Demokratiefestival

Botschafter über Folkemøde: Schade, dass wir so etwas in Deutschland nicht haben

Botschafter über Folkemøde: Schade, dass wir so etwas in Deutschland nicht haben

Botschafter: Schade, dass wir es in Deutschland nicht haben

Allinge
Zuletzt aktualisiert um:
Interview mit Ostseehintergrund: Pascal Hector spricht mit dem „Nordschleswiger“. Foto: Lasse Rodewald, Deutsche Botschaft

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Der deutsche Botschafter, Pascal Hector, hat beim Folkemøde auf Bornholm ein straffes Programm gehabt. Im Interview mit dem „Nordschleswiger“ erklärt er, warum es für ihn wichtig ist, an dem Demokratiefestival teilzunehmen.

Es ist das zweite Mal, dass der deutsche Botschafter in Kopenhagen, Pascal Hector, am Folkemøde in Allinge teilnimmt. In diesem Jahr mit einem noch strafferen Programm. Doch auch für eine zufällige Begegnung mit Außenminister Lars Løkke Rasmussen (Moderate) an einer Bar blieb Zeit.

Nach einer Diskussion mit dem französischen Botschafter Christophe Parisot, zieht er gegenüber dem „Nordschleswiger“ Resümee. Der Stimmung des Folkemødes entsprechend fand das Interview locker auf Felsen sitzend statt.

Herr Hector, wieso ist es wichtig, für Sie als deutscher Botschafter in Allinge dabei zu sein?

„Es ist in der Tat sehr wichtig für mich hier zu sein, weil es schon ein ganz außergewöhnliches Ereignis ist, was wir ja in Deutschland in dieser Form nicht haben. Es ist eine Gelegenheit, bei dem man viele Leute, die sehr einflussreich in der Meinungsbildung in Dänemark sind, treffen kann. Wo man auch zu ganz normalen dänischen Bürgerinnen und Bürgern sprechen kann. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass ich hier die Gelegenheit habe, an insgesamt acht Panels (Diskussionsgruppen, Red.) teilzunehmen und über das Interview, das ich Ihnen geben darf. Das ist schon ein Outreach, wie man ihn sonst auch als Botschafter nur selten hat.“

Wie sind die Panels gelaufen? Wie waren die Reaktionen?

„Sie sind wirklich gut besucht. Das letzte Panel war ja mit ‚Politiken‘, der großen Tageszeitung, zur deutsch-französischen Rolle in Europa, angesichts des Ukrainekrieges. Das war sehr, sehr gut besucht. Ich glaube, es war ein sehr interessiertes Publikum nach der Zahl der Fragen zu urteilen.“

Pascal Hector im Gespräch mit Christophe Parisot; es moderiert Karin Axelsson, EU-Korrespondentin bei „Politiken“. Foto: Walter Turnowsky

Wenn Sie jemandem diese Veranstaltung beschreiben sollten, die oder der sie nicht kennt, was würden Sie sagen?

„Es ist ein Treffen, bei dem Politikerinnen und Politiker mit Bürgerinnen und Bürgern zusammenkommen, und zwar so, dass die Bürgerinnen und Bürger mit den Politikerinnen und Politikern sprechen können. Von Angesicht zu Angesicht sprechen können – ohne die Unnahbarkeit, die oft mit großen öffentlichen Veranstaltungen verbunden ist. Denn es ist zwar ein riesiges Ereignis, aber doch so, dass es sich in viele kleine Einzelveranstaltungen aufteilt. Selbst hochrangige Politiker, ich denke etwa an den Außenminister Lars Løkke Rasmussen gestern (Donnerstag), können gut nahbar bleiben. Jede und jeder kann sich an ihn wenden, und das ist, glaube ich, etwas sehr Wertvolles für eine Demokratie.“

In welcher Weise ist das wertvoll für eine Demokratie?

„Weil es hilft, diese Distanz zu überwinden, die man gemeinhin zu Politikerinnen und Politikern hat. Die einzelne Bürgerin und der einzelne Bürger können sich direkt an den eigenen Volksvertreter wenden – ohne lange Prozeduren und Verfahren. Das ist schon etwas sehr Wertvolles, weil es eine unmittelbare Beziehung zu den Volksvertretenden schafft.“

Welche Bedeutung hat es für die Form der Debatten, wenn man sie zum Beispiel mit Fernsehdebatten vergleicht?

„Es ist viel unmittelbarer. Man hat zum Beispiel die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Es ist eben schon ein Unterschied, ob ich jemanden im Fernsehen sehe, was man ja kennt von Tausenden von Politikerinterviews oder Talkshows, oder ob man jemanden ganz unmittelbar in zehn oder fünf Meter Entfernung sieht, und eben selbst auch einmal eine Frage stellen kann.“

Nach dem offiziellen Teil war noch Zeit für Unterhaltung. Pascal Hector rockte mit, als der Parteichef der Liberalen Allianz, Alex Vanopslagh, sich als DJ outete. Foto: Walter Turnowsky

Sie sind ja in Ihrer professionellen Funktion als Botschafter hier. Würden Sie auch Privatleuten empfehlen, herzufahren, um sich das anzusehen?

„Ja, unbedingt! Den Däninnen und Dänen sowieso, weil es sie ja ganz unmittelbar betrifft. Aber auch für Deutsche könnte ich mir durchaus vorstellen, dass es interessant ist, einfach um zu sehen, was es so alles gibt auf der Welt und wie schade es eigentlich ist, dass wir das in Deutschland nicht haben. Ich verstehe natürlich, was mögliche Gründe sind. Es würde schnell unhandhabbar groß werden, wollte man in einem Land mit so vielen Einwohnern, etwas Vergleichbares organisieren. Aber es ist eigentlich schade, dass wir das in Deutschland nicht haben.“

Mehr lesen