Vor 100 und vor 50 Jahren

Chronik April: Verschüttete Kirche und wütender Maler

Chronik April: Verschüttete Kirche und wütender Maler

Chronik April: Verschüttete Kirche und wütender Maler

Jürgen Ostwald
Jürgen Ostwald Freier Mitarbeiter
Nordschleswig
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Ein Skandal im berühmten Kopenhagener Ausstellungsgebäude der „Fri Udstilling“ erheiterte nicht nur das kulturelle Hauptstadtpublikum. Man lese mehr unter dem 9. April 1924. Foto: Wikimedia.com

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Die Schlagzeilen von diesem April sind ganz anders als noch vor 100 und vor 50 Jahren. Jürgen Ostwald hat im Archiv die Zeitungen durchforstet und nimmt die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit.

Foto: DN

Dienstag, 1. April 1924

Die bevorstehende Folketingwahl im April mobilisierte alle deutschgesinnten Kräfte und führte zu zahlreichen Versammlungen, auf denen namentlich Johannes Schmidt-Wodder sprach. Hier und da wurden die Versammlungen aufgelockert durch Rezitationen deutscher Lyrik und Gesangsvorträge sowie Theateraufführungen. In der Versammlung in Tandslet gab es sogar zwei Stücke: „Der verschriebene Vetter“ von dem in unserer Chronik schon öfter erwähnten Tonderner Heimatdichter Andresen sowie „Die Bäckerin von Winstein“ von Friedrich Lienhard. 

Lienhards Stück wurde auch auf zahlreichen anderen Wahlversammlungen in Nordschleswig aufgeführt. Er wurde nicht ohne Grund ausgesucht, gehörte Lienhard doch damals zu den meistgelesenen Autoren der deutschen Rechten. Gleichwohl müssen wir hier einschränken, um auch ein Licht auf die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung zu werfen. Lienhard war Jahrgang 1865, seine Schriften wurden besonders vor dem Ersten Weltkrieg gelesen. In seinen „Jugendjahren“ (erstmals 1918 erschienen, 1924 in den „Gesammelten Werken“) heißt es: „Ich las mit leidenschaftlichem Eifer das damals stark wirkende Buch Rembrandt als Erzieher und suchte fortan mit ganzer Kraft, im Gegensatz zum internationalen Naturalismus, ein deutsches Ideal in meinem Dichten und Denken herauszugestalten.“ 

Lienhard entstammte der konservativen Kulturkritik und der Großstadtfeindschaft der Jahrhundertwende, biologischen Antisemitismus lehnte er ab. Seine betonte Gegnerschaft zu Frankreich, besonders nach dem Krieg, entsprang seiner Herkunft, er war Elsässer. (Wie übrigens Langbehn, dessen „Rembrandt“ er gelesen hatte, Däne war, und Alfred Rosenberg, der NS-Philosoph, Balte.) Seine bedeutendsten Einflusszonen waren die Jugendbewegung und das protestantische Bildungsbürgertum, seine Auflagenzahlen erreichten ungeahnte Höhen, und sie hielten nach dem Krieg an. 

Als er 1929 starb, waren die völkisch-nationalistischen Bewegungen, die ihn zu beerben trachteten, über ihn jedoch hinweggeschritten. Seine Leser von 1900/1920, die – auch in Nordschleswig – den Nationalsozialismus hinnahmen, gleichwohl innerlich nicht billigten, blieben ihm treu.

 

Drei Anzeigen zu Wahlversammlungen im Sundewitt Foto: Det Kongelige Bibliotek

Donnerstag, 3. April 1924

Eine verschüttete Kirche

Es besteht der Plan, die durch den Flugsand verschüttete Kirche in Skagen wieder auszugraben. Bisher ragte nur der hohe massive Turm als weithin sichtbares Seezeichen über die Sandfläche hinaus.

Der Turm der sogenannten Alten Kirche von Skagen, die „Lange Maren“, ist bekanntlich eines der bekanntesten Gebäude Dänemarks. Die Natur hatte sich das Kirchengebäude schon lange durch Dünenwanderungen erobert. 1810 wurde das vergleichsweise große Kirchengebäude abgerissen, das Inventar verkauft. Nur der mächtige Turm blieb als Seezeichen stehen. Zahlreiche Sagen und Erzählungen ranken sich um die Geschichte der verschwundenen Kirche. Nicht nur H. C. Andersen vermutete 1859 unter damals noch höheren Dünen eine versunkene Kirche, einen „Steinsarkophag“. Heute sind die Dünen befestigt und wandern nicht mehr, die Ausgrabung der Fundamente wurde 1924 nicht weiterverfolgt.

Der Maler Johannes Wilhjelm (1868-1938), dessen Gemälde von 1910 wir hier zeigen, war nicht der Erste, der sich den Turm zum Motiv wählte, aber in seinen Skagen-Motiven nimmt es einen der ersten Plätze ein, 1916 ließ er sich in Skagen nieder. Wilhjelm beteiligte sich nicht so intensiv wie seine Lehrer-Generation an Ausstellungen in Deutschland. Aber gerade um 1910, als er zuerst in Skagen weilte und das Kirchturm-Bild entstand, begegnet er uns in München. 1909 stellte er auf der 10. Internationalen Kunstausstellung im Glaspalast zwei Genregemälde aus („Eline soll zu Bett“ und „Alte kranke Frau vor ihrem Haus“) und 1913 auf der 11. Internationalen das Gemälde „Ein Gespräch“. 

Skagen-Gemälde von ihm, die er vielleicht eher verkauft hätte, schickte er nicht ein, und er beteiligte sich auch nicht mehr an deutschen Ausstellungen, weil er in München nichts verkaufte. Es waren aber auch 1913 über 3.500 Kunstwerke im Glaspalast, die Liebhaber und Käufer suchten.

 

Johannes Wilhjelm: Die Alte Kirche von Skagen. 1910. Öl auf Leinwand. 94 x 134 cm. Skagens Museum Foto: Skagens Museum

Freitag, 4. April 1924

Eine deutsche Versammlung in Broacker hatte Donnerstagabend reichlich 120 Personen vereint. (…) Herr Pastor Schmidt sprach einleitend seine Freude darüber aus, dass der Besuch der Versammlung den Eindruck verstärke, den er von dem Zusammenleben der Deutschen auf der Halbinsel Broacker gewonnen habe; das sei es, was wir brauchen. Nicht ducken! Offen und ehrlich bekennen, wer wir sind! Herausfordern wollten wir damit nicht, nur als Deutsche uns behaupten. Das brauche das ganze große deutsche Volk, dem seine Feinde das Leben nicht gönnen. Es müsse sein Lebensrecht fordern. Mit dem Versailler Vertrag sei auch das Schicksal Nordschleswigs verknüpft. Das müsse immer wieder betont werden, dass der Schnitt durchs Land und Volk keine rechtliche Entscheidung ist, sondern dass wir mit den anderen von Deutschland abgetrennten Volksteilen, mit denen wir eine Schicksalsgemeinschaft bilden, auf eine neue Entscheidung hoffen. Die Politik Frankreichs in Polen und der Tschechei lasse befürchten, dass es auch von Dänemark Dank für 1920 fordern werde. Dänemark müsse man davor warnen, in Frankreichs Abhängigkeit zu geraten. Von einer Wendung des deutschen Schicksals träumen wir nicht nur, sondern wir glauben daran. (…) Wenn wir Deutschen nicht lernen, groß zu denken von der Zukunft unseres Volkes, dann werde das nichts. (…)

 

Montag, 7. April 1924

Ablehnung der Einrichtung von deutschsprachigen Klassen an den nordschleswigschen Staatsschulen

Der deutsche Schulverein für Nordschleswig hatte in seiner letzten Sitzung beschlossen, beim Unterrichtsministerium in Kopenhagen zu beantragen, dass zu Beginn des neuen Schuljahres eine deutsche Realklasse und ein deutschsprachiger Zug, der bis an die Universität heranführt, bei einer der vier nordschleswigschen Staatsschulen vielleicht zunächst in Hadersleben, eingerichtet werde, weil dort die Mittelschule schon ausgebaut ist und die Frage somit brennend wird.

Auf diese Eingabe hat das Ministerium dem Schulverein geantwortet, dass „das Ministerium sich nicht imstande sieht, deutschsprachige Realklassen oder Gymnasialklassen bei einer der südjütischen Staatsschulen einzurichten“.

Dieser Nachrichtenbeitrag ist mit „K.“ unterzeichnet, stammt also von dem verantwortlichen Redakteur Emil Kühler (Jahrgang 1870! vgl. das oben zu Lienhard Gesagte). Unmittelbar unter dem Beitrag findet sich ein wütender Kommentar, der von anderer Hand stammt und den Schluss zulässt, dass in der Zeitung (und somit der Leserschaft) unterschiedliche Einschätzungen herrschten. Auf die eher liberale Haltung Kühlers (gegenüber seinen Kollegen in Apenrade, Hadersleben und Tondern) haben wir schon früher hingewiesen. Der Text lautet: „In ihrer Auslandspropaganda behauptet die Eiderdänen-Agitation gern, Dänemark unterhalte auch deutsche höhere Schulen in Nordschleswig. Wir Nordschleswiger haben es erfahren, wie zielsicher die dänische Verwaltung unser einst blühendes Schulwesen erdrosselt, sodass ihm nächstens völlig der Garaus gemacht werden wird. Wo wir früher vier höhere deutsche Schulen hatten, darunter zwei Vollanstalten, da will Dänemark uns nicht einmal eine einzige deutsche Realklasse gewähren. So sieht die Schulpolitik der Partei aus, der Exminister H. P. Hanssen angehört, der Mann, der auch auf deutschen Bildungsanstalten Gastfreundschaft genossen hat. Die Antwort auf diesen dänischen Schlag gebe jeder deutsche Nordschleswiger bei der Wahl am 11. April!“

Schulgeschichtlich ist anzumerken, dass die Abbauklassen mit deutschen Schülerinnen und Schülern in den Schulen der vier nordschleswigschen Städte ausliefen und neue Lösungen gefunden werden mussten. Die kommenden Überlegungen führten bekanntlich zur Gründung und zum Neubau des Deutschen Gymnasiums am Haderslevvej in Apenrade.

 

Dienstag, 8. April 1924

Das Ende eines berühmten Kaperschiffes

Das deutsche Kaperschiff „Kronprinz Wilhelm“, das während des Krieges mehr als 25 französische und englische Schiffe vor der amerikanischen Küste versenkte, soll von der Eisen- und Stahlgesellschaft in Boston, in deren Hand sich das Schiff zurzeit befindet, verschrottet werden. Das Schiff war seinerzeit infolge Kesselschadens gezwungen, in New-Port-News vor Anker zu gehen, um den Schaden wieder auszubessern. Die amerikanische Behörde gab dem Schiff 15 Tage für diese Arbeit frei. „Kronprinz Wilhelm“ konnte aber nach Ablauf von zwei Wochen den Hafen nicht verlassen, da sich inzwischen englische Kriegsschiffe vor dem Hafen auf die Lauer gelegt hatten, um das verwegene deutsche Kaperschiff abzufangen. Da das Schiff den Hafen nicht verließ, wurde es von der amerikanischen Regierung interniert und später als Kriegsbeute verkauft.

Die heutige Leserschaft bleibt bei der obigen Meldung uninformiert zurück, „irgendein Hilfskreuzer“ wird er sich, wenn überhaupt, denken. Aber damals wussten die Menschen sogleich Bescheid. Denn die „Kronprinz Wilhelm“ kannten damals alle, sodass unser Redakteur auf jede weitere Beschreibung verzichten konnte. Das Schiff bediente die Transatlantikpassage und gewann das Blaue Band. Das luxuriöse Passagierschiff mit seinen vier Schornsteinen kannte buchstäblich jeder.

 

Die „Kronprinz Wilhelm“ Foto: Wikimedia.com

Mittwoch, 9. April 1924

Ein Kopenhagener Maler-Streit

Der norwegische Maler Karsten, nächst Munch der bedeutendste Vertreter der modernen Malerei in Norwegen, der als Gast in der kürzlich eröffneten Kopenhagener Sezession eine größere Anzahl Bilder ausgestellt hatte, drang dieser Tage, in die erst vor einiger Zeit eröffnete Ausstellung ein und riss in äußerst erregter Stimmung seine Bilder von der Wand, sammelte sie auf dem Boden und wollte sie wegtransportieren lassen. Der telefonisch herbeigerufene Vorstand der Sezession versuchte vergeblich, den erregten Maler zu beruhigen, der selbst durch sein spätes Einsenden der Bilder schuld daran sei, dass er nicht einen eigenen Saal erhalten habe. Der wütende Norweger schrie, dass ihn die Statuten der Sezession nichts angingen und dass seine Bilder nicht wieder in einer Nachbarschaft hängen sollten, deren Anblick ihn schwindelig gemacht und ihm die Frage aufgeworfen habe: Was wohl der liebe Gott mit solchen Malern für eine Absicht gehabt habe? Er sei hier Gast – ein Gast, um dessen Erscheinen man sehr eindringlich ersucht hätte – und wenn er als Gast auf einen Herrensitz käme, erwarte er nicht, einen schnarchenden Mann in dem Bette zu finden, das man ihm anbiete. Es gelang dem Vorstand, Karsten zum Verlassen der Ausstellung zu bewegen, doch schwor der Maler einen Eid, dass er, falls die Bilder wieder aufgehängt würden, sie eigenhändig wieder herunterreißen würde. Und nun wartet Kopenhagen gespannt auf den Ausgang dieses Kampfes.

Der Skandal füllte die Spalten nicht nur der Kopenhagener Blätter. Auch ausländische Gazetten widmeten sich genüsslich der Sache. Sie fand statt in dem berühmten und noch heute bestehenden Ausstellungslokal der „Fri Udstilling“. Ludwig Karsten ist heute in Deutschland und auch in Dänemark allzu unbekannt. Er wurde 1876 als Sohn eines aus Mecklenburg stammenden Architekten im heutigen Oslo geboren und starb 1926 in Paris. Vielleicht wird sein 100. Todestag endlich zu einer Würdigung des brillanten deutsch-norwegisch-dänischen Malers führen. Wir zitieren den kurzen, aber einfühlsamen Nachruf des Berliner Tageblatts von 1926 zur Gänze: „Der dänische Maler Ludwig Karsten ist in Paris, wo er sich vorübergehend aufhielt, kaum 50 Jahre alt, unerwartet gestorben. Er lebte seit vielen Jahren in Kopenhagen, aber seine leidenschaftliche, impulsive Art drängte ihn durchaus ab von der eigentlichen dänischen Kunst. In seinen Anfängen von Gauguin und Edvard Munch beeinflusst, ging seine Kunst zu koloristisch stark bewegten Visionen, von denen eine seiner besten, „Die Kreuzigung“, im Kopenhagener Museum hängt. Aber wie über seinem bohèmehaften Leben liegt auch über seiner Kunst etwas Ruheloses und Unausgeglichenes, was seinen oft genial angelegten Arbeiten die letzte künstlerische Vollendung versagte.“

 

Ludwig Karsten: Golgatha. Gemälde. 1923. 250 x 287 cm. Statens Museum for Kunst, Kopenhagen Foto: Wikimedia.com

Sonnabend, 12. April 1924

Die Ergebnisse der Folketing-Wahl 1924

 

Die Wahl zum Folketing 1924. Der Sieg der Sozialdemokraten in Dänemark war ein bedeutendes Ereignis in der dänischen Politik (Sozialdemokraten 36,6 Prozent, Venstre 28,3, Konservative 18). Fortan bis 2001, also fast 80 Jahre, stellten die Sozialdemokraten jeweils die größte Fraktion im Folketing., wenngleich sie auch nicht immer den Staatsminister stellten. Foto: Det Kongelige Bibliotek

Montag, 28. April 1924

Das Schicksal des Bismarck-Standbildes vom Knivsberg

Wir berichteten jüngst aus Eckernförde, dass die dortige Nordschleswiger-Tagung beschlossen hätte, den Bismarck vom Knivsberg auf dem Schlachtfeld von Bornhöved aufstellen zu lassen. Jetzt bringt die „Schleswig-Holsteinische Landeszeitung“ (Rendsburg) folgenden Bericht über eine Versammlung der Nordschleswigschen Landsmannschaft zu Rendsburg: In der Generalversammlung des Vereins wurde über das Schicksal der Knivsberg-Bismarckstatue endgültig Beschluss gefasst. Die Landsmannschaft der Nordschleswiger e. V. zu Rendsburg ist gesetzliche Eigentümerin der Knivsbergstatue. 

Sie beschloss jetzt, nachdem sie dem Verbande der Vereine heimattreuer Nordschleswiger vergeblich Gelegenheit gegeben hat, mit der jetzigen Eigentümerin der Bismarckstatue eine Neuaufstellung der Statue zu vereinbaren, auf Grund des § 4 des Vertrages mit der Knivsberg-Gesellschaft e. V. Apenrade folgenden Antrag an die Aschbereg-Gesellschaft e. V. in Eckernförde einzureichen: „Die Landsmannschaft der Nordschleswiger e. V. Zu Rendsburg bittet die Aschberg-Gesellschaft e. V. zu gestatten, dass die von der Landsmannschaft betraute Knivsberg-Bismarckstatue gemäß § 1 in den von der Aschberggesellschaft e. V. auf dem Aschberg geplanten Bau eines 28 Meter hohen Turmes so lange eingebaut wird, bis es der Landsmannschaft möglich sein wird, die Statue wieder auf dem Knivsberg im Kreise Apenrade aufrichten zu können.“

Der Beschluss wurde mit sämtlichen anwesenden Stimmen gefasst, und es ist somit endgültig über das Schicksal der Bismarckstatue von deren Eigentümern entschieden.

 

Mittwoch, 30. April 1924

Ferngespräche

Für Ferngespräche nach Deutschland treten mit dem 1. Mai erhöhte Gebühren in Kraft. Im Grenzgebiet (bis zu einer quer durch Schleswig-Holstein laufenden Linie, nördlich der Eckernförde und Friedrichstadt liegen) kostet das einfache Dreiminutengespräch jetzt 3,40 Kronen. Für Gespräche mit Orten der 1. Zone (Kiel, Hamburg und Lübeck einschließlich) werden 8,10 Kronen erhoben, für Gespräche mit Orten der 2. Zone (einschließlich Berlin) 10,80 Kronen, für Gespräche mit dem übrigen Deutschland 13,50 Kronen für das einfache Gespräch. Die Voranmeldungs-Gebühr beträgt 1,35 Kronen.

Zählt man die Kosten für das „Fräulein vom Amt“ und das tatsächliche Gespräch zusammen, wurde es in Nordschleswig nicht gerade billig. Das Modenhaus „Nissen & Petersen Manufaktur und Konfektion“ in Sonderburg machte in unserer Zeitung am selben Tage mit einer Anzeige zum „Mai-Verkauf“ auf sich aufmerksam: Einen Damen-Mantel bekam man ab 19,50 Kronen, ein „Costume“ ab 38 Kronen, ein Mousseline-Kleid kostete 15,50 Kronen, ein Hauskleid 6,80, und ein Kleid aus Wollstoff bekam man ab 14,50 Kronen.

 
Foto: DN

Sonnabend, 13. April 1974

Fritz Reuter – zum 100. Todestag des Heimatdichters

Fritz Reuter gehört zweifelsfrei zu den größten Dichtern des deutschen Volkes aus dem vorigen Jahrhundert. Seines 100. Todestages am 12. Juni zu gedenken, erscheint als Ehren- und Dankespflicht. In Mecklenburg wird er seit 1945, in diesem Jahr mit besonderem Getöse, als ein Vorkämpfer für den Kommunismus gefeiert. In Wirklichkeit kann nichts als Beweis dafür herangezogen werden. Er war ein Vorkämpfer für Wahrheit, Recht und Freiheit. Dabei hat seine christliche Religion seinem Leben und seinen Werken einen wesentlichen Grundzug verliehen.

So beginnt ein Beitrag des damals durchaus bekannten Autors und politischen Journalisten Friedrich-Wilhelm Schlomann über „Fritz Reuter als Christ“. Dass er bereits Monate vor dessen Geburtstag in die Spalten der Zeitung geriet und auch später noch behandelt wurde, zeigt die Wertschätzung des mecklenburgischen Autors. Sie war damals noch hoch, aber nicht so hoch wie noch in den Jahrzehnten zuvor. Wir setzen die Meldung hierher, um darauf hinzuweisen, dass Fritz Reuter auch in Dänemark seinerzeit sehr gelesen wurde. Er war überraschenderweise einer der meistübersetzten deutschen Autoren seiner Zeit im Königreich! Auf diesen merkwürdigen Umstand kommen wir später einmal zurück.

 

Donnerstag, 25. April 1974

Zusammensetzung des Tings Zerrspiegel der Wählerschaft

Folketingsvorsitzender Karl Skytte stellte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz die neue Ausgabe des Folketing-Handbuchs vor. (…) Bei der Durchsicht des Buches zeigt sich, dass die personelle Zusammensetzung nach Alter, Geschlecht, Ausbildung und sozialem Stand in einem krassen Missverhältnis zu den einzelnen Gruppen des Wählervolkes steht. Als gravierendes Beispiel für dieses Missverhältnis verwies Skytte darauf, dass die ungelernten Arbeiter 20 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung ausmachen, aber nur ein Prozent der Folketingmitglieder stellen. Fast ein Drittel der Abgeordneten sind Direktoren oder in leitenden Verwaltungspositionen tätig und ein weiteres Drittel sind Beamte. Diese beiden Gruppen machen rund 60 Prozent der Abgeordneten aus.

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