Leitartikel

„So sieht Klimawandel aus“

So sieht Klimawandel aus

So sieht Klimawandel aus

Kopenhagen
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Mehr als 620.000 Menschen sind laut UNICEF von den Überschwemmungen im Südsudan betroffen. Foto: Jan Garup/ UNICEF

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Afrika erlebt derzeit Dürre- und Überschwemmungskatastrophen zugleich. Allmählich sollte allen klar sein, dass die Zeit des Zögerns beim grünen Umbau schon lange vorbei sein sollte, meint Walter Turnowsky.

Es ist noch nicht einmal ein Floß, auf dem die Familie den Fluss hinuntertreibt. Aus ein wenig Brennholz und einer Plane haben sie sich ihr behelfsmäßiges Transportmittel zusammengebaut. Sie fragen den dänischen Fotografen Jan Grarup, der das Bild aufgenommen hat, wo trockenes Land ist. Er kann ihnen nichts Ermutigendes berichten: 200 Kilometer ist er den Sobat-Fluss aufwärts gefahren – und überall nur Wasser.

Der Südsudan erlebte im vergangenen Herbst die schlimmsten Überschwemmungen seit 60 Jahren. Eine Fläche der Größe Frankreichs ging unter. In diesem Jahr droht es noch schlimmer zu werden.

Weiter östlich: das gegenteilige Problem. Afrikas Horn erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. 1,7 Millionen Kinder könnten diesen Winter verhungern, so die Kinderorganisation der Vereinten Nationen, UNICEF.  

Die Ursache der Häufung dieser Wetterextreme ist der Klimawandel, da ist sich die meteorologische Weltorganisation WMO sicher. Dort, wo es trocken ist, wird es trockener; und dort, wo Überschwemmungen drohen, werden die Niederschläge häufiger.

Bei einem Anteil von nur zwei bis drei Prozent am Ausstoß der Klimagase bekommt Afrika einen sehr viel größeren Anteil der Folgen ab. Verhindern lassen sich weitere und schlimmere Katastrophen nicht mehr. Dafür haben wir in der westlichen Welt beim Einsatz gegen den Klimawandel viel zu lange gezögert.

Jetzt muss jedoch mit dem Zögern endgültig Schluss sein. Jeden Tag, den wir warten, weil es ja nur nicht zu schnell gehen darf, verstärken wir kommende Dürre- und Überschwemmungskatastrophen. Gerade weil wir spät dran sind, müssen wir beim grünen Umbau noch mehr Gas geben. Um Klimaanpassungen werden wir jedoch selbst beim entschiedensten Einsatz nicht umhinkommen.

Es ist natürlich vollkommen klar, dass Dänemark allein nur wenig erreichen kann. Das darf jedoch nicht länger als Entschuldigung dienen. Wie COP27 in Ägypten erneut gezeigt hat, dürfen wir nicht erwarten, dass die Lösungen von den UN-Klimagipfeln kommen werden. Vielmehr braucht es „Koalitionen der Willigen“, die bereit sind, den Weg zu weisen. Ein naheliegender Partner ist die deutlich größere Bundesrepublik.

Das Ziel Dänemarks, den CO₂-Ausstoß bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 70 Prozent zu reduzieren, war vor vier Jahren ambitioniert und richtig. Doch muss es auch umgesetzt werden, und vieles sind bislang noch Absprachen auf einem Stück Papier.

Fotos, wie das von Grarup, sollten bei den laufenden Regierungsverhandlungen eigentlich permanent auf dem Tisch liegen – gerne mit der zusätzlichen Information, dass er an einem einzigen Tag hundert solcher Familien begegnet ist. Denn letztlich ist es egal, ob die Regierung in Kopenhagen breit oder schmal, links, rechts oder Mitte wird, wenn sie das Problem des Klimawandels nicht mit neuer Energie und Entschiedenheit angeht.
 

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