Interview

Corinna Philipsen zur Lübecker Erklärung

Corinna Philipsen zur Lübecker Erklärung

Corinna Philipsen zur Lübecker Erklärung

Marle Liebelt/shz.de
Schleswig
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Corinna Philipsen ist seit März die neue Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Schleswig-Flensburg. Foto: Marle Liebelt

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Im Interview erzählt die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Schleswig-Flensburg, warum der Beitritt zur Lübecker Erklärung mehr als eine bloße Unterschrift ist.

Am 17. Mai – zum internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie – haben der Kreis Schleswig-Flensburg und die Stadt Schleswig die Lübecker Erklärung unterschrieben. Was das ist und bedeutet, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises, Corinna Philipsen, im Interview mit unserem Redaktionsmitglied Marle Liebelt.

In dieser Woche hat die Stadt die Lübecker Erklärung unterschrieben. Frau Philipsen, was steht da drin?

Corinna Philipsen: Die Lübecker Erklärung sagt, dass alle Menschen – egal welche sexuelle Identität oder Orientierung sie haben – selbstbestimmt leben können sollen.

Warum haben der Kreis Schleswig-Flensburg und auch die Stadt Schleswig die Erklärung unterschrieben?

Wir als Kreis Schleswig-Flensburg und auch die Stadt Schleswig haben diese Erklärung unterschrieben, um zu zeigen, dass wir jegliche Art von Gewalt oder Diskriminierung gegenüber Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität oder Orientierung ablehnen und entgegenwirken.

Also Menschen sind gleich und haben die gleichen Rechte.

Genau. Das ist ein Grundrecht, und darauf fußt die Erklärung. Aber vor allem auch auf dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das besagt, dass Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen sind.

Wenn das sowieso im Grundgesetz steht, ist die Lübecker Erklärung dann nicht überflüssig?

Nein. Rechtlich gesehen stimmt das. Aber mit der Unterzeichnung erkennen wir offiziell an, dass Gewalt und Ausgrenzung sexueller Minderheiten ein strukturelles Problem ist. Das sind keine Einzelfälle. Und dem müssen wir entgegenwirken.

Anerkennung und Unterschrift sind ja schön und gut. Wie kann denn ein Kreis oder eine Stadt auch etwas gegen dieses strukturelle Problem tun?

Ich sehe einen sehr großen und wichtigen Aspekt in der Bewusstseinsbildung. Öffentliche Kampagnen, Ausstellungen oder andere Aktionen zum Beispiel, die auf Probleme aufmerksam machen. Aber auch die vielen verschiedenen sexuellen Identitäten und Orientierungen, die es gibt, als Teil unserer Gesellschaft stattfinden zu lassen und sichtbar zu machen.

Aber es gibt auch ganz gezielte Maßnahmen, wie Toiletten in Einrichtungen für Menschen, die sich nicht als weiblich oder männlich identifizieren.

Anerkennung und Unterschrift sind ja schön und gut. Wie kann denn ein Kreis oder eine Stadt auch etwas gegen dieses strukturelle Problem tun?

Ich sehe einen sehr großen und wichtigen Aspekt in der Bewusstseinsbildung. Öffentliche Kampagnen, Ausstellungen oder andere Aktionen zum Beispiel, die auf Probleme aufmerksam machen. Aber auch die vielen verschiedenen sexuellen Identitäten und Orientierungen, die es gibt, als Teil unserer Gesellschaft stattfinden zu lassen und sichtbar zu machen.

Aber es gibt auch ganz gezielte Maßnahmen, wie Toiletten in Einrichtungen für Menschen, die sich nicht als weiblich oder männlich identifizieren.

Ist es nicht eigentlich überflüssig, Toiletten überhaupt für die Geschlechter aufzuteilen? Kann man nicht einfach überall Unisextoiletten einführen?

Ohne dass sich im Bewusstsein dazu etwas ändert, sollte diese Trennung nicht einfach aufgehoben werden. Es sollen sich ja auch alle wohl damit fühlen. Deshalb finde ich die Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit dazu ja so wichtig – der Beitritt zur Lübecker Erklärung ist ein sehr wichtiger Schritt für die Gleichstellung der Geschlechter.

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