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Kritik an Zusatzstoff Titandioxid in Kinderzahnpasta

Kritik an Zusatzstoff Titandioxid in Kinderzahnpasta

Titandioxid in Kinderzahnpasta

Apenrade/Aabenraa
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Zahnpasta mit Titandioxid
Titandioxid ist bei dieser Zahnpasta in der Liste der Inhaltsstoffe zu finden. Foto: Gerrit Hencke

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Es versteckt sich hinter „CI 77891“ oder „E171“: Titandioxid. Die deutsche Zeitschrift „Öko-Test“ fand kürzlich heraus, dass der als erbgutschädigend geltende Zusatzstoff noch immer in Kinderzahnpasta zu finden ist. Zwar ist er in Lebensmitteln EU-weit verboten, nicht aber in Pflegeprodukten. Worauf Verbraucherinnen und Verbraucher achten sollten.

Die Industrie liebt Titandioxid (TiO2), denn mit dem Zusatzstoff lassen sich zahlreiche Produkte aufhellen. Zahncremes werden durch ihn weißer, und auch der Mozzarella wird heller. Zwar ist er in der EU seit August 2022 als Inhaltsstoff in Lebensmitteln verboten – für Pflegeprodukte wie Kosmetika oder Zahnpasta gilt das allerdings nicht.

Die deutsche Zeitschrift „Öko-Test“ fand kürzlich heraus, dass der Stoff noch immer in zahlreichen Kinderzahnpasten teilweise bekannter Marken zu finden ist. Produkte, die auch in dänischen Supermärkten liegen. Dabei sieht die Redaktion vor allem das Problem darin, dass gerade kleine Kinder den Zahnpastaschaum häufig noch hinunterschlucken. 

Warum das gefährlich sein könnte? Titandioxid steht im Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein. So kann der Stoff etwa die Darmflora schädigen, wie eine Studie der Universität von Sidney zeigt. Tierversuche mit Mäusen hatten gezeigt, dass der Stoff die Darmflora beeinflussen und so im Darm Entzündungen befeuern kann, die Krebs auslösen können. Beim Menschen könnten sich bestehende Darmerkrankungen durch Titandioxid verschlechtern, so die Forscherinnen und Forscher.

Wird Titandioxid als Nanopartikel verwendet, ist dies besonders kritisch zu sehen. Denn die winzigen Partikel können sich im Körper verteilen und in bestimmten Organen anreichern. Welche langfristigen Folgen das haben kann, ist noch weitgehend unerforscht. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hatte Titandioxid für den Lebensmittelbereich daher im Frühjahr 2021 als nicht mehr sicher eingestuft.

Der Verbraucherschutz in Dänemark (Forbrugerrådet Tænk) warnt ebenfalls vor Titandioxid und gibt Tipps, wie man ihn identifizieren und vermeiden kann. Eine unvollständige Liste, welche Kinder-Zahncremes den Stoff nicht enthalten, hat der Rat veröffentlicht. Allerdings sei es häufig so, dass die Produkte dann auch kein Fluorid enthalten würden.

  • Jordan Kids 0-5 years
  • Jordan Junior 6-12 years
  • Jordan Green clean junior 6+ years
  • Colgate Smiles kids 0-5 år
  • Colgate Smiles junior 6+

Ob Zahncremes Titandioxid enthalten, lässt sich aber nicht nur im Laden überprüfen, sondern auch im Netz. Auf mundfrisk.dk etwa, einem Versandhandel für Zahnpasta, ist in der Regel aufgelistet, welche Stoffe enthalten sind. Der Verbraucherschutz empfiehlt darüber hinaus die eigens entwickelte App „Kemiluppen“. Hier können Verbraucherinnen und Verbraucher über 15.000 Produkte auf ihre Zutatenliste hin überprüfen. Dafür muss der Strichcode auf dem Produkt eingescannt werden. Anschließend erhält man eine Bewertung auf einer dreistufigen Skala. Sind die chemischen Inhaltsstoffe unbedenklich, erhält das Produkt die Kategorie A. Fällt es in die Kategorien B und C, lohnt ein genauerer Blick.

Fünf Marken-Zahncremes erhalten ein „Ungenügend“

„Öko-Test“ hatte 24 Zahncremes für Kinder bis sechs Jahre untersucht. In fünf davon fand sich der Zusatzstoff, der sich oft unter dem Kürzel „CI 77891“ oder der englischen Bezeichnung „titanium dioxide“ versteckt. Die Testerinnen und Tester raten vom Kauf der Produkte ab und nennen es „unverantwortlich“. Und so bekamen fünf Produkte namhafter Hersteller ein „ungenügend“:

  • Blend-A-Med Blendi Gel, Erdbeergeschmack
  • Odol-Med 3 Erste Zähne
  • Odol-Med 3 Milchzahn, Milde Minze
  • Putzi Kinderzahngel

„Die Erfahrung lehrt: Beim Zähneputzen verschlucken Kinder Zahnpasta – kleine Kinder mehr, große Kinder weniger. Darum haben wir kein Verständnis dafür, dass 5 von 24 ab dem Babyalter ausgelobte Kinderzahncremes im Test den problematischen weißen Farbstoff Titandioxid enthalten. Der Stoff steht schon seit bald zwei Jahren in der Kritik, weil sich nicht ausschließen lässt, dass er das Erbgut schädigt“, so „Öko-Test“.

Auf die Inhaltsstoffe achten

Auch weitere, nicht getestete, Zahncremes enthalten Titandioxid – etwa die von „Nenedent“. Tatsächlich können verschiedene Produkte ein und desselben Herstellers den Stoff enthalten oder nicht. So wurde etwa die „Putzi Zahncreme für Kinder“ im gleichen Test mit „sehr gut“ bewertet, während das Kinderzahngel des Herstellers durchfiel. Hier ist der Blick auf die Liste der Inhaltsstoffe im Zweifel sinnvoll.

Zahnpasta mit Titandioxid
Titandioxid versteckt sich hier als „CI 77891“ Foto: Gerrit Hencke

Auswirkungen umstritten

Schaut man auf die Webseite von „Oral B“, so ist dem Hersteller die Diskussion um die Bedenken zu Titandioxid nicht entgangen. „Auch wenn es Diskussionen über Titandioxid gibt, ist die Weise, wie es in Zahnpasta angewendet wird, unproblematisch.“ Die Verwendung sei im Hinblick auf die EU-Regularien sicher. 

Doch es gibt auch Expertinnen und Experten, die den Stoff in Zahnpasta für unbedenklich halten. Einer ist Dr. Peter Wöhrl von der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der LMU München. Er sagte dem „Bayerischen Rundfunk“ (BR): „Es hilft einmal, dass wir den Belag und die Verfärbungen besser wegkriegen. Und zum anderen für die Farbe. Krebserregend ist es dann, wenn man die Nanopartikel einatmet. Das ist durch die Zahnpasta nicht gegeben. Da kann ich Entwarnung geben.“

Zwar gilt in der Kosmetik Titandioxid als unbedenklich, da es nicht über die Haut aufgenommen wird, den Einsatz in Kinderzahnpasta stuft, anders als Wöhrl, der Experte Gerhard Rogler aber als kritisch ein. Er ist Professor für Gastroenterologie am Universitätsspital Zürich und warnt schon seit Jahren davor. Für Kinder sei es insofern bedenklich, weil sie den Stoff über die Paste aufnehmen würden.

Wer ein Produkt zu Hause hat, der müsse es nicht gleich wegwerfen, sagt der dänische Verbraucherschutz. Doch wer Zweifel habe, der solle künftig auf eine Alternative ausweichen. 

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