Landwirtschaft in Nordfriesland

Zwingt neue Agrarpolitik Landwirte in die Knie? Thomas Hansen zum Vorhaben der Grünen-Minister

Zwingt neue Agrarpolitik Landwirte in die Knie?

Zwingt neue Agrarpolitik Landwirte in die Knie?

SHZ
Nordfriesland
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Thomas Hansen aus Viöl ist Vorsitzender beim Kreisbauernverband Husum-Eiderstedt. Foto: Tilman Wrede/shz.de

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Das Bundesministerium für Umwelt hat die neuen Pläne für die Landwirtschaftspolitik vorgestellt. Was das für die Landwirte bedeutet, erklärt der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Thomas Hansen.

Es liegt noch Tau auf dem Feld am Freitagmorgen auf dem Betrieb von Thomas Hansen in Viöl. Der Geruch von Stall, Heu und Kühen sticht sofort in die Nase, die Sonne ist schon am Himmel. Für viele ist dies die Beschreibung eines idyllischen Morgen auf dem Land. Für den Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes Husum-Eiderstedt Thomas Hansen ist es Alltag, der schon früh beginnt. Gerade war der Tierarzt zur Untersuchung da mit einem erfreulichem Ergebnis: „30 der untersuchten 40 Kühe sind tragend, der Bulle im Stall hat gute Arbeit geleistet“, resümiert Thomas Hansen.

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Das Landwirtschafts- und das Umweltministerium sind neuerdings in den Händen der Grünen. Die beiden Ministerien wollen künftig enger zusammen arbeiten und sprechen von eine Neuordnung der Landwirtschaft. Agrarminister Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke stellten am Dienstag auf dem Agrarkongress ihre Pläne für die Landwirtschaftspolitik vor. Kleinere Tierbestände, verbindliche Tierhaltungskennzeichnungen bei Lebensmitteln, Erhöhung des Ökolandanteils und weniger Pestizide – So soll die neue Agrarpolitik aussehen.

Die Neuausrichtung der Agrarpolitik

Doch was genau kommt auf die Landwirte in Nordfriesland zu? Thomas Hansen ist mindestens skeptisch: „Ich weiß nicht wo das hingehen soll. Es kann nicht sein, dass wir alle zwei Jahre eine neue Verordnung vorgelegt bekommen. Wir brauchen Verlässlichkeit, denn wir planen weit im voraus“, sagt Hansen, bevor er sich zu den einzelnen Punkten äußert.

Die verbindliche Tierhaltungskennzeichnung finde der Landwirt sehr gut. Er spreche damit für die Bauern aus seiner Region. „Wir befürworten das, aber dann auch überall. Das ist nämlich das Problem, am Ende steht es nicht auf allen Produkten“, so Hansen weiter und nennt als Beispiel die abgepackte Wurst im Supermarkt. „Auch für Fertigwaren, importiertes Essen oder bei Lebensmitteln in Hotels wird es bisher oft nicht gekennzeichnet.“

Pflanzenschutz und Erhöhung des Ökolandanteils

Erhöhung des Ökolandanteils ist ein weiteres Vorhaben der Minister, was von Nordfrieslands Landwirten kritisch gesehen wird, berichtet Hansen. „Wenn Ökobetriebe ihr Land vergrößern sollen, leiden sie darunter, weil der Markt die Nachfrage nicht bedient. Verbraucher wollen zwar immer mehr Bio, aber dafür nicht tiefer in die Tasche greifen. Wie soll das also finanziert werden, wenn die Nachfrage nicht da ist?“, sagt Hansen. Auch er habe darauf keine Antwort, hoffe aber auf Ergebnisse der Regierung.

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Auch der Einsatz von weniger Pestiziden zur Unkrautbekämpfung stößt auf wenig Begeisterung, denn für den Vorsitzenden ist dieses Thema nicht so einfach umsetzbar. Er störe sich auch an dem Begriff Pestizid, er spreche lieber von Pflanzenschutzmitteln. „ Wir wollen natürlich alle das Beste für die Pflanzen und das Futter, wir bilden uns da weiter und kontrollieren unsere Pflanzen alle 14 Tage.“ Doch am Ende seien die eingesetzten Pflanzenschutzmittel am effektivsten und am günstigsten, um etwa Pilzbefall zu bekämpfen.

Finanzierung sei ein Problem in allen Bereichen

Finanzierung ist immer wieder ein Thema, die Landwirtschaft habe auch stark in der Pandemie gelitten, weil viele Märkte weggebrochen sind, „Das Rad ist durcheinander geraten, durch fehlende Großveranstaltungen fehlen Abnehmer und die Exporte nach China und Japan sind durch die afrikanische Schweinepest weniger geworden“, sagt Hansen. Die Schweinepreise seien deshalb in den Keller gegangen und für viele Landwirte lohne sich das Geschäft nicht mehr. Und müssten nach neuer Verordnung neue Ställe her. Allein der Bau einer Schweinebox koste bis zu 4000 Euro, rechnet Hansen vor.

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Warum es ein Ziel sein soll, dass die Tierbestände verringert werden müssen, kann sich Thomas Hansen nur mit Blick auf die Umwelt erklären, „Nitratüberschüsse in ganz wenigen Böden könnte dafür ein Grund sein, das wird zum Teil der Landwirtschaft angehaftet wegen zu hohem Gülleverbrauch. Wir haben aber feste Vorgaben, wie viel Gülle wir ausfahren dürfen und daran halten wir uns.“

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Dennoch vermute er in manchen Köpfen einen Zusammenhang zwischen vielen Tieren und schlechter Umweltbedingungen oder schlechter Haltung. Das Gegenteil sei der Fall: Auf großen Betrieben sei immer Aktivität, da arbeiten viele Leute, auch werde häufig kontrolliert. Außerdem komme moderne Technik zum Einsatz, die viele Arbeitsschritte erleichtert.

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„Viele haben noch die Bilderbuchvorstellung eines Bauernhofes, so ist es aber nicht mehr. Vieles passiert nun mal mechanisch“, sagt Hansen abschließend. Währenddessen kommt sein Sohn mit einer Mistgabel aus dem Stall, die Kühe haben wieder frisches Heu zum fressen, diese Arbeit wird noch händisch erledigt.

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