Fördeschnack

Schluss mit der Dauerbaustelle: Wie Flensburg an der Hafenspitze gewachsen ist

Schluss mit der Dauerbaustelle: Wie Flensburg an der Hafenspitze gewachsen ist

Wie Flensburg an der Hafenspitze gewachsen ist

SHZ
Flensburg
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Am Freitag wurden die Bauzäune an der Hafenspitze abgebaut. Foto: Michael Staudt/shz.de

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Der neue „Landgewinn an der Hafenspitze“ in Form der neuen Hafenkante – ein Geniestreich, findet unser Autor.

Der Fördeschnack ist eine wöchentliche Rubrik, die Themen rund um Flensburg aufgreift. In dieser werden aktuelle Ereignisse und Probleme glossierend kommentiert.

Auf dem Weg zur Großstadt ist Flensburg nicht zu bremsen. Unbeirrt, ja unaufhaltsam strebt die Einwohnerzahl der magischen 100.000er Marke entgegen. Das Ziel einer „Großen Großstadt“ (mindestens 500.000 Einwohner) und schließlich einer Millionen-Metropole scheint vor dem Hintergrund des rasanten Wachstums nicht mehr unrealistisch.

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Doch schon jetzt schieben sich die Einheimischen, die angesichts pandemischer Bedenken lieber zu Hause geblieben sind, Seite an Seite mit Urlaubern aus Restdeutschland und Kohorten aus dem dänischen Königreich dicht gedrängt durch die Fußgängerzone. Und auf der Fördepromenade muss man inzwischen viel Zeit einplanen, um von der Hafen- bis zur Harniskaispitze durchzudringen, ohne von einem rasenden Radfahrer auf die Hörner genommen zu werden.

Lange Wartezeiten für ein Fischbrötchen

Restaurants sind bis auf den letzten Stuhl besetzt. Schlangen allerorten. Man sieht es exemplarisch an Ben's Fischhütte, wo dem Genuss eines Matjesbrötchens ein zermürbendes, stundenlanges Geduldsspiel vorgeschaltet ist. Oder vor der angesagten Klähblatt-Kneipe, wo sich späte Gäste auf das Herzlichste nah sind und in die Arme fallen.

Wohin bloß mit all den Menschen? Selbst wenn man, in die Zukunft gedacht, umliegende Dörfer kurzerhand eingemeinden und so ganz elegant expandieren sollte, wäre neben der Wohnungsknappheit das Platzproblem kaum zu bewältigen. Kreative Lösungen also müssen her, intelligente Köpfe ebenso. Die findet man, wenn man ganz genau hinschaut, beim Technischen Betriebszentrum, kurz TBZ.

Dort hat man sich den Umstand korrodierender Spundwände am Hafenbecken zunutze und aus der Not eine Tugend gemacht. Fast ein geschlagenes Jahr haben fleißige Arbeiter an der maroden Kaimauer laboriert, den Kampf gegen überfrierendes Hochwasser, Lieferengpässe und den tückischen Mühlenstrom aufgenommen. Kalte Nächte haben sie sich um die Ohren geschlagen, um sich nach Monaten des Verzugs von erbosten und chronisch nörgelnden Gastronomen auch noch anhören zu müssen, sie sollten endlich Land gewinnen.

Um stolze 65 Quadratmeter gewachsen

Die Initialzündung! Gesagt, getan, befand die TBZ-Spitze. Ein leitendes Ingenieurbüro wurde damit beauftragt, dem Meer ein gehöriges Stück Land abzutrotzen. So wurden 30 unverwüstliche Stahlspundbohlen tief in den Boden eingebracht, die neue Kaimauer ein gehöriges Stück vor die bestehende gesetzt, mit einer Ankerwand aus Stahlbeton rückverankert, mit Kopfbalken und einem Finish aus schwerem Granit versehen. Auf dass man das gewonnene Stück Land nie wieder hergeben müsse. Flensburg ist also, von vielen unbemerkt, um stolze 65 Quadratmeter gewachsen. Ein Geniestreich!


Der guten Nachrichten nicht genug: Die im September begonnenen Arbeiten, die den Spätsommer 2020 verhagelten und uns die diesjährige Saison versüßten, konnten jetzt mit halbjähriger Verspätung (rechtzeitig vor Einbruch des Winters) abgeschlossen werden. Zäune wurden bereits mutig entfernt, Fahrradständer in einem finalen Schritt montiert. Am Donnerstag wurde das Projekt, das inzwischen annähernd eine Million Euro verschlingen dürfte, offiziell abgenommen.

Ganz ehrlich, irgendwie wird sie uns doch fehlen, die Dauerbaustelle an der Hafenspitze.

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