Biogas

Stille Reserve gegen den Energie-Notstand

Stille Reserve gegen den Energie-Notstand

Stille Reserve gegen den Energie-Notstand

Frank Jung/shz.de
Flensburg/Kiel
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Gibt es einen Ersatz für russisches Gas? Foto: Michael Staudt, SHZ

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Gibt es in der Debatte um Ersatz für russisches Erdgas noch übersehene Alternativen? Die Erneuerbare-Energien-Branche meint ja - und bringt eine stärkere Rolle von Biogasanlagen ins Gespräch.

Für das Schließen der Energielücken richtet sich der Blick jetzt auch auf Biogas. Nach Einschätzung des Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE.SH) stecken in vielen der 863 Anlagen in Schleswig-Holstein unausgeschöpfte Möglichkeiten.

20 Prozent der Anlagen nur wenige Kilometer vom Gasnetz entfernt

So könnten die Anlagen nicht nur wie bisher überwiegend Strom und Wärme liefern, sondern zusätzlich Methan-Gas. Laut einer Studie des Deutschen Biomasseforschungszentrums liegen bundesweit 20 Prozent der Anlagen so dicht am bestehenden Gasnetz, dass ein Anschluss daran realistisch sei. Es geht dabei um niedrige einstellige Kilometerdistanzen. Schleswig-Holstein bescheinigt die Studie dafür von allen Bundesländern nach Niedersachsen und Bayern das größte Potenzial. Demzufolge könnten nördlich der Elbe mehrere jeweils benachbarte Biogasanlagen zu 18 Pools zusammengeschlossen werden. Je Pool würde das Biogas der Idee zufolge zentral zu Bio-Methan aufbereitet und eingespeist.

Mehr Leistung soll ohne mehr Mais gelingen

Der LEE.SH geht davon aus, dass sich die Leistung der Anlagen weitgehend ohne zusätzlichen Einsatz von Mais steigern ließe. Die Energiepflanze steht ökologisch und ethisch in der Kritik. Der Verband setzt für mehr Leistung vor allem auf Gülle, Stroh, industrielle Reststoffe oder den Aufwuchs von Dauergrünland und Biodiversitätsflächen. Geschäftsführer Marcus Hrach regt in einem Brief an Energiewendeminister Tobias Goldschmidt einen Runden Tisch für mehr Energie aus Biogas an. Dazu solle das Land die Betreiber von Biogasanlagen und Gasnetzen, Verwaltung, Politik und Verbänden einladen. Hrach wirbt mit einer „klimafreundlichen und unabhängigen Gasversorgung“.

Die Türen stehen grundsätzlich offen: Aus Sicht des Goldschmidt-Ministeriums weist die Studie „auch für Schleswig-Holstein Potenziale auf, die genutzt werden sollten“, sagt ein Sprecher. „Dafür braucht es allerdings eine bundesweit greifende Biomethan-Strategie.“ Begleitend will das Ministerium zeitnah mit der Biogas-Branche im Norden erörtern, welche vielleicht in zwei bis drei Jahren umsetzbare Perspektive es für die Aufbereitung und Einspeisung von Biogas gibt. Einen Austausch sucht das Ressort zudem über die Frage, wie die Stromproduktion bestehender Biogasanlagen „kurzfristig und begrenzt auf den kommenden Winter weiter angereizt werden kann.“

Auf Bundesebene laufen dazu nach Angaben des Energiewendeministeriums SH bereits Prüfungen. Etwa zeichnet sich ab, dass die im Erneuerbare-Energien-Gesetz für die Vergütung festgelegte Höchstgrenze bei der Stromproduktion durch Biogasanlagen überschritten werden darf. Wegfallen könnten auch Vorgaben, dass die Gärsubstrate einer Anlage unter bestimmten Voraussetzungen von den eigenen Flächen eines Landwirts kommen müssen. Berlin plant zudem, dass Veränderungen beim Mix von Gärsubstraten zeitlich befristet nicht mehr genehmigt, sondern lediglich den Behörden mitgeteilt werden müssen.

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