Autobahnen und Bundesstraßen

Schleswig-Holstein entgehen 300 Millionen Euro für den Straßenbau

Schleswig-Holstein entgehen 300 Millionen Euro für den Straßenbau

SH entgehen 300 Millionen Euro für den Straßenbau

SHZ
Kiel/Berlin
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Stillstand: Zeitweise gab es im Norden kein einziges baureifes Projekt. Foto: Bernd Wüstneck / SHZ

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Der Bund investiert auch unter Verkehrsminister Andreas Scheuer auffällig viel Geld in Bayern – aber nur wenig im Norden. Warum sich Letzteres bald ändern könnte.

Seit 2009 stellt die bayerische CSU den Bundesverkehrsminister und stets ist es das gleiche Bild: Für den Bau und Erhalt von Autobahnen und Bundesstraßen fließt auffällig viel Geld nach Bayern – aber relativ wenig nach Schleswig-Holstein.

Weiterlesen: Milliarden für den Straßenbau - aber Schleswig-Holstein bekommt keinen Cent

Nun hat sich dieser ohnehin deutliche Trend unter dem aktuellen Minister Andreas Scheuer sogar noch verstärkt: Der CSU-Mann hat die jährlichen Investitionen in Fernstraßen in den drei Jahren seiner Amtszeit von acht Milliarden Euro auf gut neuneinhalb Milliarden erhöht – und Bayern hat davon mit gleich 650 Millionen Euro zusätzlich profitiert. Schleswig-Holstein dagegen bekam gar nichts obendrauf, sondern musste sogar mit vier Millionen Euro weniger auskommen. Das geht aus neuen Zahlen hervor, die Scheuer auf Anfrage der Grünen im Bundestag vorgelegt hat.

Noch klarer wird der Vorteil von Bayern gegenüber Schleswig-Holstein, aber auch gegenüber dem besonders unter maroden Autobahnen leidenden Nordrhein-Westfalen, wenn man die aus Berlin geflossenen Summen mit dem Betrag vergleicht, den die Länder gemessen an ihrer Bevölkerung und Finanzkraft eigentlich erwarten könnten. Richtschnur dafür ist der „Königsteiner Schlüssel“, nach dem sonst oft Bundesgeld auf die 16 Länder verteilt wird.

Nach Bayern flossen 6,2 Milliarden Euro – statt 4,4 Milliarden

Gemäß diesem Schlüssel hätte Bayern in den letzten drei Jahren nur mit 4,4 Milliarden Euro für Autobahnen und Bundesstraßen rechnen können. Tatsächlich waren es aber 6,2 Milliarden, rund 1,8 Milliarden oder 41 Prozent mehr als zu erwarten. In Nordrhein-Westfalen dagegen waren es 24 Prozent weniger – und in Schleswig-Holstein sogar 31 Prozent. Fast 300 Millionen Euro sind dem nördlichsten Bundesland so seit 2018 entgangen (siehe Tabelle).


Der grüne Bundestagsfraktionsvize und Verkehrsexperte Oliver Krischer aus Düren sieht hinter dem Geldfluss nach Bayern eine Strategie: „Der Verkehrsetat des Bundes wird gezielt zur Machtsicherung der CSU eingesetzt“, kritisiert er. Dass Autobahnbrücken „in Nordrhein-Westfalen und nicht in Bayern kollabieren“, sei „kein Zufall“.


Er rechnet vor, dass Bayern fast genau den Betrag vom Bund erhält, den laut Königsteiner Schlüssel das viel einwohnerstärkere NRW erhalten müsste – und umgekehrt. Selbst Horst Seehofer gab schon vor fünf Jahren als damaliger CSU-Chef zu: „Es macht Sinn, den Bundesverkehrsminister zu stellen – es ist gleichbedeutend mit Überweisung.“

Zeitweise kein baureifes Vorhaben in Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein gehört aber auch zur Wahrheit, dass die hiesigen Verkehrsminister und ihre Planungsbehörde bisher nicht so schlagkräftig waren wie in Bayern und daher oft nicht mal das Geld verbauen konnten, das der Bund ihnen bereitgestellt hatte. Zeitweise gab es im Norden kein einziges baureifes Vorhaben. Bezeichnend sind die juristischen Pleiten beim Weiterbau der Küstenautobahn A20: Gleich dreimal in fünf Jahren kassierte das Bundesverwaltungsgericht Baugenehmigungen des Landes – seit Ende 2009 konnte kein einziger Meter mehr gebaut werden.

Darauf verweist auch die Autobahn GmbH von Scheuer, die seit 2020 für die Schnellstraßen in Schleswig-Holstein zuständig ist.


Sobald die Klagen gegen die A20 abgeschlossen seien, werde Geld fließen, sagt Merl. Zudem habe das Land jetzt „überproportional viele Planungsmittel“ für den Weiterbau der A21 sowie den Ausbau der A23 und B207 bereitgestellt, so dass auch hier Geld zu erwarten sei. Auch werde auf der A1 kräftig saniert. Schon letztes Jahr konnte das Land daher mehr ausgeben als vom Bund geplant – und erhielt einen 45-Millionen-Euro-Nachschlag.

Kieler Minister Buchholz stimmt nicht in die Kritik an Scheuer ein

Der Kieler Verkehrsminister Bernd Buchholz will daher nicht in die Kritik der Grünen an Scheuer einstimmen. „Entscheidend ist, dass die Mittel für die geplanten und notwendigen Maßnahmen auskömmlich sind“, sagt der FDP-Mann. Die reine Orientierung am Königsteiner Schlüssel sei dagegen „nicht zielführend“.

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