Winter

Cool: Olaf Hinrichsen geht Eisbaden gegen Corona-Blues

Cool: Olaf Hinrichsen geht Eisbaden gegen Corona-Blues

Cool: Olaf Hinrichsen geht Eisbaden gegen Corona-Blues

Arndt Prenzel/shz.de
Niebüll
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Der leidenschaftliche Eisbader Olaf Hinrichsen cruncht auch gern mal ein Stück Eis aus der Wehle. Foto: Arndt Prenzel

Kostenloser Stimmungsaufheller: Wenn andere frieren, wird es Olaf Hinrichsen erst richtig heiß.

Krachende Schläge erfüllen die eiskalte Morgenluft. Ein einsamer Mann steht mit einem Vorschlaghammer am Rand der Wehle und teilt mächtig aus. Was soll das? Ist es eine neue Therapieform, eine Art Anti-Gewalttraining? Olaf Hinrichsen strahlt, während er vom Steg aus ausholt und gezielt ins zugefrorene Eis hackt. „Ich will im Eiswasser baden“, lacht er voller Vorfreude. „Dazu brauche ich ein Loch in entsprechender Tiefe.“

Der Mann hat sein Ziel noch nicht erreicht: Immer weiter treibt er einen Kanal voran. Dann ist es soweit: Hier soll die Badestelle sein. Während erste Spaziergänger verwundert stehen bleiben, zieht sich der Niebüller Online-Pädagoge flugs um und marschiert aufrecht in das frische Wehlenwasser.

Tief einatmen am Eisloch

 „Die Temperatur liegt bei 2 bis 3 Grad“, meint er. Am Eisloch angekommen, atmet er tief durch, entspannt sich. Die Viertelstunde in der Kälte dient der Entspannung und Meditation. Danach rieseln die Glückshormone. „Die Ausschüttung an Endorphinen ist gewaltig“, sagt der Niebüller Leistungsschwimmer, als er aus dem eiskalten Wasser kommt.

Schnell zieht er sich an und marschiert mit Hammer und Handtuch zur Aufwärmphase gen heimatlichen Kachelofen. Sein Glück: Er wohnt ganz in der Nähe.

„Die Badedauer ist bei jedem individuell verschieden“, sagt er, „manche gehen nur kurz rein.“ Tatsächlich gibt es seit einiger Zeit einen Trend zu dem Schockerlebnis. Spätestens seitdem der früherer Bild-Chefredakteur Kai Diekmann seine Bade-Erlebnisse auf Facebook postet, ist das spezielle Vergnügen in aller Munde.

Man atmet tief und ohne Pause ein und aus, bis Adrenalin ausgeschüttet wird.

Olaf Hinrichsen

 „Ich habe so an die 20 Eisbader gezählt“, sagt der 41-Jährige, „Ältere wie Jüngere, ganz gemischt.“ Er selbst hat einige Freunde schon an die Extremsituation herangeführt, das Weitervermitteln liegt wohl im Blut.

Olaf Hinrichsen, dessen Vater jahrzehntelang die erfolgreiche Niebüller Schwimmsparte betreute, war in jungen Jahren selbst auf vielen Wettkämpfen unterwegs. Familie und Job bedingten eine Pause, ehe er wieder begrenzt einstieg. „Ich saß vor dem Fernseher und überlegte, was ich mit meiner Zeit mache“, berichtet er.

Adrenalin

 „Ich habe dann Atemübungen mit Luftanhalten geübt.“ Aus diesem Gedanken heraus googelte der Pädagoge verschiedene Methoden und landete bei der Wim-Hof-Technik. „Man atmet tief und ohne Pause ein und aus, bis Adrenalin ausgeschüttet wird. Dies wiederholt man mehrere Runden lang“, erklärt der Nordfriese.

Der Weg zum Bad in der Eistonne wird dann auf der Homepage genau beschrieben. „Ich begann mit 30 Sekunden kalt duschen“, sagt Olaf Hinrichsen. „Steigerte die Dauer, ehe ich in die mit Kaltwasser gefüllte Badewanne stieg.“ Die Tür im Badezimmer ließ er sicherheitshalber geöffnet.

Stimmung nachhaltig aufgehellt

Das langsame Gewöhnen zog sich über mehrere Monate von Oktober bis Dezember hin, ehe er den Sprung in die Regentonne wagte. „Seitdem bin ich täglich drin!“ Ob morgens, abends oder zwischendurch: Die Wirkung auf das Wohlbefinden sei enorm. „Ich bin ausgeglichener, Stress resistenter und die Stimmung hat sich nachhaltig aufgehellt“, lautet die Eigen-Diagnose.

Der Eistonnen-Protagonist hat in der Folge bei steigenden Außentemperaturen das Wasser für die Tonne über eine Eistruhe runter gekühlt. „So ist es ein Ganz-Jahresprojekt geworden.“ Die Begeisterung hat dazu geführt, dass Olaf Hinrichsen bei den „Offenen deutschen Meisterschaften“ im Eiswasser-Schwimmen in Veitsbronn teilgenommen hat und gleich zwei Titel mit nach Hause brachte.

Stärkung der Abwehrkräfte

 „Ein Nebeneffekt“, meint er. Wichtiger ist ihm der gesundheitliche Aspekt. „Kältebehandlungen haben eine starke immunaktivierende Wirkung“, sagt er. Entzündungen im Körper, Infektanfälligkeit, Allergien, Migräne, Hauterkrankungen, Gelenkbeschwerden oder Schlafstörungen könnten so behandelt werden. Zudem wirkt die Kälte Haut straffend und offensichtlich verjüngend.

Gleichzeitig warnt der besonnene Eismann: „Bei vorherigen Erkrankungen oder Beschwerden wie Bluthochdruck oder Herzproblem sollte man vorher seinen Hausarzt befragen.“ Wie viele andere Frischluftfreude genießt er die herrliche Kälteperiode ganz besonders und hofft, dass es noch länger so bleibt. „Endlich mal was Tolles jenseits von Maskenpflicht und Abstandhalten!“

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