werden Putin schon gar nicht interessieren.

Aus den Geschichtsbüchern kennen wir die Männer, die oft den Namen der „Große“ erhalten haben. Nicht, weil sie so gut für ihr Volk sorgten, großartige Erfindungen machten oder einzigartige Kunst schufen, sondern weil sie in den Krieg zogen und Leid und Zerstörung brachten. Ein Mann ist auf dieser Welt immer wieder in der Lage, nicht nur das Leben vieler Tausender, ja sogar von Millionen zu beeinflussen, zu verschlechtern oder es zu beenden.

Als Kind der 70er und 80er Jahre kenne ich den Norden Deutschlands als einen Flecken Erde, der vollgestopft war mit Militär. In der Zeit des Kalten Krieges musste man nicht lange fahren, um Militär zu sehen, Starfighter donnerten nahezu jeden Tag über unsere Köpfe, Militärkolonnen fuhren jeden Tag auf den Straßen, die Motoren von Schnellbooten brummten auf dem Wasser.

Wie sorglos erscheinen im Rückblick die neunziger Jahre, als die Sowjetunion mit ihren Führern unterging. Rücksichtslose Machtmenschen, Machtmänner, schienen von der Bildfläche verschwunden zu sein. Doch die Wende zu einer demokratischen Gesellschaft in Russland, im Westen erhofft, hat nicht geklappt.

Ob Angela Merkel in ihren Kanzlerjahren alles richtig gemacht hat und ob Deutsche zufrieden sein können mit der Leistung, darüber mag man streiten, gottlob ist das hier möglich. Aber eine nüchterne Frau, eine Pragmatikerin mit einem moralischen Grundgerüst, ohne Macho-Allüren würde als gewählte Präsidentin Russland sicherlich guttun.

Damit dieses sich von dem Phantomschmerz „verlorener“ Gebiete befreit und anerkennt, dass die Menschen in den Republiken ihren Weg zum Glück selbst suchen möchten. Deutschland hat es auch geschafft, sich vom Phantomschmerz zu befreien, allerdings nach einem entfesselten Weltkrieg mit Millionen Toten. Das Morgenrot der 90er hat sich in schwärzeste Nacht gewandelt.

Mehr lesen

Diese Woche In Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Die unaufgeregte Diskussion über den historischen Beschluss zur Abtreibung“

Kommentar

Jens Kragh Iversen
Jens Kragh Iversen Sportredakteur
„Es schämt sich keiner mehr – der Stolz ist zurückgekehrt“