Minderheitenpolitik

Nationale Minderheiten in Deutschland begrüßen neues Namensrecht

Nationale Minderheiten in Deutschland begrüßen neues Namensrecht

Minderheiten in Deutschland begrüßen neues Namensrecht

ghe
Berlin
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Türschild
Angehörige der dänischen Minderheit in Südschleswig können künftig auch die Buchstaben Æ, Ø und Å bei der Namensvergabe verwenden. Foto: Rasmus Baaner/Politiken/Ritzau Scanpix

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Die vier nationalen Minderheiten in Deutschland begrüßen die neue Regelung beim Namensrecht. Ab Mai kommenden Jahres können sie ihre traditionelle Familiennamensgebung wiederbeleben. Der Leiter des Friisk Instituut in Bredstedt spricht von einem historischen Moment. Der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler ist überzeugt, das Gesetz sensibilisiere für Minderheitenbelange.

Die nationalen Minderheiten in Deutschland begrüßen das am vergangenen Freitag vom Bundestag verabschiedete neue deutsche Namensrecht. Das geht aus einer Pressemitteilung des Minderheitensekretariates hervor. 

Mit dem Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts ist es nicht nur erstmals möglich, die besonderen weiblichen sorbischen Familiennamen anzuwenden, sondern auch einst verbreitete friesische Namensformen wiederzubeleben oder traditionelle dänische Namensgebungen amtlich zu nutzen. Nach dem bisherigen deutschen Namensrecht war all dies nicht möglich. 

„Oft blenden rechtliche Regelungen für die große Mehrheit aus, dass es auch traditionell in Deutschland heimische Gruppen gibt, deren Sprachen und daraus resultierende Traditionen vom Deutschen abweichen. Gerade Namen gehören aber zum Kernbestand der eigenen Identität. Wenn diese vom Staat und Verwaltungen nicht anerkannt wird, ist das eine Diskriminierung, die zur Assimilation und Aufgabe eigener Identität, Sprache und Kultur führt“, so der er Vorsitzende des Minderheitenrates, Karl-Peter Schramm, als Vertreter der Saterfriesen. Er begrüße daher den gelungenen Fortschritt im deutschen Recht zu mehr Gleichstellung von Minderheitenangehörigen. 

Änderungen für dänische und friesische Minderheiten

Durch die Modernisierung des Namensrechts wird es etwa Angehörigen der dänischen Minderheit ermöglicht, ihren Kindern Geburtsdoppelnamen zu geben, die sich an der dänischen Namenstradition orientieren. Auch die dänischen Buchstaben Æ, Ø und Å sind in Zukunft von Geburt an möglich. 

Endlich können unsere Leute heißen, wie sie wirklich heißen.

Stefan Seidler

Für die friesische Volksgruppe eröffnet die Reform die Möglichkeit, patro- oder matronymische Formen (Ableitungen von Vornamen der Mutter, des Vaters, der Großeltern, Anm. d. Red.) als Geburtsnamen für Kinder zu wählen. 

Für Angehörige des sorbischen Volkes wird es möglich, geschlechtsangepasste Familiennamen anzunehmen. Die Änderungen sollen am 1. Mai 2025 in Kraft treten. Eine Namensänderung muss beim zuständigen Standesamt beantragt werden.

Die Minderheitenverbände wurden bei der Durchsetzung der entsprechenden Gesetzesvorschläge fachlich vom Nordfriisk Instituut in Bredstedt (Bredsted, Bräist) sowie dem Sorbischen Institut Bautzen (Budyšin) unterstützt. 

Stefan Seidler begrüßt Neuregelungen

„Die traditionelle Namensgebung unserer nationalen Minderheiten ist ein ganz bedeutender Teil der Identität und viele Menschen können diese Identität dank des Gesetzes ganz konkret besser ausleben. Gerade bei uns im Grenzland freuen sich die Leute, von den Regelungen Gebrauch zu machen. Jetzt können die Leute heißen, wie sie wirklich heißen – und müssen nicht in irgendein ein Verwaltungsraster passen“, sagte Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) laut einer Pressemitteilung zum Thema.

Die Neuregelung sensibilisiere zu dem für Minderheitenbelange. „Die zuständigen Standesämter wissen dadurch ganz genau, woran sie sind. Das macht Verwaltungshandeln leichter und verlässlicher. Darum ist das Gesetz ein richtig tolles Zeichen und leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz und zur Förderung von kulturellem Erbe unserer Minderheiten“, so Seidler. 

Friesen sprechen von „historischem Moment“

Der Leiter des Nordfriisk Instituut, Christopher G. Schmidt, spricht in einer Pressemeldung von einem „historischen Moment“. Der Deutsche Bundestag habe anerkannt, dass es in Deutschland nichtdeutsche Rechtstraditionen gab, und beschließt, diese nun auch wieder anzuwenden. „Das kann man aus Sicht einer autochthonen Gruppe wie den Friesen, die in ihren Gebieten längst ansässig waren, bevor deutsche Sprache und Kultur dorthin kamen, kaum hoch genug einschätzen“, so Schmidt.

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