Klimawandel und Meeresanstieg

Wenn die Ostsee steigt: Gefahr für Arnis, Olpenitz, Schleswig und Schleimünde

Wenn die Ostsee steigt

Wenn die Ostsee steigt

SHZ
Schleswig
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Gefährdet: Die Stadt Arnis ist von Wasser umgeben. Wenn der Wasserspiegel um einen Meter steigt, droht ohne Sicherungsmaßnahmen die Überflutung. Foto: sh:z/shz.de

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Dass der Meeresspiegel bis 2100 um einen Meter ansteigen wird, gilt als wahrscheinlich. Was das für Schlei und Ostsee bedeuten könnte, zeigt eine Simulation. Aber sie bezieht keine Sicherungsmaßnahmen ein.

Dass sich unser Klima wandelt, ist inzwischen nicht mehr zu leugnen. Selbst im Bundestags-Wahlkampf haben sich sich fast alle Parteien dieses Thema auf die Fahnen geschrieben – auch einige, die sich zuvor kaum darum gekümmert hatten.


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Das arktische Eis schmilzt, Eisbären sind gefährdet – aber was hat das alles eigentlich mit uns zu tun? Thorsten Roos, im Kreis Schleswig-Flensburg unter anderem für Umwelt und Regionalentwicklung zuständig, hat dazu eine eindeutige Meinung. „Dass die Ostsee bis zum Jahr 2100 um mindestens einen Meter ansteigen wird, stellen wir nicht mehr in Frage, das wird so kommen“, sagt er. Und was bedeutet das? „Dass viele Gebiete im Kreisgebiet, von Schausende über die Schleimündung bis hinein nach Schleswig unter Wasser stehen werden, wenn wir nichts tun“, sagt Roos. Dass die Betrachtung sich auf das Jahr 2100 richtet macht nach das Problem für ihn nicht besser. „Das ist nicht mehr lange hin. Kinder, die jetzt geboren werden, werden das miterleben.“


Es gibt inzwischen Simulationen, die zeigen, was der Meeresspiegelanstieg für die Welt, und auch den Kreis Schleswig-Flensburg, bedeuten würde. Allerdings: Die virtuelle Karte berücksichtigt keine Schutzmaßnahmen jedweder Art. Es handelt sich nicht um eine offizielle Simulation, sie wurde von einem Privatmann, der öffentlich zugängliche Daten genutzt hat, auf der Internetseite „flood maps“ veröffentlicht.

Schon ein Meter Anstieg kann gravierende Auswirkungen haben

Hier werden, bei aller Vorsicht, die Veränderungen der Landschaft eindrucksvoll deutlich gemacht. Um zu erschrecken, muss man gar nicht einmal das Horrorszenario von 50 Metern Anstieg anschauen, bei dem fast ganz Schleswig-Holstein mit Wasser bedeckt ist. Grund ist die Erderwärmung. Sie lässt Massen von Eis schmelzen und sorgt vor allem dafür, dass sich das Wasser ausdehnt. Mit jedem zusätzlichen Grad Wassertemperatur steigt der Wasserspiegel langfristig um 60 Zentimeter.

Reesholm, Schleimünde, Maasholm, Olpenitz und Arnis sind gefährdet

Schon bei dem als realistisch für das Jahr 2100 angesehenen Anstieg um einen Meter sind in der Simulation prominente Orte an der Schlei von Wasser bedeckt – unter anderem die Naturschutz-Halbinsel Reesholm bei Schleswig, Schleimünde, Maasholm, Olpenitz und Arnis. Schon jetzt beginnen die Menschen in der Region, sich auf die neue Situation einzustellen. Neubauten auf der Schleswiger Freiheit und im Ostseeresort Olpenitz werden auf Anhöhen gebaut oder verzichten auf Wohnraum in den Erdgeschossen. „Wir raten in unseren Stellungnahmen ausdrücklich zu solchen Vorsichtsmaßnahmen, wenn am Wasser gebaut werden soll“, erklärt Roos.

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Aber das reicht nicht aus. Der Kreis Schleswig-Flensburg ist auch bei Schutzmaßnahmen tätig. Es gibt an der Ostsee zahlreiche Regionaldeiche, die anders als an der Nordsee in der Zuständigkeit der regionalen Wasser- und Bodenverbände liegen. Diese Deiche sind nach Einschätzung von Roos in einem schlechten Zustand – weil den Verbänden das Geld fehlt. Roos, fordert, die Regionaldeiche in die Verantwortung des Landes zu übergeben.


Seine Idee zum Schutz vor Überflutungen sieht unter anderem vor, die Deiche weiter ins Hinterland zu verlegen und die Flächen am Wasser mehr oder weniger der Ostsee zu überlassen. Das Problem: Die Flächen sind größtenteils in Privateigentum und werden auch bewirtschaftet. „Wir sehen es jetzt als unsere Aufgabe, zusammen mit den Landeigentümern Lösungen zu finden.“ Dafür sei der Kreis auch bereit, Geld in die Hand zu nehmen. Roos: „Mir ist klar, dass das eine Aufgaben von einer bis zwei Generationen ist. Aber wir müssen jetzt damit anfangen. Wir haben nicht mehr viel Zeit.“

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