Parlamentswahl

Wahlkrimi in Schweden noch nicht entschieden

Wahlkrimi in Schweden noch nicht entschieden

Wahlkrimi in Schweden noch nicht entschieden

dpa
Stockholm (dpa) -
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Magdalena Andersson auf der Wahlveranstaltung der sozialdemokratischen Partei im Waterfront Conference Center in Stockholm. Foto: Jonas Ekströmer/TT News Agency/AP/dpa

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Ein denkwürdiger Wahlabend: Erst liegt das Lager von Ministerpräsidentin Andersson vorn, dann kippt die Lage zugunsten des konservativen Herausforderers Kristersson. Ein Dritter spielt eine Schlüsselrolle.

Schweden steht am Morgen nach einem denkwürdigen Wahlabend weiter ohne Wahlergebnis da und muss sich auf ungewisse Zeiten gefasst machen. Ein führender Wahlexperte des schwedischen Rundfunks, Mats Knutson, sagte am Montag in einer ersten Analyse, bleibe es bei den derzeitigen Zahlen, dann sehe es nach einem bevorstehenden Regierungswechsel aus.

Da die letzten Stimmen aber noch nicht ausgezählt worden seien, bestehe auf Seiten des Lagers von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson weiter ein Funken Hoffnung, dass sich die sehr knappe Lage noch zu ihren Gunsten verändere.

Schweden hatte am Sonntag einen dramatischen Wahlkrimi erlebt. Anderssons Sozialdemokraten wurden zwar klar stärkste Kraft, doch ein Vier-Parteien-Block ihres konservativen Herausforderers Ulf Kristersson einschließlich der rechtspopulistischen Schwedendemokraten lag in der Nacht mit äußerst knappem Vorsprung vor dem linksgerichteten Lager der Regierungschefin. In ersten Prognosen war noch Anderssons Seite knapp vorne gewesen.

47.000 Stimmen zwischen Lagern

Nach Auszählung von knapp 95 Prozent der Stimmen sieht die Wahlbehörde den Kristersson-Block bei 175 von 349 Sitzen, Anderssons Lager bei 174. Dem Rundfunk zufolge trennten die beiden Lager da nur etwa 47.000 Stimmen. Frühestens am Mittwoch soll nun das vorläufige Ergebnis feststehen, nachdem letzte Stimmen ausgezählt wurden.

Obwohl noch nichts entschieden ist, ist eine Sache bereits klar, wie Wahlanalyst Knutson anmerkte: «Der große Gewinner der Wahl sind ohne Zweifel die Schwedendemokraten.» Sie hätten ihr Ergebnis deutlich steigern können und könnten eine künftige Regierung stark nach rechts treiben, sagte er. Die Rechtspopulisten werden den bisherigen Zahlen zufolge mit einem Rekordergebnis von rund 20,6 Prozent erstmals zweitstärkste politische Kraft hinter den Sozialdemokraten, die nach Zuwächsen voraussichtlich auf 30,5 Prozent kommen. Die Moderaten von Kristersson kommen dagegen wohl nur noch auf 19,1 Prozent.

Langwierige Regierungsbildung erwartet

Unabhängig vom Wahlausgang dürfte Schweden wie schon nach der Parlamentswahl 2018 eine langwierige Regierungsbildung bevorstehen. Denn auch innerhalb der beiden Blöcke sind sich die Parteien bei mehreren Angelegenheiten uneins. Politische Mehrheiten zu finden, das ist in dem skandinavischen EU-Land vor allem auch durch das Erstarken der Rechtspopulisten schwierig geworden, die ihre Wahlergebnisse in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigern konnten. Ein Ergebnis jenseits von 20 Prozent wird nun ein Rekord für die Åkesson-Partei sein. Nur die Sozialdemokraten - die traditionell stärkste Partei in dem skandinavischen EU-Land - liegen nach Zuwächsen auf rund 30,5 Prozent weiterhin deutlich vor ihnen.

Andersson wurde erst im November 2021 als Nachfolgerin ihres sozialdemokratischen Parteikollegen Stefan Löfven und als erste Frau überhaupt zur Ministerpräsidentin von Schweden gewählt. Die frühere Finanzministerin führt seitdem eine rein aus Sozialdemokraten bestehende Minderheitsregierung, die im Reichstag bisher auf die Unterstützung der liberalen Zentrumspartei, der Linken und der Grünen angewiesen war. Herausforderer Kristersson setzt derweil auf Moderate, Christdemokraten und Liberale - und erstmals auch offen auf die Unterstützung der Schwedendemokraten.

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