Leitartikel

„Freiwilligkeit ist nicht immer die bessere Wahl“

Freiwilligkeit ist nicht immer die bessere Wahl

Freiwilligkeit ist nicht immer die bessere Wahl

Apenrade/Aabenraa
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Vor vier Jahren war sich das Folketing einig, dass das Trinkwasser besser geschützt werden müsse. Eine freiwillige Vereinbarung zwischen Landwirten, Wasserwerken und Kommunen sollte das regeln. Geschehen ist wenig. „Nordschleswiger"-Redakteur Helge Möller hat dazu eine Meinung; viel hält er von der Idee aus dem Folketing nicht.

Es ist ja oft so, je mehr gute Argumente man hört, desto schwieriger wird es, sich auf eine Seite zu schlagen – gesetzt den Fall, die guten Punkte kommen von beiden Seiten.

Vier Jahre sind vergangen und immer noch können Landwirte Pestizide in der Nähe von Grundwasserbohrungen verwenden. Darauf macht der dänische Naturschutzverein aufmerksam und hat damit viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Wer ist schuld? Die Kommunen, die Wasserwerke, die Landwirte? Laut der interaktiven Seite des Naturschutzvereins kommen die Kommunen nicht allzu gut weg. Hört man den Kommunen zu, dann wird das Bild schon differenzierter. Ihre Argumente: Freiwillige Mitarbeitende in den Wasserwerken müssen Vereinbarungen mit Landwirten treffen, auf privaten Flächen dürfen weiterhin Pestizide verwendet werden, die entsprechende Rechtsverordnung kam rund ein Jahr später, die Schutzzonen sind klein und einige Argumente mehr.

Die Kommunen zeigten sich gegenüber dem „Nordschleswiger“ willig, die freiwilligen Vereinbarungen unter Dach und Fach zu bringen und sind, was Kritik an Kopenhagen anbelangt, eher zurückhaltend.

Es ist schon recht erstaunlich, dass die Rechtsgrundlage, nach der die Kommunen und die Wasserwerke handeln können, erst knapp ein Jahr später fertig ist, dann aber zur Eile gemahnt wird. Auch der Hinweis aus den nordschleswigschen Kommunen, dass meist ehrenamtlich Tätige in den Wasserwerken mit den Landwirten in Verbindung treten müssen, lässt die Stirn runzeln.

Man könnte auf den Gedanken kommen, dass die Politik in Kopenhagen ein unangenehmes Problem abwälzen wollte. Denn offenbar ist das saubere und nachhaltige Dänemark nicht ganz so sauber. Ohne ein Gesetz, das den Gebrauch von Pestiziden in der Nähe von Trinkwasserbohrungen verbietet, muss sich Christiansborg nicht um Entschädigungen kümmern und spart sich Arbeit, die wird so vor Ort erledigt. Mahnende Worte lassen sich so leicht sprechen.

Es ist gut, wenn der Naturschutzverein offenlegt, dass in Dänemark dem Trinkwasserschutz kein hoher Stellenwert eingeräumt wird, und dass es nicht gut um die freiwilligen Vereinbarungen bestellt ist.

Ein verbindliches Gesetz ohne Freiwilligkeit wäre demzufolge von Anfang an besser gewesen. Dann hätte man das Pestizidverbot auch auf private Flächen ausweiten können. Wenn es nämlich überall in Dänemark, und nicht nur in Tondern, mehr private Flächen in der Nähe von Trinkwasserbohrungen gibt, als von Landwirten beackerte Flächen, dann nützen die freiwilligen Vereinbarungen zwar etwas, aber so viel dann doch nicht. Das lässt schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit der ganzen Aktion aufkommen.

Der damalige Minister Jakob Ellemann-Jensen legte sich 2019 mächtig ins Zeug und pries die Vereinbarung an. Ein Beispiel dafür, wie Anspruch und Wirklichkeit auseinandergehen können.

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