Inhaltsloser Doppel-Wumms

Warum Olaf Scholz‘ Doppel-Wumms eine hohle Phrase ist

Warum Olaf Scholz‘ Doppel-Wumms eine hohle Phrase ist

Warum Olaf Scholz‘ Doppel-Wumms eine hohle Phrase ist

Simone Schnase
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Mit seinem Doppel-Wumms wollte Kanzler Scholz die Menschen beruhigen. Tatsächlich gelingt es ihm nicht, die Worte mit Leben zu füllen. Foto: IMAGO/Chris Emil Janssen/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Bundeskanzler Scholz wollte mit seinem Doppel-Wumms den Bürgern sagen: Seht her – wir tun was für euch. Und damit Sicherheit geben. Tatsächlich ist es derzeit nur eine hohle Ankündigung. Von Planungssicherheit keine Spur. Was die Unsicherhei...

Der aktuelle Deutschlandtrend der ARD wirft ein deutliches Licht auf die Stimmung im Lande: 76 Prozent der Befragten sind mit der Entlastung der Bürger angesichts der steigenden Preise nicht zufrieden, sieben von zehn Menschen sagen das auch bezüglich der Entlastung der Wirtschaft aufgrund der hohen Energiepreise.

In puncto Sicherung der Energieversorgung ist eine große Mehrheit von 70 Prozent mit der Arbeit der Bundesregierung unzufrieden – dementsprechend hat auch die Zufriedenheit mit der Arbeit der Regierung insgesamt einen neuen Tiefpunkt erreicht: Nur 29 Prozent der Befragten sind mit der Ampelkoalition zufrieden.

Der Doppel-Wumms ist tatsächlich kleiner als angekündigt

Das Ergebnis ist kein Wunder: Die aktuelle Umfrage fand unmittelbar nach dem Bund-Länder-Treffen am vierten Oktober statt, dessen Ergebnis enttäuschend war. Denn der 200 Milliarden Euro schwere „Doppel-Wumms“ von Olaf Scholz klang zwar erst einmal gut, wurde dann aber mit ernüchternd wenig Inhalt unterfüttert und schlimmer noch: An einigen Stellen entstand sogar der Eindruck, irregeführt zu werden.

Da ist zum einen die Summe von 200 Milliarden Euro, aus denen Olaf Scholz am Abend der Bund-Länder-Konferenz kurzerhand 295 Milliarden machte – ganz so, als hätte er generös noch einen dritten Wumms draufgesetzt. Dabei handelt es sich bei den vermeintlich zusätzlichen 95 Milliarden Euro um eine Summe, die überhaupt nichts mit Maßnahmen oder Entlastungen aufgrund der Inflation und der hohen Energiepreise oder mit dem drohenden Energiemangel durch den Ukrainekrieg zu tun haben. Es ist Geld, das die Koalition bereits vorher verplant hat, unter anderem beispielsweise für das im Januar startende Bürgergeld.

Der Doppel-Wumms ist ganz im Gegenteil sogar kleiner als suggeriert: Denn aus diesem Topf müssen allein 34 Milliarden Euro für die Gasumlage gezahlt werden, die ursprünglich die Verbraucher aufbringen sollten.

Doppel-Wumms geht auf Kosten der Länder

Wie sowohl Bürger als auch Unternehmen konkret entlastet werden sollen, blieb indes offen. Ja, es soll eine Energiepreisbremse eingeführt werden. Aber wie soll die im Einzelnen aussehen? Diese Frage konnte niemand beantworten. Und so gab es keine Einigung zwischen Bund und Ländern, die einen Teil des Pakets finanzieren sollen und sich völlig zu Recht weigerten, Zusagen für Maßnahmen zu machen, deren Ausgestaltung noch gar nicht klar ist.

Schlechte Erfahrungen haben die Bundesländer schließlich bereits zur Genüge gemacht: So hat die Bundesregierung das Entlastungspaket bei der Ausweitung des Wohngelds geschnürt, ohne die Bundesländer vorher einzubeziehen – obwohl diese die Hälfte der Kosten zahlen müssen. Die Länder möchten und brauchen mehr Geld für den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, für Hilfsprogramme, die Krankenhäuser und Kliniken bei den Energiekosten entlastet und für die Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten, aber der Bund ziert sich.

Doppel-Wumms bremst andere, sinnvolle Förderung aus

Dieses Verhalten, den Bürgern vollmundig Versprechen zu machen und die Länder bei der Finanzierung im Regen stehen zu lassen, ist nicht neu und rächt sich nun. Denn wichtige Entscheidungen werden dadurch verzögert. Ein Beispiel dafür ist die Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket. Der Bund will dafür 1,5 Milliarden Euro bereit stellen, wenn die Länder den gleichen Betrag ebenfalls beisteuern. Das können die Bundesländer aber nur, wenn sie mehr Förderung für den Öffentlichen Nahverkehr bekommen – doch der Bund stellt sich quer.

Während Olaf Scholz also mit einem Doppel-Wumms in dreistelliger Milliardenhöhe jongliert, weigert er sich, einen angesichts dessen sehr kleinen einstelligen Milliardenbetrag für ein sehr viele Menschen konkret entlastendes Projekt in seiner Regierung durchzusetzen. Niemand weiß nun, wann und ob es das Nachfolge-Ticket geben wird.

Doppel-Wumms: ja, Planungssicherheit: nein

Kein Wunder also, dass die Menschen unzufrieden sind. Sie hatten gehofft und erwartet, durch gezielte neue Entlastungen besser durch den teuren Herbst und Winter zu kommen oder doch zumindest endlich wieder ein wenig Planungssicherheit zu erhalten. Nun wissen sie noch immer nicht, was auf sie zukommen wird.

Planungssicherheit wäre auch für kleine Unternehmen enorm wichtig gewesen. Viele Restaurants, Wäschereien, Werkstätten oder Einzelhändler stehen bereits jetzt vor der Schließung, weil sich die dramatisch gestiegenen Energiekosten einfach nicht mehr erwirtschaften lassen. Daran hat sich leider noch immer nichts geändert.

Bundesregierung in Niedersachsen abgestraft

Dass sich die SPD bei der niedersächsischen Landtagswahl am vergangenen Sonntag an der Spitze halten konnte, ist nur dem dort amtierenden und künftigen Ministerpräsidenten Stephan Weil zu verdanken: Er genießt in Niedersachsen hohes Vertrauen und hatte mit Bernd Althusmann (CDU) überdies einen denkbar blassen Gegenkandidaten.

Trotzdem hat die SPD Verluste eingefahren. Die FDP mit ihrem mittlerweile fast schon lachhaft anmutenden, verbissenen Festhalten an der Schuldenbremse ist sogar aus dem Landtag geflogen, nun schon zum dritten Mal in Folge. Als einzige der drei Ampel-Parteien haben die Grünen Stimmen hinzugewonnen, allerdings nicht so kräftig wie prognostiziert: In den letzten Umfragen vor der Wahl lagen sie bei 16 Prozent, im Sommer sogar bei 20 – gelandet sind sie bei 14,5 Prozent.

AfD zieht aus Fehlern rund um den Doppel-Wumms ihre Kraft

Der einzige wirkliche Gewinner der Niedersachsen-Wahl ist die AfD. Während sie bei der Wahl in Schleswig-Holstein im Mai noch abgestraft wurde und aus dem Landtag flog, ist nun genau das Gegenteil geschehen: Mit einem Stimmenzuwachs von fast fünf Prozent ist die AfD in Niedersachsen auf ein Wahlergebnis von insgesamt über elf Prozent gekommen.

Dieses Ergebnis spiegelt die allgemeine Unzufriedenheit der Menschen am deutlichsten wider und ist ein Alarmsignal in Richtung Bund. Man kann nur hoffen, dass es dort auch gehört wird und der versprochene Doppel-Wumms nun mit möglichst wenig Streit sowohl innerhalb der Koalition als auch zwischen Bund und Ländern schnell und vor allem auch deutlich spürbar bei den Menschen ankommt.

Mehr lesen