Energiewende

So will Robert Habeck die Kooperation mit Dänemark ausbauen

So will Robert Habeck die Kooperation mit Dänemark ausbauen

So will Robert Habeck die Kooperation mit Dänemark ausbauen

Frank Jung/shz.de
Berlin/Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck begibt sich auf einen anderthalbtägigen Besuch nach Dänemark. Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Mit einem Besuch in Kopenhagen will Bundeswirtschaftsminister die Zusammenarbeit von Deutschland und Dänemark bei der Energiewende ausbauen. Shz.de hat mit Robert Habeck im Interview gesprochen.

Inspiration für eine umweltfreundliche Wärmewende, gemeinsamer Ausbau der Offshore-Windkraft, eine länderübergreifende Infrastruktur für Wasserstoff und die Einlagerung von CO2-Abfällen aus der deutschen Industrie unter der dänischen Nordsee: Bei einem am Donnerstagabend beginnenden Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Kopenhagen ist der Tisch thematisch reich gedeckt.

Im Interview erklärt der Grünen-Politiker genauer, was ihn nach Dänemark zieht – und warum eine Reise dorthin für ihn keine wie jede andere ist.

Herr Habeck, Dänemark hat sich früher als andere Länder konsequent der Energiewende verschrieben - was kann Deutschland von seinem nördlichen Nachbarn insbesondere lernen?

Eine Menge. Dänemark ist bei Energiewende und Klimaschutz ein Land zum Hingucken und Abgucken. Etwa die Wärmewende: Schon seit der Ölkrise in den 70ern wurden Fernwärmenetze ausgebaut – 65 Prozent der Haushalte sind angeschlossen. Der Einbau von neuen Öl- und Erdgasheizungen ist seit Jahren nicht mehr möglich. Insofern hilft ein Blick über Grenze, um die Maßstäbe noch mal neu zu eichen. Die Debatten, die wir hier zum Teil in großer Schärfe führen, haben andere längst – und zwar erfolgreich - entschieden. Deutschland muss jetzt aufholen: beim Ausbau der Wärmenetze, der Kommunalen Wärmeplanung, der Umstellung auf Erneuerbare Heizsysteme.

Wenn Sie in diesen herausfordernden energiepolitischen Zeiten unterwegs sind, geht es meist nicht nur darum, sich inspirieren zu lassen, sondern um konkrete Vereinbarungen zu intensivierter Zusammenarbeit bei Energieerzeugung oder gar Lieferungen von Energie. Welche Absprachen möchten Sie aus Kopenhagen gern mit nach Hause bringen?

Wir werden quasi einen Arbeitsplan für den Hochlauf einer deutsch-dänischen Wasserstoff-Infrastruktur vereinbaren. Das reiht sich in eine Reihe anderer Großprojekte ein. In der Ostsee bauen wir zusammen bis 2030 bis zu 3 Gigawatt Offshore-Windanlagen und schließen das Energie-Drehkreuz Bornholm mit Stromleitungen an das deutsche und dänische Festland an. In der Nordsee errichten unsere beiden Länder zusammen mit Belgien, den Niederlanden und der EU das erste europäische Kraftwerk. Der große, für die Energiewende wichtige Gedanke hinter all dem ist: Wir bündeln unsere Stärken und werden so zu einem gemeinsamen Energieraum.

Werden Sie am Freitag mit der dänischen Regierung auch über das Angebot Dänemarks sprechen, unter seinem Teil der Nordsee CO2 auch aus Deutschland zu verpressen?

Das wird Thema sein, ja. Wenn wir bis 2045 klimaneutral sein wollen, werden wir nicht umhinkommen, unvermeidliche Emissionen zu speichern. Das sagen im Prinzip alle Studien und Szenarien. Ich weiß, dass es eine umstrittene Frage ist, gerade in Schleswig-Holstein. Aber anders als früher geht es jetzt nicht mehr darum, die Debatte um die
Speicherung von CO2 als Deckmantel dafür zu nutzen, damit man einfach bis ultimo Kohlekraftwerke laufen lassen kann. Sondern es geht um die Emissionen, die wirklich nicht vermeidbar ist – zum Beispiel in der Zementindustrie. Da habe ich lieber die Emissionen in erprobten Speichersystemen unter der Erde als in der Atomsphäre. Und es ist nur sinnvoll, bei der Speicherung von CO2 zu kooperieren. Auch dafür erarbeiten wir in diesem Jahr in der Regierung eine Carbon-Management-Strategie.

Gibt es umgekehrt etwas, das Deutschland Dänemark für eine intensivierte Erneuerbare-Energien-Partnerschaft anbieten kann?

Wir würden uns freuen, wenn wir Dänemark für den Klimaclub gewinnen können. Die Idee des Klimaclubs ist, die Dekarbonisierung der Industrie voranzubringen, gemeinsam Standards für Klimatechnologien, für grünen Stahl zum Beispiel zu entwickeln. Das kann richtigen Schub schaffen. Der Klimaclub ist eine Initiative der G7-Länder und steht anderen Ländern offen. Dänemark hat schon früh Interesse bekundet, und ich würde mich sehr freuen, wenn es mit an Bord kommt.

Was kann eventuell gerade für Schleswig-Holstein als direktem Nachbar als Gewinn bei Ihrer Reise abfallen?

Ich reise ja als Bundesminister nach Dänemark und vertrete daher die Gesamtinteressen des Landes. Aber natürlich sind Schleswig-Holstein und Dänemark als direkte Nachbarn nochmal ganz anders miteinander verbunden. Und ich würde sagen, dass in Schleswig-Holstein bei den Erneuerbaren schon jetzt dänische Verhältnisse herrschen.

Dänemark ist für Sie nicht irgendein Land, sondern für Sie als Flensburger auch unmittelbarer Nachbar und mit Ihrer eigenen Vita verflochten. Auch wenn Sie als Fachminister zu Fachthemen reisen - ist es für Sie persönlich trotzdem keine Reise wie jede andere?

Dänemark ist für mich etwas unbesonders Besonderes. Gerade weil es so vertraut ist. Allein, weil wir hier in Flensburg leben, ist der Wechsel zwischen deutsch und dänisch alltäglich. Als Familie haben wir inzwischen enge Bindungen nach Dänemark. Es ist also ein bisschen wie zu Hause.

„Der Nordschleswiger“ wird von Robert Habecks Besuch berichten.

Mehr lesen

EU

EU überarbeitet Schengener Grenzkodex: Enttäuschung im Grenzland

Apenrade/Aabenraa Künftig soll bei der Einführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter anderem die Verhältnismäßigkeit geprüft werden, doch dafür dürfen Grenzkontrollen in Zukunft von den Staaten im Schengenraum noch länger aufrechterhalten werden. Die Parteisekretärin der Schleswigschen Partei, Ruth Candussi, und die Grenzlandpolitiker Rasmus Andresen und Stefan Seidler sind deshalb enttäuscht von dem Beschluss.