Nach Tod der Queen

Trauer auf Schloss Glücksburg: Warum Elizabeth II. auch die Königin der Schleswig-Holsteiner war

Trauer auf Schloss Glücksburg

Trauer auf Schloss Glücksburg

Anja Werner/shz.de
Glücksburg
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Wegen des Tods der Queen weht die Fahne auf Schloss Glücksburg auf Halbmast. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Die Verwandtschafts-Linie zwischen der britischen Monarchin und dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg ist kaum bekannt. Die Hoheiten an der Flensburger Förde reagieren betroffen auf den Tod der Queen.

Sie war eine Jahrhundert-Persönlichkeit und für viele Millionen Menschen weltweit bei aller royaler Distanz eine vertraute Konstante in einer sich immer schneller wandelnden Welt. Die Trauer und Betroffenheit über den Tod von Königin Elizabeth II, die 70 Jahre auf dem britischen Thron saß, ist in Großbritannien natürlich besonders groß. Doch auch die Schleswig-Holsteiner können sagen: Wir haben unsere Queen verloren. Denn es gibt eine direkte Blutlinie zwischen der so verehrten Monarchin und dem herzoglichen Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.

Auf Schloss Glücksburg weht die Fahne deshalb auf Halbmast. Auch dort herrschen Trauer, Fassungslosigkeit und großer Respekt vor der Lebensleistung der Queen. „Ich konnte die Nachricht zuerst gar nicht glauben, am Dienstag gab es doch noch einen Fernseh-Auftritt von Elizabeth II“, sagt Elisabeth zu Ysenburg und Büdingen, die auf dem Wasserschloss an der Flensburger Förde lebt, sich derzeit aber auf Reisen befindet. In dem prächtigen Renaissance-Bau war der neue britische König Charles III schon zwei Mal inoffiziell zu Gast.

Die Glücksburgerin erklärt die Blutlinie zwischen Schleswig-Holstein und der Queen: „Zu verdanken ist diese dem Schwiegervater Europas. Dieser Beiname wurde Christian IX. (1818 bis 1906) wegen seiner brillanten Hochzeits-Politik verliehen.“ Er stammt aus dem genanntem Haus, wurde auf Schloss Glücksburg geboren und wuchs dort auf. Von 1863 bis 1906 saß er auf dem dänischen Thron.

Mit seiner Cousine Prinzessin Louise von Hessen-Kassel, die ihm 1842 angetraut wurde, hatte Christian sechs Kinder. Ihm gelang das diplomatische Kunststück, alle in den europäischen Hochadel zu verheiraten. „Die älteste Tochter Alexandra wurde mit Edward VII. vermählt, dem Thronfolger des britischen Weltreichs und späteren König von Großbritannien und Irland. Eine Urenkelin dieses Paares ist Königin Elizabeth II“, erläutert Elisabeth zu Ysenburg und Büdingen.

Heutiger Hausherr auf Schloss Glücksburg, dass zum Teil ein Museum ist, ist Christoph Prinz zu Schleswig-Holstein, der direkt mit Christian IX. verwandt ist, wie auch seine Cousine Elisabeth. „Friedrich – der Bruder von Christian – ist unser Urgroßvater“, sagt Prinzessin Elisabeth. „Dass es auch eine Verwandtschafts-Linie zwischen Schleswig-Holstein und der Queen selbst gab, ist gar nicht so bekannt“, sagt Prinzessin Elisabeth.

Mit Blick auf die Stammbäume zeigt die Glücksburger Hoheit die zweite Verbindung zwischen Glücksburg und dem britischen Königshaus auf. „Christians Sohn Georg, der zum König von Griechenland wurde, ist der Großvater von Prinz Philip, dem im Frühjahr 2021 verstorbenen Ehemann von Königin Elizabeth II“, erklärt die Prinzessin aus Schleswig-Holstein. Durch beide Blutlinien bestehe nun natürlich auch eine verwandtschaftliche Beziehung zum neuen britischen König Charles III.

Prinz Philip habe seine Verwandtschaft in Schleswig-Holstein mehrfach jenseits des Protokolls besucht. „Die Queen konnte da leider nicht mitkommen, dann hätte es ein offizieller Termin sein müssen. Und für diesen hatte sie mit Blick auf die vielen Länder, deren Monarchin sie war, keine Zeit.“ Dennoch gab es persönliche Begegnungen. Denn Anfang der 1970-er Jahre lebte Prinzessin Elisabeth sechs Jahre in London. In dieser Zeit wurde sie von der Queen zu einer Veranstaltung im Park und zu einem abendlichen Fest auf Schloss Windsor eingeladen.

„Es war ein sehr freundlicher, sehr netter Umgang, eine spürbare Verbundenheit. Die Queen kannte unsere verwandtschaftlichen Beziehungen genau und diese waren ihr auch wichtig, denn Familie an sich war ihr sehr wichtig“, erinnert sich die Prinzessin aus Glücksburg. Beide Frauen eint die Leidenschaft für Hunde. „Ein Leben ohne diese Begleiter macht keinen Sinn, das meinte die Queen auch“, sagt Prinzessin Elisabeth. Während das Herz der Queen an den Corgis hing, die sie auch selbst züchtete, wird die Prinzessin aus Glücksburg seit Jahrzehnten von Französischen Bulldoggen fast überall hin begleitet.

Auch Christoph Prinz zu Schleswig-Holstein bewegt der dann doch plötzliche Tod der Queen: „Mit Queen Elizabeth II haben wir eine herausragende Persönlichkeit der Zeitgeschichte verloren, ich habe große Hochachtung vor ihrem Lebenswerk.“
Es sei ihr immer wieder gelungen, die Gesellschaft in Großbritannien zusammen zu halten, „gerade weil sie sich mit politischen Themen intensiv, aber nur im Hintergrund befasst hat“, sagt der Gücksburger Schlossherr.

Ihre Beliebtheit und der Respekt ihr gegenüber zeigten, wie wichtig das Vertrauen von Mensch zu Mensch sei, und dass Monarchie für die Menschen in einer schnelllebigen Zeit Konstanz schaffen könne. „Ich hoffe, das gelingt auch ihrem Nachfolger Charles III zusammen mit der königlichen Familie“, sagt Christoph Prinz zu Schleswig-Holstein.

Elizabeth II liebte auch Pferde und das Landleben ohne Termine. Das kann die Glücksburger Prinzessin gut verstehen. Denn auch ihr Herz schlägt für das zwanglose Familienleben, dass sie schon als Kind an der Flensburger Förde genießen konnte. „Mir selbst war als Kind gar nicht bewusst, dass ich zu einer der bedeutendsten Adels-Familien Europas zähle. Wir sind zwar in dieses Haus reingeboren. Doch wir vier Schwestern hatten eine wunderbare Kindheit. Wir sind auf normale Schulen gegangen und haben nachmittags mit anderen Kindern gespielt, fast immer draußen, im Sommer oft am Strand“, erinnert sie sich. Normal und frei wirken auch die Fotos und Filme aus der Kindheit der verstorbenen Queen, die nun in allen Medien zu sehen sind.

Die Queen und Ehemann Philip immer als Einheit erlebt

Der Verlust ihres Ehemanns Philip, der Liebe ihres Lebens, habe sich sicher auch auf den Gesundheitszustand der Queen ausgewirkt, vermutet Prinzessin Elisabeth: „Man hat die beiden immer als eine Einheit erlebt. Philip war immer an der Seite von Elizabeth, er hat sie gestützt und gestärkt. Sein Tod hat die Queen schwer getroffen, vieles muss ihr danach viel schwerer gefallen sein.“ Sie habe danach noch alles Wichtige für den Bestand der Monarchie geregelt. Es sei ein Trost, dass sie friedvoll und im Kreise ihrer Familie einschlafen durfte.

„Nun ist es an König Charles III, die Monarchie in die Zukunft zu führen. Er hatte mehr als genug Zeit, sich auf diese Aufgabe vorzubereiten“, sagt Prinzessin Elisabeth. Sie hofft, dass er die Zeit findet, auch Glücksburg und das Schloss des Schwiegervaters von Europa zu besuchen.

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