Umwelt

Warum Artenschutz auch Klimaschutz ist

Warum Artenschutz auch Klimaschutz ist

Warum Artenschutz auch Klimaschutz ist

Mahé Crüsemann/shz.de
Schleswig-Holstein
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Ein gesundes Ökosystem und viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten machen es uns leichter im Kampf gegen die Klimakrise. Foto: dpa

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Genau wie der Mensch sind auch Tiere und Pflanzen von einer gesunden Umwelt und einem intakten Klima abhängig. Warum der Schutz von Flora und Fauna selbst zum Klimaschutz beiträgt, lesen Sie hier.

Die Artenvielfalt ist bedroht. Der menschengemachte Klimawandel ist eine Gefahr für die Diversität von Flora und Fauna – und das weltweit. Schwindende Lebensräume, verschmutze Luft und Gewässer und schrumpfende Nahrungsgrundlagen setzen zahlreichen Tier- und Pflanzenarten zu. Klimaschutzmaßnahmen sind ein bestimmendes Thema unserer Zeit. Und die Bemühungen, das Klima zu schützen, sind gleichzeitig Maßnahmen für den Artenschutz. Aber funktioniert das auch andersherum?

Etwa eine Million Arten sind weltweit vom Aussterben bedroht. Im aktuellen Bericht des Weltklimarats wird auf den Zusammenhang zwischen Klimakrise und Artensterben hingewiesen:

Im Bericht heißt es weiter: Erfolgreich lasse sich der Klimawandel nur dann bekämpfen, wenn gleichzeitig auch die Ökosysteme geschützt und die biologische Vielfalt erhalten werde. Warum eine gesunde Flora und Fauna auch ausschlaggebende Faktoren für den Schutz des Klimas sein können, lässt sich mit zwei Schlagworten zusammenfassen: Speicherwirkung und Resilienz.

Ohne CO2-Speicher keine CO2-Speicherung

Gerodete Wälder, trockengelegte Moore und zu warme Ozeane haben eines gemeinsam: Sie können nur noch einen Bruchteil des CO2 speichern, den intakte Ökosysteme speichern können. Allein die Ozeane nehmen etwa 30 Prozent des vom Menschen verursachten CO2 auf. Es lohnt sich also, diese Lebensräume zu schützen – zu unserem eigenen Wohl! Und auch wiederaufgeforstete Wälder und Grüngürtel mit Bäumen mit stabilem Wurzelwerk speichern nicht nur CO2, sie schützen – vor allem hier im Land zwischen den Meeren – Küsten vor Sturmschäden und Hochwasser.

Wir Menschen wissen offenbar gar nicht, was für ein Glück wir haben, denn ohne die Fähigkeit der fein ausbalancierten Netzwerke große Mengen an Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre zu ziehen und einzulagern, wäre die globale Durchschnittstemperatur bereits jetzt schon in Schwindel erregende Höhen gestiegen.

Wenn wir die Lebensgrundlage für Pflanzen und Tiere vernichten, zerstören wir also in der Konsequenz langfristig ganze Ökosysteme. Mit ihnen geht uns ihre Pufferfunktion verloren. Um den Planeten als bewohnbar erhalten zu können, müssten wir dann unsere Emissionen noch radikaler reduzieren.

Schleswig-Holstein, deine Biotope

In was für einem aktuellen Zustand sich die Biotope in Schleswig-Holstein sind, ist im Jahresbericht 2022 zur biologischen Vielfalt aus dem Umwelt- und dem Agrarministerium zusammengefasst. Wenig überraschend: Es gibt regional starke Unterscheide. Der Kreis Rendsburg-Eckernförde beispielsweise trägt derzeit viel für die Wiederherstellung der Artenvielfalt im Land bei, allein, weil die Wiedervernässung der Moore in dieser Region – im Vergleich zu den Vorjahren – gut voranschreitet.

Alles in allem schneidet das Bundesland mit all seinen Biotopen allerdings auf einer neunstufigen Bewertungsskala durchschnittlich mit einer 6 ab – das steht für „wertvoll, aber nur mäßig artenreich“.

Unsere Ökosysteme sind demnach auch nur mäßig klimaresilient und nehmen bereits jetzt weit weniger CO2 auf, als sie könnten, würden sie besser geschützt werden.

Das Zauberwort heißt: Resilienz

Artenschutz lohnt sich demnach auch aus einem weiteren Grund: Diverse Ökosysteme schützen vor Krankheitserregern. Ist ein System vielfältig, herrscht auch viel Konkurrenz. Das ist nichts Schlechtes, denn so können einzelne Arten nicht überhandnehmen. Wird die Vielfalt zerstört, haben ein paar wenige Generalisten Vorteile und können sich dann stark vermehren – darunter auch potenzielle Krankheitserreger.

Sterben Arten aus, gehen damit auch Jahrmillionen an Anpassungen verloren. Das ist nicht nur ethisch problematisch, auch praktisch bedeutet das Nachteile. Denn genetische Vielfalt ist ein enormer Vorteil für die Anpassung an veränderte Lebensbedingungen.

Die Temperaturen steigen derzeit global allerdings so schnell – und verändern Biotope so massiv – dass es für zahlreiche Arten schlicht nicht möglich ist, sich in entsprechender Geschwindigkeit anzupassen. Sie sind unter den veränderten Bedingungen meist nicht überlebensfähig. Die gravierende Folge: Klimaschäden hinterlassen irreversible Spuren, ein „Zurück“ rückt in immer weitere Ferne.

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