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Ungeziefer im Bett: Wie Spürhund Sydney Bettwanzen erschnüffelt

Wie Spürhund Sydney Bettwanzen erschnüffelt

Wie Spürhund Sydney Bettwanzen erschnüffelt

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Australian-Shepherd-Rüde Sydney steckt die Nase tief ins Sofa-Polster. Auch hier können sich Bettwanzen aufhalten. Foto: Annika Kühl/shz.de

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Ähnlich wie Läuse sind Bettwanzen für viele Menschen ein Tabuthema. Das müsse es aber gar nicht sein, sagt Expertin Kerstin Prosch. Im Kampf gegen die Krabbeltiere hat sie eine besondere Waffe: Bettwanzen-Spürhunde.

Es herrscht konzentrierte Stille im Büroraum. Nur das Schnüffeln einer kleinen Hundenase ist zu hören. Der fünf Jahre alte Australian-Shepherd-Rüde Sydney steckt seine Nase tief zwischen die Sofapolster. Noch einmal schnüffelt er lange und intensiv, dann setzt er sich plötzlich hin. Fund!

Hundeführerin Kerstin Prosch lobt ihn ausgiebig, denn in weniger als einer Minute hat ihr Schützling zielsicher die versteckte Probe gefunden. Dabei handelt es sich allerdings weder um Drogen noch um Sprengstoff: Sydney ist ausgebildeter Bettwanzen-Spürhund.

Seit 2018 ist Prosch mit ihrem Büro in Flensburg ansässig und mit ihren Hunden im ganzen Land im Einsatz. Ihre Mission: Die gefürchteten Krabbeltiere rechtzeitig erkennen, damit sie schnell bekämpft werden können.


Gar nicht so leicht, wie die ausgebildete Hundeführerin betont. Anders als beispielsweise Drogen haben die kleinen Tiere nur einen feinen Geruch, der lange Zeit benötigt, um sich auszubreiten. Ein gutes Jahr dauert die Ausbildung, die Proschs Hunde beim Leiter der Bettwanzenspürhundestaffel am Frankfurter Flughafen absolviert haben. Einmal pro Jahr wird die Zertifizierung erneuert, „damit sich keine Fehler einschleichen“, sagt die Ausbilderin.


Am Frankfurter Flughafen kommen die Hunde zum Einsatz, weil Bettwanzen ein häufiges Mitbringsel aus dem Urlaub sind. Über die Kleidung werden sie unbemerkt mit nach Hause genommen. Überall dort, wo häufig viele unterschiedliche Menschen schlafen, ist das Bettwanzen-Risiko hoch. In der Schweiz führe man deshalb in den Hotels regelmäßige Kontrollen mit den Bettwanzen-Spürhunden durch, berichtet die 46-Jährige. So etwas würde sie sich auch in Deutschland wünschen.

Im Zweifel das Gepäck untersuchen lassen

Wer sich privat vor einem möglichen Befall schützen möchte oder sogar im Urlaub eine Bettwanze entdeckt hat, kann sein Gepäck nach der Heimreise, noch bevor es ins Haus getragen wird, von einem Bettwanzen-Spürhund absuchen lassen. Im Zweifel „nicht einfach nach Hause fahren“, rät Prosch.

Die Bettwanzen sind zwar mit dem bloßen Auge erkennbar, halten sich aber in der Regel versteckt „überall dort auf, wo Menschen schlafen“, erklärt sie. Das kann die Matratze oder das Sofa sein. „Die Bettwanze ist in der Regel faul und auf Sicherheit bedacht.“

Grundsätzlich gelte: „Wenn Sie eine Bettwanze sehen, haben Sie einen massiven Befall.“ Die Tiere, die sich von menschlichem Blut ernähren, werden jedoch häufig erst durch die juckenden Stiche auf der Haut bemerkt.

95-prozentige Erfolgsquote bei der Suche

Sie können täglich mehrere Eier legen und vermehren sich schnell. Damit es soweit erst gar nicht kommt, ist schnelles Handeln gefragt. Die Erfolgsquote der Hunde liege bei 95 Prozent, sagt die Hundeführerin. Selbst einzelne Bettwanzen können sie aufspüren, ohne, dass dafür Möbel abgerückt oder demontiert werden müssten.

Damit gehören sie zu den zuverlässigsten Möglichkeiten, einen Wanzenbefall zu entdecken. 20 Minuten am Stück können ihre Hunde suchen, dann benötigen sie eine Pause. Nach weiteren 20 Minuten Einsatz verlängert sich die Pause auf 40 Minuten. „Das ist unheimlich anstrengend“, sagt Prosch. Deshalb fährt sie auch nur zu einem Einsatz pro Tag.



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In jedem Fall sollten Menschen nicht versuchen, die Tiere mit Insektiziden oder ähnlichen Mitteln zu bekämpfen. Inzwischen seien die Bettwanzen gegen viele Wirkstoffe resistent, erklärt die Expertin. Auch durch den boomenden Secondhand-Markt und die Reiseaktivitäten seien sie wieder auf dem Vormarsch.

Häufig würden Betroffene allerdings viel zu lange warten, bis sie einen Fund meldeten. Prosch berichtet von regelrechten Leidensgeschichten, die Menschen durchlebten, weil sie aus Scham einen Bettwanzen-Befall lange Zeit verschwiegen.

„Bettwanzen sind ein absolutes Tabuthema. Das wird totgeschwiegen“, sagt die 46-Jährige mit Bedauern. Die Tiere würden immer noch mit mangelnder Hygiene verbunden werden. „Die Vorstellung, dass das zum Beispiel auch in einem sauberen 5-Sterne-Hotel vorkommen kann, ist nicht da.“ Sie wünscht sich, „dass Leute verinnerlichen, dass sie nichts dafür können.“

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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