Früherer SPD-Minister

Ralf Stegners Nachruf zum Tod von Heide Simonis: „Sie war in vielem die Erste“

Ralf Stegners Nachruf zum Tod von Heide Simonis

Ralf Stegners Nachruf zum Tod von Heide Simonis

Ralf Stegner/shz.de
Kiel
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Schleswig-Holsteins Ex-Ministerpräsidentin Heide Simonis und der heutige Pinneberger Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner. Foto: Wolfgang Schmidt/shz.de

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Ralf Stegner war Wegbegleiter des Aufstiegs von Heide Simonis zur Ministerpräsidentin. Simonis macht Stegner später zum Finanzminister – und er war auch dabei, als ihre politische Laufbahn 2005 endete. Ein persönlicher Nachruf.

Wir trauern heute um Heide Simonis, die im Alter von gerade 80 Jahren gestern verstorben ist. Sie war in vielem die Erste. Die Erste, die sich in der Finanzpolitik im Deutschen Bundestag behauptet hat, im Haushaltsausschuss, war auch die jüngste Abgeordnete. Sie wurde die erste Ministerpräsidentin eines deutschen Bundeslandes und hat in Schleswig-Holstein die Regierung in einer schwierigen Zeit nach dem Rücktritt von Björn Engholm übernommen. 

Sie hat vieles geleistet für dieses Land und für ihre Partei, die SPD. Sie war eine ausgebuffte Finanzpolitikerin auf der einen Seite und immer direkt, klar, mutig, ehrlich, auch unkonventionell. Mit ihren Hüten und ihren Ringen, ihrem Faible für Flohmärkte, mit ihrem heimischen Porzellanmuseum, mit dem Quilten oder dem Krimi schreiben oder dass man sie auch barfuß sehen konnte. 

Aber gleichzeitig war sie bodenständig. Und ihr rheinischer Humor und ihr Temperament waren das eine, die preußische Pflichterfüllung, egal wie hart die Anforderungen auch waren, waren das andere. Die Menschen mochten sie mit ihrer Art, die immer authentisch war – egal ob sie ihr begegnet sind auf der Straße, im Konzert, auf dem Flohmarkt oder eben in den Medien. 

Heide Simonis hat wirklich vieles geleistet. Sie war keine Frau-Frau. Sie hat manchmal nach dem Motto gehandelt: Wenn Sie wollen, dass jemand redet, wenden Sie sich an einen Mann. Wenn Sie wollen, dass es getan wird, wenden Sie sich an eine Frau. Also sie war der festen Überzeugung, dass man sich durchsetzen kann in Bastionen, die bis dato männliche waren – und hat das auf ihre eigene Art und Weise spielend geschafft. Viele, die der Meinung waren, sie könnten das besser als sie, haben sich getäuscht. 

Ich persönlich habe ihr viel zu verdanken. Sie hat mir vieles zugetraut und anvertraut. Ich kann mich noch gut entsinnen, wie sie zu mir gesagt hat: Du hast dich jetzt genug über die Finanzpolitik beschwert, jetzt wirst du selbst Finanzminister. Wir haben manches gemeinsam durchgestanden. Sie hatte viel Gegenwehr, hatte vieles politisch zu verkraften – wenn ich etwa an ihre Abwahl denke als Ministerpräsidentin, als ein bis heute immer noch unbekannter Abweichler aus den eigenen Reihen ihre Karriere buchstäblich hinterhältig zerstört hat. 

Sie hatte auch persönlich, menschlich, gesundheitlich vieles zu ertragen und hat das mit großer Tapferkeit getan. Insofern war sie wirklich eine großartige Frau, die zu Recht Ehrenbürgerin unseres Landes gewesen ist. Auch da war sie die Erste. Sie hat ihre eigenen Fußstapfen hinterlassen in der schleswig-holsteinischen Geschichte. Und sie ist in gutem Ansehen geblieben. 

Sie gehört zu denjenigen, die auch nach ihrer politischen Karriere noch Ehrenvolles getan haben. Nicht das große Geld verdient im Finanzbereich, was sie sicher hätte tun können. Sondern sie hat sich für Kinder engagiert, bei Unicef zum Beispiel als Botschafterin, und hat an Tanzwettbewerben teilgenommen, über die andere gespottet haben, deren Ertrag aber eben den Kindern zugute kam.

So war sie, so werden wir sie in Erinnerung behalten. Ich vermisse sie sehr. Sie hat der schleswig-holsteinischen Sozialdemokratie auch ein eigenes, unverwechselbares Profil mit verliehen – sie ist übrigens auch immer links geblieben, auch als Ministerpräsidentin. Meine Gedanken sind bei ihrem Ehemann Udo und ihrer Familie.

Liebe Heide, vielen Dank für alles und Frieden. Danke, Heide.

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