Lübeck/Ostholstein

So ist die Region bislang wirtschaftlich durch die Pandemie gekommen

So ist die Region bislang wirtschaftlich durch die Pandemie gekommen

So ist die Region wirtschaftlich durch die Pandemie gekommen

SHZ
Lübeck
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Viele Betriebe – darunter auch in der Gastronomie – haben verstärkt mit Personal-Engpässen zu kämpfen. Foto: Jens Büttner/dpa

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Wie steht es um die Wirtschaft zwischen Fehmarn und Lübeck? Regionale Arbeitsmarktakteure geben eine Brancheneinschätzung – und sehen Chancen für 2600 neue Jobs.

Lockdown, Kurzarbeit und Einzelhändler, die ob der Pandemie-Auswirkungen aufgeben mussten: Auf den ersten Blick scheint die Corona-Krise tiefe Spuren in der Wirtschaft hinterlassen zu haben. Aber wie ist die Situation der Unternehmen und Gewerbetreibenden sowie Handwerksbetrieben zwischen Fehmarn und Lübeck? Mit Hilfe des Arbeitsmarktmonitors, einer Netzwerkplattform der Bundesagentur für Arbeit, nahm jetzt eine Expertenrunde die 20 größten Branchen einzeln unter die Lupe und diskutierte deren Entwicklungen.

Die Vertreter der Handwerkskammer Lübeck, Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, Wirtschaftsförderung Lübeck, Entwicklungsgesellschaft Ostholstein mbH (Egoh), Arbeitgebervereinigung Lübeck-Schwerin, Unternehmensverband Ostholstein-Plön, Jobcenter Lübeck und Ostholstein sowie der Arbeitsagentur Lübeck sahen insgesamt gute Chancen für den regionalen Arbeitsmarkt. Seit 2010 sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bezirk der Agentur für Arbeit Lübeck kontinuierlich gestiegen.


„Im vergangenen Jahr hatte die Pandemie den Wachstumstrend zwar etwas gebremst, aber zu keinem Rückgang geführt“, sagte Markus Dusch, Vorsitzender der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit Lübeck. Mit Hilfe der Kurzarbeit seien viele Arbeitsplätze in der Region gesichert und das eingearbeitete Personal in Unternehmen gehalten worden. So waren zum Stand der aktuellsten Auswertung (per Ende März 2021) 162.136 Frauen und Männer zwischen Fehmarn und Lübeck beschäftigt gewesen – ein Plus von 106 oder 0,1 Prozent zum März 2020. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre betrug der Anstieg 22.554 oder 16,2 Prozent.

Wie sieht die regionale Entwicklung aus?

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erwartet indes, dass der Arbeitsmarkt insgesamt robust durch die neue Corona-Welle kommt und rechnet bundesweit bei der Erwerbstätigkeit mit einem Plus von 285.000 Personen in 2021 und einem weiteren Anstieg um 1,6 Prozent in 2022. Doch wie sieht die regionale Entwicklung aus?

Obwohl die Verfügbarkeit an Fachkräften das Beschäftigungswachstum bremst, Lieferengpässe und mögliche Einschränkungen durch die Pandemie Unsicherheiten bergen, gehen die regionalen Experten 2022 branchenübergreifend von einem Zuwachs von rund 2600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Lübeck und Ostholstein aus.

Personal-Engpässe im Tourismus-Sektor

Ein Teil des Personals wird dabei im Tourismus-Sektor benötigt. „Die Lübecker Bucht ist ein beliebtes Reiseziel und hat während der Corona-Pandemie weiter an Beliebtheit gewonnen“, sagte Dusch. Im Zuge der sinkenden Inzidenz-Zahlen und damit einhergehenden Lockerungen der Corona-Beschränkungen zog in den Sommermonaten auch die Personalnachfrage im Hotel- und Gastgewerbe wieder an.

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„Betriebe mussten jedoch verstärkt mit Personal-Engpässen kämpfen“, berichtet Dusch. Denn: Während die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Kurzarbeit im Unternehmen gehalten werden konnten, haben sich insbesondere Minijobber wegen fehlenden Anspruchs auf Kurzarbeitergeld oft neu orientiert.

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Arbeitskräfte fehlen auch in anderen Branchen

Die Beliebtheit der Urlaubs- und Wohnregion Lübecker Bucht, aber auch die Alterung der Gesellschaft, wachsende Zahl der Pflegebedürftigen, neue Einrichtungen in der Palliativ-Versorgung oder die Zunahme bei ambulanter Pflege sorgen wiederum im Gesundheits- und Sozialwesen für einen stetigen Personalbedarf. „Die Verfügbarkeit von Arbeitskräften stößt jedoch an ihre Grenzen und wurde durch die Pandemie weiter verschärft“, so Dusch.

Pandemiebedingte Mehrbedarfe entstanden auch bei der Herstellung von medizinischen Apparaten und Materialien ebenso wie bei der Herstellung von Nahrungsmitteln oder im Handel mit Lebensmitteln und Baustoffen. Aber auch das Baugewerbe oder der Garten- und Landschaftsbau profitierten von binnenwirtschaftlichen Investitionen, so Dusch. „Wachstumshemmend könnten sich hier ebenso wie in der Herstellung von elektronischen Erzeugnissen und anderen Wirtschaftsbereichen die Liefer- und Materialengpässe erweisen.“

So sollen 2600 Arbeitsplätze entstehen

Doch woher sollen diese 2600 zusätzlichen Arbeitskräfte kommen? „Verfügbare Arbeitskräfte sind heute spürbar knapper als noch vor Jahren und aufgrund der demografischen Entwicklung werden die Fachkräfteengpässe noch zunehmen. Hinzu kommen digitale und ökologische Transformationen, struktureller Wandel, deutlich geändertes Konsum- und Medienverhalten sowie die Geschwindigkeit der Veränderung von Arbeit“, sagte Dusch. Der Schlüssel zu mehr Arbeitskräften liege in der Aktivierung der sogenannten Stillen Reserve, Integration geflüchteter Menschen, Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte und der Qualifizierung, so Dusch weiter.

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