Neue Robert-Habeck-Biografie

Wolfgang Kubicki verrät bei Buchbesprechung grün-gelbes Geheimnis

Wolfgang Kubicki verrät bei Buchbesprechung grün-gelbes Geheimnis

Wolfgang Kubicki verrät grün-gelbes Geheimnis

SHZ
Berlin / Kiel
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Reden über Robert Habeck: Susanne Gaschke und Wolfgang Kubicki. Foto: Baethge/shz.de

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Die frühere Kieler SPD-Oberbürgermeisterin und heutige „Welt“-Autorin Susanne Gaschke hat ein Werk über Grünen-Chef Robert Habeck geschrieben. FDP-Vize Kubicki stellt es in Berlin vor – und kommt ins Plaudern.

Wolfgang Kubicki hält die Ausgangslage für politisch bemerkenswert: „Eine Rote bittet einen Gelben über einen Grünen etwas Positives zu sagen,“ stellt der FDP-Vizechef und Bundestagsvizepräsident gestern Mittag in Berlin fest. Kubicki wird gleich während einer Spreefahrt auf dem Medienschiff „Pioneer One“ ein neues Buch über Grünen-Chef Robert Habeck vorstellen, das die frühere Kieler SPD-Oberbürgermeisterin und heutige „Welt“-Autorin Susanne Gaschke geschrieben hat. Im FDP-Präsidium habe er sich daher morgens irritierte Nachfragen anhören müssen, erzählt Kubicki.


Im Gespräch mit Gaschke zeigt sich allerdings schnell, dass die Sache passt. So ist Gaschke längst nicht mehr rot im Sinne von SPD – aus der Partei ist sie im Zorn ausgetreten, im Springer-Blatt „Welt“ vertritt sie regelmäßig eher liberale oder konservative Thesen. Vor allem aber sind Gaschke und Kubicki gleichermaßen große Fans von Habeck. Der FDP-Mann zitiert einen Satz, mit dem Gaschke schildert, wie Habeck als Minister in Kiel mal Überraschungsgast bei der Verabschiedung eines früheren Lehrers war: „Habeck kam und war wie immer, nämlich großartig“, schreibt Gaschke. Kubicki spottet: „Man sieht die Distanz der Autorin zum Objekt ihrer Begierde.“


Andererseits macht auch Kubicki aus seiner Sympathie für den Grünen-Chef keinen Hehl. „Robert Habeck ist der einzige Politiker, über den ich noch nie ein schlechtes Wort verloren habe“, erzählt Kubicki, der den Grünen aus dem Kieler Landtag gut kennt. Habeck sei „extrem pragmatisch und lösungsorientiert“. Sollte der Grünen-Chef nach der Bundestagswahl im September in die Regierung eintreten, „werden wir ihn als sehr stabilen Minister erleben“, prophezeit Kubicki.

Wie Kubicki und Habeck vor vier Jahren Ralf Stegner austricksten 

Außerdem plaudert Kubicki ein Geheimnis aus: Erstmals gibt er zu, dass er und Habeck schon kurz vor der Landtagswahl 2017 über eine Ablösung der rot-grün-blauen Küstenampel durch ein schwarz-grün-gelbes Jamaika-Bündnis in Kiel gesprochen haben. Und er erzählt, dass er damals als FDP-Landtagsfraktionschef nach der Wahl eine rechnerisch ebenfalls mögliche rot-grün-gelbe Ampel zusammen mit Habeck verhindert hat.

Weiterlesen: Wolfgang Kubicki: „Jamaika hat etwas Visionäres“

Denn nur wenige Minuten bevor der damalige SPD-Landeschef Ralf Stegner der FDP am neunten Tag nach der Wahl den SPD-Wirtschaftsminister Reinhard Meyer als Ministerpräsidenten-Alternative für den von der FDP abgelehnten Wahlverlierer Torsten Albig anbieten und damit zumindest Gespräche über eine Ampel erreichen wollte, erklärte Kubicki die Ampel kurzerhand für endgültig tot – und schob diesem Versuch der SPD damit einen Riegel vor. „Ralf Stegner war äußerst wütend“, erzählt Kubicki. Dass Stegner der FDP damals in Kürze einen Alternativ-Kandidaten präsentieren wollte, „hatte ich – aus grünen Kreisen erfahren“, sagt Kubicki gestern grinsend mit einer Kunstpause.

Beide hätten Habeck für den besseren Kanzlerkandidaten gehalten

Klar, dass Kubicki und Gaschke den Flensburger Habeck auch für den besseren Kanzlerkandidaten der Grünen gehalten hätten als dessen Ko-Vorsitzende Annalena Baerbock. „Er wäre die bessere Wahl gewesen“, sagt Kubicki. Und Gaschke zieht ihr Fazit aus vielen Beobachtungen und Gesprächen für ihr Buch: „Habeck hat sehr viel dafür getan, um die Grünen über die Kernklientel hinaus attraktiv zu machen“, sagt sie. Diese Geländegewinne der Grünen würden mit Baerbock wieder „Stück für Stück wegfallen“.

Habeck wollte Gaschkes Biografie nicht autorisieren

Dass Gaschke jetzt eine der ersten Biografien über Habeck vorlegt, liegt nicht nur an ihrer Sympathie für den Grünen-Chef, sondern auch an der gemeinsamen Herkunft. „Robert Habeck und ich sind nicht weit entfernt voneinander aufgewachsen, er auf dem Ost-, ich auf dem Westufer der Kieler Förde“, lautet der erste Satz in Gaschkes Buch, was Kubicki abermals spotten lässt: „Robert Habeck und ich – das zeigt die Bescheidenheit der Autorin.“ Gaschke hat den im Kieler Vorort Heikendorf aufgewachsenen Habeck vor dem Schreiben des Buchs sogar gefragt, ob er die Biografie autorisieren würde, doch der lehnte ab. „Wahrscheinlich hätte ich noch ein bisschen netter über ihn geschrieben“, vermutet Gaschke.

Am Schluss setzt die Autorin doch noch eine überraschende Attacke

So aber greift sie den Grünen-Chef am Ende der Biografie doch noch mal so hart an, dass man sich über die Hymnen zuvor wundert. Habeck, schreibt sie, liefere in seinem jüngsten Buch und in Interviews „eine tendenziell verstörende Interpretation grüner Politik, die ahnen lässt, dass die Grünen auf das Muster der massiven Grundrechtseinschränkungen im Corona-Lockdown auch im Namen von Klimaschutzzielen zurückkommen könnten“. Zum „verantwortungsvollen, kompromissbereiten und vernünftigen Habeck“, den sie noch fünf Kapitel zuvor beschrieben hat, passt das gar nicht.

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