Verteidigungspolitik

Wo es in Schleswig-Holstein bei der Bundeswehr hapert

Wo es in Schleswig-Holstein bei der Bundeswehr hapert

Wo es in Schleswig-Holstein bei der Bundeswehr hapert

Henning Baethge/shz.de
Kiel
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„Höchst misslich“: Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, schildert Probleme in der Truppe. Foto: Wolfgang Kumm/shz.de

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In ihrem Jahresbericht kritisiert die Wehrbeauftragte Eva Högl auch Missstände bei der Truppe in Schleswig-Holstein. Es geht um einen millionenteuren Pannenbau, Probleme in der Ausbildung und einen fremdenfeindlichen Vorfall.

Das neue Schulungszentrum des „Patriot“-Raketengeschwaders in Husum ist unbrauchbar, in Eckernförde klagen die Marinetaucher über Hindernisse bei der Ausbildung, in Kiel gibt es seit vier Jahren keine Truppenküche – die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, schildert in ihrem neuen Jahresbericht auch etliche Missstände bei der Bundeswehr in Schleswig-Holstein.

Falsche Heizung: „Musterbeispiel fehlgeleiteter Planung“

So muss ausgerechnet das Husumer Flugabwehrraketengeschwader 1, das gerade in Polen und der Slowakei an vorderster Front den Luftraum der Nato mit seinen „Patriot“-Systemen schützt, seit Längerem ohne ein dringend benötigtes Schulungszentrum auskommen.

Zwar sei der dafür vorgesehene Neubau auf dem Fliegerhorst in Husum-Schwesing letztes Jahr „endlich fertiggestellt“ worden, schreibt Högl. Doch könne die Truppe den 22 Millionen Euro teuren Bau nicht beziehen, weil die eingebaute Pelletheizung „ungeeignet“ sei. Vielmehr sei „ein zusätzliches alternatives Heizsystem erforderlich“. SPD-Politikerin Högl berichtet von „zunehmender Frustration“ unter den Ausbildern und Lehrgangsteilnehmern – und resümiert: „Ein Musterbeispiel für fehlgeleitete Planung.“

Damit nicht genug: In Husum müssten die Soldaten und Soldatinnen außerdem in „asbestbelasteten Hallen, in denen es seit drei Jahren keinen Sanierungsfortschritt gebe“, Wartungsarbeiten erledigen, kritisiert Högl. Zudem müssten sie seit sechs Jahren und voraussichtlich noch weitere fünf Jahre Sanitärcontainer benutzen, die eigentlich nur als kurzes Provisorium gedacht waren.

Geeignete Gemeinschaftsräume und eine Truppenküche gebe es in Husum gar nicht. Und beim Einsatz in der Slowakei hätten zunächst mobile Sport-Container gefehlt, obwohl die nicht zuletzt für die „militärische Fitness“ wichtig seien, schreibt Högl.

Marinetaucher warten seit 13 Jahren auf ihre Halle

Frustriert sind auch die Marinetaucher in Eckernförde. Zum einen warten die Kampfschwimmer dort nun schon seit 13 Jahren darauf, dass ihre Übungsschwimmhalle endlich saniert ist und wieder benutzt werden kann. Nächstes Jahr soll es laut Högls Bericht nun so weit sein.

Zum anderen klagen auch die Minentaucher über Probleme bei ihrer Ausbildung. Zwar konnten sie im Herbst mal wieder in der Ostsee vor Schönhagen Sprengungen trainieren und so einen „unmittelbar drohenden Fähigkeitsverlust abmildern“, berichtet Högl. Doch die Naturschutzauflagen – vor allem Lärmschutz für Schweinswale – hätten „zu Einschränkungen geführt“. Zudem bestehe noch ein „erheblicher Rückstau an Sprengvorhaben zu Ausbildungszwecken“.

Einsatzflottille in Kiel hat zu wenig Zeit zum Üben

Klagen kommen auch von der Einsatzflottille 1 in Kiel – über zu viele Einsätze und zu wenig Zeit zum Üben. „Dem ist zuzustimmen“, erklärt Högl. Nur wenn „die Bindung durch Einsätze verringert“ werde, könne genug Freiraum für die „hoch intensive Gefechtsausbildung entstehen“, die für den neuen Schwerpunkt der Landes- und Bündnisverteidigung nötig sei.

Zudem kritisiert Högl, dass in Kiel die für Anfang 2023 angekündigte Wiedereröffnung der seit 2019 geschlossenen Truppenküche „aufgrund von Baumängeln nicht erfolgen konnte“. Das sei „höchst misslich“.

Fremdenfeindlicher Zwischenfall in Kiel

Nicht zuletzt berichtet die Wehrbeauftragte von einem fremdenfeindlichen Zwischenfall bei der Bundeswehr in Kiel: Auf einem Freizeitabend mit Kameraden habe ein Mannschaftssoldat unter anderem sinngemäß gesagt: „Das Asylheim in Kiel sowie andere sollten verbrannt werden.“ Ein gerichtliches Disziplinarverfahren sei eingeleitet worden.

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