Leitartikel

„Auf den Hund gekommen“

Auf den Hund gekommen

Auf den Hund gekommen

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:

Bei Hundezüchtern und in Tierheimen klingeln die Telefone derzeit besonders häufig. In Corona-Zeiten wollen sich viele endlich den Traumhund zulegen. Doch der kann Stress gerade in der ersten Zeit im neuen Zuhause gar nicht gebrauchen, mahnt Cornelius von Tiedemann.

Plötzlich hocken sie aufeinander, Familien im ganzen Lande. Ein Ende der sozialen Isolation wird zwar immer wieder in Aussicht gestellt – doch abzusehen ist es noch nicht.

Viel Zeit, zum Träumen. Zum Beispiel von einem Hund. Den wollte man ja immer schon, irgendwie. Und geht es auf absehbare Zeit nicht mehr in den Urlaub in ferne Länder – dann soll wenigstens der Hundewunsch daheim erfüllt werden. Für Abwechslung würde so ein kleiner Vovse garantiert sorgen.

Doch wem nicht nur an der Befriedigung eigener Sehnsüchte, sondern auch am Tierwohl gelegen ist, der sollte sich die Sache gut überlegen.

Bei den Hundezüchtern und in den Tierheimen in Dänemark steigt die Nachfrage seit Beginn der Corona-Krise rasant an. Katzen sind schon kaum noch zu haben – und auch bei Hunden wird die Auswahl kleiner.   

Doch ist das eine gute Nachricht? Hundefreunde munkeln online bereits, dass die Tierheimen im Lande im Herbst eine Flutwelle an Neuzugängen und alten Bekannten überschwemmen wird. Dann, wenn die Realität nach Corona, nach dem sommerlichen Sonnenschein und nach der ersten Begeisterung die neuen Hundebesitzer einholt.

Denn auch wenn man sich für einen „Markenhund“, ein reinrassiges Tier vom Züchter mit allem drum und dran entscheidet: Die Rasse alleine garantiert nicht, dass man einen familienfreundlichen Schmusehund oder einen joggingbegeisterten Dauerläufer nach Maß bekommt.

Wie wir Menschen, so haben auch Hunde Persönlichkeit. Und sie werden durch ihr Umfeld geprägt. Gerade in diesen, für manche schwierigen Zeiten ist das nicht zu unterschätzen.

Na klar, vielleicht ist mehr Zeit für den Hund da, gerade in der wichtigen Prägephase bei Welpen, aber auch in der Eingewöhnungsphase für „Gebrauchthunde“.
In einem ausgeglichenen Umfeld ist das jetzt das Paradies für Hunde.

Doch wo der Hund sozusagen als Blitzableiter, als Ausgleich für familiäre Spannungen in der Isolation herhalten soll, da ist eine schwierige Zukunft programmiert.

Tausende (!) Hunde werden so schon jedes Jahr in Dänemark eingeschläfert, ohne dass sie krank sind. Ihre Besitzer sind schlicht nicht mit ihnen zurechtgekommen – und Abnehmer für die einst so sehnlichst herbei gewünschten Tiere haben sich nicht gefunden.

Hunde, die beißen oder auf andere Weise anstrengend geworden sind, werden reihenweise schlicht aussortiert und vernichtet.

Wer sich jetzt einen Hund anschafft, der sollte auch dieser Wahrheit ins Auge blicken und dafür Sorge tragen, dass dieses Schicksal seinem neuen Familienmitglied erspart bleibt.  

Und wem wirklich nicht nur das eigene, sondern auch das Wohl der Tiere am Herzen liegt, der kann die Zeit nutzen, sich mit ihren Bedürfnissen auseinanderzusetzen – und zum Beispiel ehrenamtliche Tierschützer in ihrer Arbeit unter momentan erschwerten Bedingungen unterstützen. Oder das Gassigehen erstmal üben. Mit Omas Hund. Oder ohne Hund. Das geht nämlich auch. Mit der Menschenfamilie zum Beispiel.

Mehr lesen

Leserbrief

Meinung
Kristian Pihl Lorentzen
„Hærvejsmotorvejen som grøn energi- og transportkorridor“

Leserbrief

Meinung
Asger Christensen
„På tide med et EU-forbud mod afbrænding af tøj“