Corona im Weihnachtsgeschäft

Schleswig-Holsteins Händler klagen über 20 bis 30 Prozent weniger Umsatz

Schleswig-Holsteins Händler klagen über 20 bis 30 Prozent weniger Umsatz

Schleswig-Holsteins Händler klagen über 20 bis 30 Prozent weniger Umsatz

SHZ
Flensburg/Pinneberg/Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Auch in den Geschäften von Itzehoe muss ein 2G-Nachweis vor dem Einkauf erbracht werden. Das hat Auswirkungen auf die Kundenfrequenz. Foto: Michael Ruff Foto: 90037

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Ist dieses Weihnachtsgeschäft noch zu retten? Ja und nein, sagen Händler in Schleswig-Holstein. Während man sich in Flensburg über shoppende Dänen freut, bemerkt ein Pinneberg Händler ein verändertes Kundenverhalten.

Die Stimmung in den Fußgängerzonen, Einkaufszentren und Einkaufsstraßen im Land ist eine Woche vor Weihnachten sehr gemischt: Seit Samstag (4. Dezember) gilt im Einzelhandel in Schleswig-Holstein die 2G-Regel (genesen oder geimpft). Viele Händler im Land berichten seitdem von Umsatzeinbrüchen – auch, weil es kaum Weihnachtsmärkte gibt, die Kunden in die Städte locken.

Darauf weist vor allem der Handelsverband Nord in Kiel hin. „Es fehlen in vielen Städten Schleswig Holsteins die Weihnachtsmärkte“, so Mareike Petersen. Dadurch werde normalerweise in der Vorweihnachtszeit immer viel Kundschaft in die Fußgängerzonen und Einkaufszentren des Landes gelockt: „Wir verzeichnen auch im Weihnachtsgeschäft 2021 eine deutlich verminderte Frequenz in den Läden als vor der Pandemie.“


Petersen beziffert die dadurch entstehenden Umsatzrückgänge ihrer Mitglieder im Durchschnitt auf 20 Prozent. Die 2G-Regelung sehe der Handel im Norden grundsätzlich positiv, vor allem weil die Vorschrift nur stichprobenartig umgesetzt werden muss. Der Handelsverband warnt aber vor weiteren Restriktionen, da viele kleine und mittelständische Unternehmen mit dem gebremsten Weihnachtsgeschäft bereits in Existenznot geraten sind. „Viele Kunden wollen Kontakte vermeiden und kaufen online.“

Lieferengpässe bei Elektronik und Fahrrädern

Auch hierfür habe sie Verständnis. Petersen appelliert aber, vor dem Bestellen im Netz zu schauen, ob nicht auch der Händler vor Ort einen Lieferdienst oder ähnliches anbietet. Lieferengpässe gebe es derzeit hauptsächlich bei Fahrrädern, Elektronikgeräten und Spielekonsolen.

Auch interessant: 2G-Shopping im Kreis Pinneberg: So kommen die neuen Corona-Auflagen an

Die Einschätzungen des Verbands teilen auch große Unternehmer aus Schleswig-Holstein. shz.de hat bei Einzelhändlern im Land nachgefragt, wie sie zu 2G stehen und wie das Weihnachtsgeschäft angelaufen ist.

Holsten-Galerie in Neumünster:

„Umsatzeinbrüche sind da“, berichtet Christian Langsdorff, Centermanager der Holsten-Galerie mit 90 Shops in Neumünsters Innenstadt. Er ist überzeugt, dass es besser als in anderen Bundesländern laufe, wo die Händler jeden einzelnen Kunden kontrollieren müssen. Die Stichprobenprüfung sei leichter zu bewältigen. und „Das ist bei uns sehr gut gelöst, dennoch ist die Konsumstimmung gedämpft“, so Langsdorff.


Wirtschaftsvereinigung Bad Oldesloe:

Nach einem ersten Schock habe der Einzelhandel in Bad Oldesloe die 2G-Regel „mit Fassung getragen“, berichtet Nicole Brandstetter, Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung in der Stormarner Kreisstadt. Und das, obwohl die Einnahmen auch hier um 20 bis 30 Prozent eingebrochen seien. „Das ist allerdings auch eine Gesamtgemengelage. Die Stimmung beim Weihnachtsshopping ist durch die Pandemie generell gedämmt. Es fehlt auch an Veranstaltungen und Weihnachtsmärkten zum Beispiel“, sagt Brandstetter. Die Atmosphäre in den Innenstädten sei nicht mit Jahren außerhalb der Pandemie zu vergleichen.


Positiv: Geschenke werden nach wie vor lokal gekauft. Das sei auch ein wichtiges Zeichen an die Händler. Denn wenn noch mehr über das Internet bestellt werde, würde der lokale Handel noch tiefer in die Krise rutschen. „Bis auf einige Fälle haben wir auch nur die Rückmeldung, dass die Kunden die Regeln positiv annehmen und sich daran halten.“


Für Verwirrung habe zum Teil gesorgt, dass einige Geschäfte jeden Kunden kontrollieren, andere aber nur stichprobenartig, was auch legal sei. Eine weitere Verschärfung der Regeln dürfe es allerdings nicht geben. „2G-Plus wäre gleichbedeutend mit einem Shutdown. Dann kann der Handel dichtmachen“, sagt Brandstetter.

Modehäuser in Rendsburg und Schleswig:

„Die Auswirkungen von 2G sind bei uns nicht sehr dramatisch. Ein großer Teil der Menschen ist ja mittlerweile geimpft oder genesen. Ich habe den Eindruck, dass die Leute sehr vernünftig mit der aktuellen Situation umgehen“, sagt Axel Bornhöft, Inhaber der I.D-Sievers-Modehäuser in Rendsburg und Schleswig.


„Wir kontrollieren stichprobenartig die Impfausweise und führen darüber Buch. Das Ordnungsamt hat uns gestern geprüft und war zufrieden. Was die Verkäufe angeht: Insgesamt würde ich unseren Umsatz als schwankend beschreiben. Natürlich wirkt sich Corona aufs Geschäft aus. Es gibt aber auch Tage, an denen wir sogar wieder die Umsätze erreichen, die wir vor der Pandemie hatten.“

Auch interessant: 40 Prozent weniger Kunden? Handelsverband-Zahlen verwundern Elmshorns Händler

Einzelhändler in Flensburg:

Jens Drews von der Flensburger Gilde und Chef von Drews Optik beklagt für Einzelhandel und Gastronomie in Flensburg sogar eine schlimmere Situation im vergangenen Jahr. Seine Mitstreiter verzeichnen Umsatzrückgänge von 40 bis 60 Prozent. Ganz schlimm sei es für die Gastronomie. Reihenweise wurden Veranstaltungen sowie Reservierungen abgesagt. Der für alle wichtige Dezember, um sich ein Polster für das Frühjahr 2022 zu schaffen, fehlt. Wenn jetzt auf die Rückzahlungen der Soforthilfen gepocht werde, sieht er düstere Zeiten auf Unternehmer sowie die touristisch orientierten Innenstädte zukommen.


Ulf von Finthel, von der IG Innenstadt in Flensburg, klagt über weniger Frequenz in der City. „Man spürt, dass die Aufforderung, Kontakt zu vermeiden, von Erfolg gekrönt ist. Die Tendenz ist so, dass die Frequenz rückläufig ist. Positiv ist, dass wir tatsächlich wieder mehr Dänen in der Innenstadt haben. Das rettet Flensburg den Handel. Wir glauben, dass wir mit einem blauen Auge davon gekommen sind, auch weil 2G nicht wie anderen Bundesländern am Eingang kontrolliert werden muss. Das hat uns geholfen. 2G wird bei uns exzellent umgesetzt. Abstände werden eingehalten. Unsere Hoffnung ist, dass Dänemark nicht zum Virusvariantengebiet erklärt wird.“

Werbegemeinschaft Husum:

Peter Cohrs, Sprecher der Werbegemeinschaft Husum, beobachtet, dass in Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten durchaus weniger Menschen in der Husumer Innenstadt unterwegs sind. „Diejenigen, die kommen, gehen aber mit konkreten Wünschen in die Geschäfte“, so der Geschäftsführer des Modehauses CJ Schmidt. Und im Vergleich zur Vorweihnachtszeit 2020, als die Zeichen auf Lockdown standen, hätten sich die Besucherfrequenzen eher positiv entwickelt..

Weiterlesen: Oberverwaltungsgericht Schleswig: 2G-Regel im Einzelhandel ist rechtmäßig

Modehaus in Pinneberg:

„Im Großen und Ganzen funktioniert 2G in unseren Geschäften sehr gut“. Hermann Kunstmann, Inhaber der gleichnamigen Modehäuser in Pinneberg überprüft, wie vorgeschrieben, stichprobenartig die Zertifikate seiner Kunden. Für sein Team ist das nur wenig Mehraufwand: „Unser Arbeitsrhythmus ist derzeit weniger stressig, weil Kunden nicht mehr nur zu Stoßzeiten einkaufen gehen.“ Kunstmann hat eine Veränderung im Käuferverhalten festgestellt: „Viele kommen schon am Vormittag, weil sie wissen, dass dann nicht so viel los ist.

Für kleine Kinder gilt 2G nicht

Ausgenommen von der 2G-Regel sind laut Land nur Kinder bis zur Einschulung und minderjährige Schülerinnen und Schüler, die regelmäßig in der Schule getestet werden. Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können (durch ärztliches Attest bestätigt), können mit einem negativen Test auch dort einkaufen, wo 2G-Regeln gelten.

Auch interessant:

Mehr lesen