Vor 100 und vor 50 Jahren

Chronik: Von Bischofsweihe bis Zeitungsstreik

Chronik: Von Bischofsweihe bis Zeitungsstreik

Chronik: Von Bischofsweihe bis Zeitungsstreik

Jürgen Ostwald
Jürgen Ostwald Freier Mitarbeiter
Nordschleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Herrmann Bang
Hermann Bang, siehe Eintrag vom 13. April 1923 Foto: Litteratursiden

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Was hat im April vor 100 und vor 50 Jahren für Schlagzeilen gesorgt? Jürgen Ostwald hat im Archiv die Zeitungen durchforstet und aufgelistet, was die Menschen 1923 und 1973 bewegt hat.

Vor 100 Jahren – Sonderburger Zeitung

Donnerstag, 5. April 1923

Der „Kladderadatsch“, der es sich zur besonderen Aufgabe gemacht hat, in oft freimütiger, aber stets echt vaterländischer weise zu den Ereignissen Stellung zu nehmen, bringt auf der Titelseite das Bild der Mutter Germania, wie es unter einer Doppeleiche sitzend ihre beiden Töchter Schleswig und Holstein sorgend umfängt und auf der zweiten Seite dazu prächtige Worte von Paul Warncke, von denen wir folgendes anführen:

Ihr, geküsst von zweien Meeren,
Edle Gau´n im deutschen Nord.
Spiegel hoher Mannesehren,
Deutscher Treue Halt und Hort.
Mag´ der Sturm euch rauh umwehen,
Fremde Gier sich heiser schrei´n -
Euer Recht, es bleibt bestehen,
Ewiig ungeteilt zu sein!

Ewig ungeteilt ihr beide,
Ewig ungetrennt wir drei!
Ob in Freude, ob im Leide,
Ewig deutsch und ewig frei!
Haltet aus, bis neu der schöne
Morgen uns des Glückes tagt.
Ihr, der starken Männer Söhne,
Die der Freiheit Kampf gewagt.

Das 1848 gegründete politisch-satirische Wochenblatt erschien in Berlin bis 1944, hatte aber seine beste Zeit (nämlich die Zeit Bismarcks) 1923 längst hinter sich. 100 Jahre lang bestimmte das nationalpolitische Moment der Erhebung die Erinnerungskultur in Schleswig-Holstein, wie es auch die Verse von 1923 ausdrücken; heute rückt das demokratische Moment der 48er-Revolution, das die Erhebung auch mitbestimmte, in den Vordergrund. Paul Warncke war seit 1909 Redakteur des Satireblattes. Sein Schleswig-Holstein-Gedicht, das in Berlin zum Abdruck kam und von dem unsere Zeitung nur zwei Strophen brachte, war sehr lang. Warnckes Poesie-Manufaktur war überwältigend, ungezählte Gedichte entströmten seiner Feder. Um nicht allzu viel Stoff für ein negatives Urteil über Warnckes poetische Fähigkeiten zu geben, verzichten wir auf den vollständigen Abdruck seiner Erhebungs-Verse.

Kladderadatsch
Das Titelblatt der Berliner Satirezeitschrift „Kladderadatsch“ vom März 1923 Foto: Universitätsbibliothek Heidelberg

Dienstag, 10. April 1923

Einreiseverweigerung für Wilhelms II. Gattin

Wie die „Greizer Zeitung“ meldet wurde von der Regierung die Gattin des ehemaligen deutschen Kaisers, der Prinzessin Hermine von Reuß, die ihre Kinder in Greiz besuchen wollte, die Einreise nach Deutschland nicht bewilligt, und zwar auf Grund des Verbannungsparagraphen des Gesetzes zum Schutze der Republik.

Nach dem Tod seiner Gemahlin Auguste Viktoria aus dem Hause Sonderburg-Augustenburg im Jahre 1921 heiratete der exilierte Ex-Kaiser Wilhelm II. 1922 die knapp 30 Jahre jüngere Hermine Prinzessin von Reuß ältere Linie verwitwete Schönaich-Carolath. Durch die Heirat war ihr die Einreise nach Deutschland durch Reichsgesetz verwehrt. Die immer zahlreicher werdenden Völkischen in Thüringen hätten sich über die Anwesenheit der Greizer Fürstin sicherlich gefreut. Denn in ihrem Antisemitismus ließ sie sogar ihren Gatten hinter sich.

Wilhelm II. und Hermine
Der ehemalige Kaiser Wilhelm II. hatte ein halbes Jahr zuvor, am 22. November 1922, die verwitwete Prinzessin zu Schönaich-Carolath geheiratet. Foto: Museum Huis Doorn, Niederlande

Freitag, 13. April 1923

Vom Schlossmuseum Sonderburg

Die Schwester Herman Bangs, Frau Holst-Kopenhagen, hat dem hiesigen Schlossmuseum den Silberkranz überwiesen, den Herman Bangs Freunde in Neuyork 1912 übersandten. In der Mitte des Kranzes befindet sich eine Silberplatte mit dem Wappen der Vereinigten Staaten und der dänischen Inschrift: „An Herman Bang von Dänen in Neuyork, 29. Januar 1912.“ Unter dem Kranz befindet sich eine zweite Silberplatte mit der Inschrift: „Von Herman Bangs treuen Freunden in Neuyork. Januar MCMXII.“ Der Kranz hat in der Kunstsammlung seinen Platz neben Ingeborg Plockroß-Irmingers großer Bronzebüste von Hermann Bang gefunden.

Ingeborg Plockroß-Irminger ist eigentlich jedermann bekannt: Denn berühmt wurde sie durch ihre ungezählten kleinen Kinder und Kindergruppen aus Porzellan, die von Bing & Gröndahl sowie der Königlichen Porzellanmanufaktur über Jahrzehnte hin gefertigt wurden und so auch in Nordschleswig die Kommoden und Sammelborde füllten. Sie schuf auch 1902 das Porträt Herman Bangs, in jenem Jahr in dem Thomas Mann in einem Brief schrieb: „Ich lese jetzt beständig Herman Bang, dem ich mich tief verwandt fühle.“

Nach dem Porträtentwurf der Bildhauerin wurde die Bronze in Sonderburg geschaffen und ebenso auch weit später die große Bronzebüste für das Denkmal auf dem Kopenhagener Sankt Annæ Plads, das am 20. April 2012 eingeweiht wurde. Der 20. April ist der Geburtstag Herman Bangs, im Jahre 1857 wurde er bekanntlich in Atzerballig als Sohn des dortigen Pfarrers geboren. Der Todestag ist der 29. Januar 1912.

Herman Bang war 1912 auf einer Lesereise durch die USA. Englisch konnte er nicht, wohl aber neben Dänisch Deutsch und Französisch. Von New York aus war er Mitte Januar mit dem Zug aufgebrochen, sein Ziel war San Francisco. Auf seiner letzten Reise hatte er auch den heute wohl immer noch in Sonderburg verwahrten Ehrenkranz im Gepäck. Dieser Kranz war das letzte Geschenk, das man ihm gemacht hat. Nach dem Tod Herman Bangs ging das New Yorker Geschenk in den Besitz von Nina, Herman Bangs Schwester, über. Sie war verheiratet mit dem Gutsverwalter Holst. Ein Foto des Ehrenkranzes konnten wir leider nicht beibringen.

Herrmann Bang
Herman Bang Foto: Litteratursiden

Dienstag, 17. April 1923

Die Einführung des Bischofs Ammundsen fand am Sonntag in der Marienkirche in Hadersleben statt. Das schöne Gotteshaus war bis auf den letzten Platz gefüllt. Alle Gemeindevertretungen des Bistums, das bekanntlich die östliche Hälfte Nordschleswigs mit Kolding und Vejle umfasst, hatten Abordnungen entsandt. An der Feier nahm auch Kirchenminister Appel teil. Vormittags zehn Uhr bewegte sich unter Führung des Bischofs ein feierlicher Zug aller Pröpste und vieler Pastoren des Bistums vom Pastorat zur Kirche, wo Plätze im Chor bereitgehalten waren. Pastor Mathiesen-Hadersleben sprach ein kurzes Eingangsgebet, und dann predigte Bischof Ammundsen über den Tagestext, das Gleichnis vom guten Hirten. Am Schlusse seiner Predigt betont Bischof Ammundsen, dass er nicht als Anhänger einer besonderen Richtung an diese Stelle berufen worden sei. Seine Hoffnung sei, dass er das christliche Leben fördern werde. Er bekannte sich zum dänischen Volk, dem er entsprossen und betonte, dass seit seiner Kindheit Nordschleswig seine Gedanken erfüllt hätte. Die Geschichte habe es mit sich geführt, dass hier im Grenzlande Menschen leben, die einem anderen Volke zugehören. Es sei sein Wille und sein Hoffen, dass er auch diesen dienen könne, und er hoffe das, da auch sie der lutherischen Kirche angehören und da er sich viel in der Sprache geübt habe, in der sie am liebsten das Evangelium hören möchten.

Die Bischofsweihe des 48-jährigen Valdemar Ammundsen war wohl damals das wichtigste und folgenreichste kirchenpolitische Ereignis in Nordschleswig. Aus deutscher Perspektive ist die Gründung der deutschen „Nordschleswigschen Gemeinde“ im voraufgegangenen Monat diesem Ereignis zur Seite zu stellen, wenn auch nicht zu vergleichen. Ammundsen war seit 1901 Kirchengeschichtler an der Kopenhagener Universität und hatte namentlich durch seine Friedensarbeit politisch-theologische Kontakte in ganz Europa. Seine Predigt, die in den dänischen Zeitungen Nordschleswigs natürlich abgedruckt wurde, ging mit ausgestreckter Hand auch auf die Deutschen Nordschleswigs zu.

Zu den deutschen vier Stadtpastoren war das Verhältnis gut, zur Nordschleswigschen Gemeinde von Anfang an getrübt. Die betont nationalistisch-rechtskonservative Ausrichtung der Neugründung, die auch die seelsorgerliche Arbeit mitbestimmte, unter politischer Leitung von Johannes Schmidt-Wodder, war das unüberwindliche Hindernis. Man kann es auch daran ermessen, dass die Stadtpastoren später alle der Bekennenden Kirche angehörten (zu Pastor Bade-Apenrade hatte Ammundsen ein fast freundschaftliches Verhältnis), die der Nordschleswigschen Gemeinde den „Deutschen Christen“. Den ersten Pastor der Nordschleswigschen Gemeinde, Fritz Gottfriedsen (1895-1982) werden wir zehn Jahre nach 1923 nicht nur bei den „Deutschen Christen“ finden, sondern bald auch als Mitarbeiter im berüchtigten Eisenacher „Entjudungsinstitut“.

Montag, 23. April 1923

Hadersleben. Auf das stattliche Alter von 340 Jahren kann die hiesige Hirsch-Apotheke zurückblicken. Wurde sie doch, wie alte Urkunden beweisen, bereits im Jahre 1583 privilegiert. Sie dürfte eine der ältesten Apotheken des Landes sein. An den Wänden des geräumigen Flurs der Hirsch-Apotheke hängen, in Oel gemalt, die Bildnisse der einstigen Besitzer aus vergangenen Jahrhunderten.

Es handelt sich um jene Gemälde, die 2019 im Kopenhagener Auktionshaus Bruun Rasmussen angeboten wurden. Ute Levisen hat in unserer Zeitung am 24. Oktober 2019 über die Auktion und den Erwerb der Porträts durch das Haderslebener Museum berichtet und einige Porträts vorgestellt.

Mittwoch, 25. April 1923

Professor Schücking und die deutsch-dänische Grenze

Der bekannte Rechtsgelehrte Professor Schücking, der in diesen Tagen in Kopenhagen weilt, hat bei seiner Ankunft in der dänischen Hauptstadt einem Vertreter von „Politiken“ ein Interview gewährt und sich bei dieser Gelegenheit auch darüber ausgelassen, wie die Stimmung in Deutschland gegenüber Dänemark sei. Professor Schücking sagte:

Alle verständigen Menschen erkennen Dänemarks rechtliche und loyale Haltung in der Grenzfrage an. Ich habe während meines ganzen Lebens die törichte und wahnsinnige Preußenpolitik in Nordschleswig bekämpft. Als Mitglied des Instituts für Internationales Recht traf ich einmal in Christiania vor dem Kriege Herrn Vedel von Ihrem Außenministerium. Er dankte mir für meine Reden gegen das Auftreten meiner Regierung in Schleswig. Er zeigte mir, ein wie großer Bruchteil der dänischen Nordschleswiger von dem dänischen Volke sind, ein wie kleiner von dem deutschen. Mit Freude und Bewunderung habe ich die dänische Mäßigung in der Grenzfrage und die kluge Politik in dem wiedererworbenen Landesteil gesehen. Ich kann nicht einsehen, was ein ruhiges, vertrauenswürdiges und gutes Verhältnis zwischen unsern Ländern hindern könnte, und in fast allen deutschen Kreisen denkt man wie ich.“

Wir bedauern ganz außerordentlich, dass Professor Schücking sich in diesem Sinne über die Grenzfrage geäußert hat. Seine Ausführungen beweisen, dass er den Dingen äußerlich wie innerlich fernsteht und dass er dem schleswig-holsteinischen Problem, mit dem die nordschleswigsche Frage für alle Zeiten verbunden ist, nie etwas erfahren hat. Wir nehmen die Ausführungen Professor Schückings nicht weiter tragisch. Wir haben schon oft genug erlebt, dass die Dänen fernstehenden Deutschen Auslassungen über die Grenze entlockt haben, die sie nachher für ihre Zwecke zu verwenden wussten. Dass solche Äußerungen dem im harten Kampf stehenden Deutschtum in den Rücken fallen, sei nur nebenbei erwähnt.

Walther Schücking (1875-1935) war als Jurist und Politiker damals eine bekannte Persönlichkeit in Deutschland und darüber hinaus. Als Professor in Marburg (fast zwei Jahrzehnte bis 1920) war er mit Martin Rade befreundet, dem Herausgeber der viel gelesenen und einflussreichen „Christlichen Welt“, die auch nordschleswigsche Mitarbeiter hatte und die die Nordschleswig-Frage vor dem Krieg gründlich zum Thema gemacht hatte. 1926 bis 1933 war Schücking Hochschullehrer in Kiel. Sein Renommee half dabei, dass er 1930 als erster deutscher Richter an den Ständigen Internationalen Gerichtshof in Den Haag berufen wurde.

Ganzfiguriges Porträt Walther Schücking
Walther Schücking war einer der sechs deutschen Hauptdelegierten bei den Versailler Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg und bis 1928 Mitglied des Reichstages. Foto: Universitätsbibliothek Münster

Montag, 30. April 1923

Hadersleben. Professor Reinhold Macke ist, 77 Jahre alt, in Wiesbaden plötzlich am Herzschlag verschieden. Der Verstorbene war jahrelang am hiesigen Gymnasium tätig. Das Vertrauen seiner Mitbürger übertrug ihm zahlreiche Ehrenämter. Er war u. a. Stadtverordneter, Vorsitzender des Deutschen Vereins, viele Jahre Vorsitzender des Bürgervereins. Als Vorsitzender des Deutschen Vereins für das nördliche Schleswig galt sein Kampf niemals der mitten unter uns wohnenden dänischen Bevölkerung. Schwer lastete auf diesem warmherzigen Vaterlandsfreund die Abtretung Nordschleswigs, der unsagbar schwere Druck, den Feindesgier herbeiführte. Das Andenken an diesen edlen Mann mit dem goldenen Herzen, das bisher in unserer Stadt warm und lebendig gehalten wurde, wird, so schreibt die „Haderslebener Zeitung“, bei seinen Freunden und früheren Schülern niemals erlöschen!

Der Nachruf auf Macke zeigt das damals übliche politische Muster der historischen Einschätzung, die in ihrer Fehlwahrnehmung sogar von „der mitten unter uns wohnenden dänischen Bevölkerung“ spricht, wie wenn es sich um eine marginale Gruppe handelt. Die deutliche antidänische Stoßrichtung des Deutschen Vereins, dessen Vorsitzender Macke vor 1900 war, ist unbestritten, sie war der Sinn der Gründung.

Macke wurde 1846 in Sorau in der Lausitz (heute polnisch Zary) geboren und studierte in Greifswald klassische Philologie. Seine Lehramtsprüfung bestand er im Deutschen, Lateinischen, Griechischen und Französischen. Die erste dauerhafte Stelle fand er an der Kadettenakademie in Plön, an der später die Kaisersöhne erzogen werden. Von 1885 bis 1909 war er als Oberlehrer in Hadersleben tätig. Zu den römischen Eigennamen bei Tacitus veröffentlichte er während seiner Haderslebener Zeit Studien. Er war der „Erfinder“ des Bismarck-Denkmals auf dem Knivsberg. Ursprünglich sollte nämlich eine bronzene Germania mit ihren Schützlingen Holstein und Schleswig den Berg zieren.

Vor 50 Jahren – Der Nordschleswiger

Mittwoch, 11. April 1973

Gruß und Dank an die Leser

Am Mittwoch, dem 21. März erschien „Der Nordschleswiger“ zum letzten Mal vor dem Streik. Heute, am 11. April, ist er wieder da. Dazwischen liegt der große Arbeitskonflikt. Er traf den „Nordschleswiger“ mit unerbittlicher Härte genau so wie fast alle anderen Zeitungen des Landes. Gewerkschaften und Arbeitgeber führten ihre Kampfmaßnahmen mit geradezu pedantischer Strenge durch. Es konnte seit dem Abend des 20. März bis zum Morgen des 10. April keine einzige Zeile gesetzt werden.

Die Ausgabe der „Nordschleswiger“, die heute auf den Markt kommt, ist aus diesen Gründen im Umfang nicht größer als eine normale Ausgabe. Was sich in den 20 Tagen des Konflikts in der Heimat und in der weiten Welt zugetragen hat, kann daher schlicht nicht in einer Ausgabe nachgetragen werden.

In den folgenden Tagen versuchte unser Blatt, das eine oder andere nachträglich einzurücken. Aber nicht dies: dass nämlich die Karten im Vorverkauf für die Spiele der Fußballweltmeisterschaft im Sommer des nächsten Jahres, also 1974, bereits am ersten Tag, also zu Beginn des Vorverkaufs, ausverkauft waren. Und das galt für das Finale, das Spiel um den dritten Platz und für alle Spiele der deutschen Mannschaft – alle in wenigen Stunden weg. Der Sieger der Weltmeisterschaft war übrigens, das sei in Erinnerung gerufen, vor heimischem Publikum die deutsche Mannschaft.

Mittwoch, 11. April 1973

Pablo Picasso gestorben

Hochbetagt ist am vergangenen Sonntag Pablo Picasso, der der Kunstwelt als der „bedeutendste Maler der Gegenwart“ gilt, aus seinem Schaffen gerissen worden. Nach Auskunft seines Arztes starb der Künstler an seinem südfranzösischen Wohnort Mougins an einem Lungenödem. Er wurde 91 Jahre alt.

Würdigungen Picassos anlässlich seines 50. Todestages werden an anderer Stelle leicht erreichbar sein. Aber es sei doch hier auf eine vergessene, gleichwohl sehr bemerkenswerte und nur scheinbare Nebensächlichkeit hingewiesen. Franciska Clausen, die Malerin aus Apenrade (1899-1986) und Nordschleswigs bedeutendste Künstlerin, besuchte im Frühjahr 1922, also vor mehr als 100 Jahren, in der Münchener Theatinerstraße die Moderne Galerie Thannhauser. Dort fand damals eine große Ausstellung mit Werken von Pablo Picasso statt. Der Maler hatte die Werke selbst ausgesucht und zusammengestellt. Der Gründer der Galerie, Heinrich Thannhauser, hatte bereits vor dem Ersten Weltkrieg eine Picasso-Ausstellung veranstaltet, daran erinnerte sich der Maler zeitlebens mit Dankbarkeit. Die Ausstellung von 1922 machte auf die junge Malerin einen unauslöschlichen Eindruck. Wir kommen auf dieses Erlebnis, das für Franciska Clausen ein Ereignis wurde, an anderer Stelle zurück.

Franciska Clausen
Franciska Clausen Foto: Florence Henri
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