Zwei Jahre Corona

Wie Infektiologe Stephan Ott die Pandemie in SH erlebt hat

Wie Infektiologe Stephan Ott die Pandemie in SH erlebt hat

Wie Infektiologe Stephan Ott die Pandemie in SH erlebt hat

SHZ
KIEL/RENDSBURG
Zuletzt aktualisiert um:
Professor Dr. Stephan Ott, Infektiologe und Leiter des Kreis Gesundheitsamtes in Rendsburg-Eckernförde blickt auf zwei Jahre Corona-Pandemie zurück. Foto: Henrik Matzen Foto: 90037

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Das Coronavirus hat seit zwei Jahren das Leben auf der ganzen Welt verändert. Der Infektiologe ordnet einzelne Etappen der Pandemie ein und erinnert sich auch aus persönlicher Perspektive an die vergangenen zwei Jahre.

Zwei Jahre Pandemie haben viel verändert – auch in SH konnte sich zum Jahreswechsel 2019 zu 2020 wohl niemand vorstellen, dass Begriffe wie Inzidenz, Lockdown, Impfquote oder Corona-Zahlen zu Begriffen im täglichen Leben werden.

Auch interessant: „Faktencheck zu Omikron:Wirtschaft und Politik – die haben doch die Fäden in der Hand“ – ist da was dran?

Infektiologe Professor Stephan Ott ist gleichzeitig Leiter des Kreisgesundheitsamtes Rendsburg-Eckernförde und blickt im Gespräch mit shz.de aus wissenschaftlicher, beruflicher und persönlicher Perspektive auf zwei Jahre Pandemie in SH zurück.

Related content


Schon im Januar 2020 kamen immer mehr Bilder von der abgeriegelten chinesischen Metropole Wuhan in deutschen Nachrichtensendungen. Trotz dieser Aufnahmen schien Corona für die meisten Deutschen noch sehr weit weg und gar nicht bedrohlich zu sein.

Ungutes Gefühl bei den Bildern aus Wuhan

Der Infektiologe Stephan Ott beschäftigte sich schon in seinem ganzen Berufsleben mit Infektionskrankheiten. „Ich habe schon im Dezember 2019 ein ungutes Gefühl gehabt”, sagt Stephan Ott, der aktuell auch Leiter des Kreisgesundheitsamtes Rendsburg-Eckernförde ist. Doch natürlich habe auch er nicht gedacht, dass das Coronavirus dieses Ausmaß erreichen könnte.

Aus seiner persönlichen Sicht war für Stephan Ott insbesondere der erste Corona-Lockdown ein einschneidendes Erlebnis. Diesen ersten Lockdown erlebte der Wissenschaftler noch nicht als Leiter des Kreisgesundheitsamtes, sondern „aus der Sicht eines Bürgers”, wie er selbst sagt. Auch mit seinem fundierten Fachwissen habe er ein sehr mulmiges Gefühl gehabt und den Lockdown als gespenstische Situation erlebt. So etwas sei einfach auch noch nie vorher in der Form dagewesen.

Der erste Lockdown im März 2020

Wenn wir aktuell in SH über Inzidenzen von 900 oder noch höheren Werten sprechen und dann daran denken, dass im März 2020 bei sehr niedrigen Inzidenzen das komplette öffentliche Leben in einen Lockdown versetzt wurde, erscheint dies auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar.


Stephan Ott könne gut nachvollziehen, dass damals solch strikte Maßnahmen beschlossen wurden. Und auch mit einem heute gängigen Begriff wie der Inzidenz habe man sich im März 2020 nie vorher beschäftigt.

November-Lockdown alternativlos

Zum sogenannten „November-Lockdown” im Spätherbst 2020 sieht Stephan Ott auch aus heutiger Sicht keine Alternative. Er hätte sich sogar ein schon früheres Handeln der Politik gewünscht, um die zweite Corona-Welle zu bremsen. „Der damalige Lockdown kam fast ein bisschen spät”, so Stephan Ott.

Auch interessant:

Auch der Infektiologe hoffte wie viele Politiker und Wissenschaftler, mit der Corona-Impfung und einer damit einsetzenden Herden-Immunität die Pandemie beenden zu können. Doch damals habe auch noch niemand an eine hochansteckende Variante wie Omikron gedacht.

Schnelltests, Impfzentren und Modell-Projekte

In seiner Funktion als Leiter des Kreisgesundheitsamtes in Rendsburg-Eckernförde sind Stephan Ott insbesondere drei Schlagworte im Kopf geblieben: Schnelltests, Impfzentren und Modell-Projekte. Bei den Schnelltests erinnert er sich vor allem an viele Diskussionen, ob diese Schnelltests wirklich die vulnerablen Gruppen schützen und was diese leisten können. Aktuell gehören die Schnelltest zum Standard-Werkzeug in der Pandemie-Bekämpfung, in der Anfangszeit sei da sehr viel Überzeugungsarbeit nötig gewesen.

Auch interessant: Fast alle Corona-Regeln in Dänemark vor der Aufhebung

Bei den Impfzentren gehen Stephan Ott sofort Begriffe wie Pionierarbeit, Priorisierung und gerade die in den Anfangsmonaten vorherrschende Impfstoff-Knappheit durch den Kopf. Auch die Nebenwirkungen des Impfstoffes von Astrazeneca beschäftigten ihn und seine Mitarbeiter lange.

Die Tourismus-Modellprojekte in SH hat Stephan Ott selbst wissenschaftlich begleitet. „Dabei haben wir eigentlich genau das gemacht, was wir schon die ganze Zeit hätten tun müssen”, sagt Stephan Ott, ”wir haben Daten gesammelt und geschaut unter welchen Bedingungen bestimmte Öffnungsschritte möglich sind.” Das habe man vorher viel zu lange in Deutschland vernachlässigt.

Neue Situation mit Omikron

Mit der Omikron-Variante sei jetzt etwas in Schleswig-Holstein passiert, das es in den Monaten vorher so nicht gab. Fast die gesamte Zeit war das nördlichste Bundesland das Positiv-Beispiel bei Inzidenzen, Corona-Zahlen und Pandemie-Bekämpfung.


Trotzdem ist der Infektiologe davon überzeugt, dass man aktuell höhere Inzidenzen zulassen kann. „Inzidenzen aus den ersten Wellen können wir mit den aktuellen Inzidenzen nicht mehr vergleichen”, sagt Ott. Aktuell sei man in einer Phase der Durchseuchung angekommen und ein Ziel solle es sein, diese mit Maßnahmen zu verlangsamen. „Außerdem müsse angesichts der weniger schweren Verläufe auch danach entschieden werden, welche Einschränkungen für die Bevölkerung noch zumutbar und verhältnismäßig sind.”

Prognose über Ende der Pandemie ist schwierig

Mit einer eigenen Prognose, wann sich die Corona-Lage komplett entspannt, ist Stephan Ott vorsichtig. Ab März oder April könne sich durch die Durchseuchung eine Entspannung einstellen, die über den Sommer anhält. Doch im Herbst könne Corona wieder mehr Probleme bereiten. Verschiedene Mutationen könnten natürlich auch die Gefährlichkeit des Virus wieder erhöhen, aber wann und wo diese weltweit auftauchen, ist nicht vorherzusagen.


Mehr lesen