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Warum Kieler Minister Claus Ruhe Madsen jetzt ein 69-Euro-Ticket will

Warum Kieler Minister Claus Ruhe Madsen jetzt ein 69-Euro-Ticket will

Warum Minister Madsen jetzt ein 69-Euro-Ticket will

Henning Baethge/shz.de
Kiel
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Will ein 69-Euro-Ticket: Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen. Foto: Imago/Petra Nowack/shz.de

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Der Bund beteiligt sich an einem Nachfolger fürs 9-Euro-Ticket. Nun entbrennt Streit um den Preis. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister hält 69 Euro für richtig. Andere Politiker im Land wollen es billiger anbieten.

In der Debatte über eine Nachfolgeregelung für das bundesweite 9-Euro-Ticket plädiert Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen für ein 69-Euro-Ticket. „Wir sehen den Preis eher bei 69 Euro, weil wir es für wichtig halten, über die Erlöse einen Beitrag zum schnellen Ausbau des ÖPNV zu leisten – denn den ist eine hohe Nachfrage nicht zu bewältigen“, sagt Madsen gegenüber shz.de.

Der Bund beteiligt sich mit 1,5 Milliarden Euro

Zuvor hatte die Ampelkoalition in Berlin in ihrem neuen Entlastungspaket den Ländern 1,5 Milliarden Euro zur Finanzierung eines bundesweit gültigen Nahverkehrs-Monatstickets im Preis zwischen 49 und 69 Euro zugesagt – allerdings unter der Bedingung, dass die Länder ebenfalls zusammen 1,5 Milliarden aufbringen. Madsen nennt den Beschluss aus Berlin „einen ersten Schritt“ und verkündet, dass Schleswig-Holstein „durchaus bereit ist, sich zu beteiligen“. Allerdings hält er den geforderten 50-Prozent-Anteil für zu hoch.

So gibt der parteilose Minister zu bedenken, dass die Länder zwar für den Nahverkehr zuständig sind – der Bund aber für die Finanzierung des Schienennahverkehrs. „Und die macht nun mal deutlich mehr als 50 Prozent aus“, sagt Madsen. „Insofern erwarten wir auch einen entsprechenden Finanzierungsanteil des Bundes.“

Ministerpräsidenten sollen mit dem Bund verhandeln

Vor Einführung eines Nachfolgetickets für das 9-Euro-Ticket müsse zudem Ministerpräsident Daniel Günther erst mal gemeinsam mit seinen Länderkollegen „zwei wichtige vorrangige Fragen“ mit dem Bund klären, sagt Madsen: „Die Sicherstellung von Betrieb und Verkehrsangebot angesichts massiver Preissteigerungen und den dringend nötigen Ausbau des Angebots.“ Von beidem sei im Entlastungspaket bisher keine Rede, kritisiert der Minister.

Dabei habe die dreimonatige Erfahrung mit dem 9-Euro-Ticket die Grenzen des Schienenverkehrs und die Notwendigkeit eines Ausbaus der Gleise und der Fahrpläne „besonders drastisch offengelegt“, konstatiert Madsen und fragt rhetorisch: „Was nützt einem Bahnkunden in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ein Billig-Ticket, wenn keine Bahn fährt?“

Finanzministerin Heinold hat 49 Euro vorgeschlagen

Vorbehalte hat auch die Kieler Finanzministerin Monika Heinold gegen die Pläne der Ampel. „Es wäre notwendig gewesen, dass der Bund das Paket vorab mit den Ländern abstimmt, da die einen Großteil mitfinanzieren sollen“, kritisiert die Grünen-Politikerin gegenüber shz.de. Das gelte auch für die Nachfolge des 9-Euro-Tickets.

„Ja, mein Herz schlägt für ein bundesweit nutzbares günstiges ÖPNV-Ticket“, sagt Heinold, die sich kürzlich wie ihre Partei für ein regionales 29-Euro-Ticket und ein bundesweites 49-Euro-Ticket ausgesprochen hatte. Sie gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass das Entlastungspaket des Bundes insgesamt „eine hohe Ausgabenbelastung“ für die Länder bedeute. Und auch sie bemängelt, dass vom Bund die Zusage fehle, den Ländern zusätzliches Geld zum Ausbau der Nahverkehrsverbindungen zu zahlen.

Oppositionsführer Losse-Müller hält 30 Euro für möglich

Oppositionsführer Thomas Losse-Müller fordert die Ministerin dagegen auf, das vom Bund verlangte Geld aufzubringen. „Der ÖPNV ist Landessache. Daher muss das Land auch seinen Beitrag leisten“, sagt der SPD-Fraktionschef.

Beim Preis des Tickets will Losse-Müller anders als Minister Madsen „so nah wie möglich an die 49 Euro herankommen“. Das sei etwa in Kiel oder Lübeck „eine erhebliche Entlastung“. Denn dort koste das Monatsticket bisher 81,50 Euro. Im Jahresabo sind es 68 Euro. Zudem blieben „die großen Vorteile der Einfachheit und der Transparenz“ des Tickets erhalten, argumentiert Losse-Müller. Er könne sich sogar einen noch günstigeren Preis vorstellen: „Ich glaube, auch ein 30-Euro-Ticket wäre möglich gewesen.“

Ex-Verkehrsminister Buchholz warnt vor „Wegducken“

Auch Schleswig-Holsteins Ex-Verkehrsminister Bernd Buchholz fordert die schwarz-grüne Koalition auf, ihren Beitrag zu leisten. „Wir erwarten, dass sich die Landesregierung konstruktiv einbringt und nicht wieder mit dem stumpfen Verweis auf den Bund einfach wegduckt“, sagt der FDP-Mann.

Dass der Bund jetzt „den Weg für ein neues bundesweites ÖPNV-Ticket ebnet, das den Tarifdschungel lichten soll und auch die Länder und die Nutzer bei der Finanzierung einbezieht“, sei zu begrüßen. Allerdings fordert auch Buchholz, dass der Bund für den Ausbau des Nahverkehrs „weiterhin ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellt“.

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