Gesellschaft

Psychosen oder Gedächtnisstörungen: Folgen von Cannabis vor allem für junge Konsumenten

Psychosen: Folgen von Cannabis vor allem für junge Konsumenten

Psychosen: Folgen von Cannabis vor allem für junge Menschen

Inga Gercke/shz.de
Flensburg
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Cannabis-Legalisierung: Welche Konsequenzen hätte die angestrebte Gesetzesänderung der Bundesregierung? Foto: www.imago-images.de

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Noch in diesem Jahr soll das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung kommen. Suchthilfeberatungen sind besorgt. Gerade für junge Konsumenten kann die Droge verheerende Folgen haben.

Je jünger Cannabis-Konsumenten sind, desto gefährlicher wird die Droge für sie, so Jakob Koch vom Zentrum für integrative Psychiatrie (ZIP) in Kiel. Damit meine er nicht die akuten Wirkungen wie Wahrnehmungsveränderungen oder Panikattacken, sondern vor allem Langzeitschäden. Kiffen könne beispielsweise zu Gedächtnisstörungen oder Psychosen führen. „Je früher eine Psychose auftritt, desto größer ist die Gefahr, dass es einen chronischen Verlauf nimmt“, so der Suchtexperte. 

Bei gelegentlichem Cannabiskonsum steige die Häufigkeit einer psychotischen Störung um bis das Zweifache, bei höherem Konsum sogar um das 4,8-fache. Fast die Hälfe der Konsumenten mit einer Psychose entwickle später eine Schizophrenie. „Die Studienlage weist darauf hin, dass ein frühes Einstiegsalter und regelmäßiger und starker Konsum bis ins Erwachsenenalter zu anhaltenden Defiziten führt“, sagt Koch. Er hielt am Donnerstag einen Gastvortrag bei einer Fachtagung der Landesstelle für Suchtfragen Schleswig-Holstein (LSSH). Die wiederum hatte zu der Fachtagung unter dem Motto „Cannabis: Was wäre wenn?“ eingeladen. Hintergrund sind die von der Bundesregierung geplanten Gesetzesänderungen zur Cannabis-Legalisierung. 

Cannabis – das plant die Bundesregierung

In Deutschland sollen der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von maximal drei Pflanzen künftig straffrei sein. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen. Mit einem Gesetzesentwurf wird im September gerechnet. 

„Klar ist aber, dass sich durch die Gesetzesänderung die Konsumentenzahl erhöhen wird. Unklar ist, wie die Suchtberatungen mit der Mehrarbeit umgehen sollen“, sagt Björn Malchow, Geschäftsführer der LSSH.

Viele junge Konsumenten in SH

„Eigentlich ist das Problem schon da“, sagt er. Ein Fünftel der Menschen in der Suchtberatung kommen, weil sie ein Problem mit Cannabis hätten. Zahlen aus über 70 Einrichtungen der ambulanten Suchtkrankenhilfe in Schleswig-Holstein zeigen zudem, dass 44 Prozent der Konsumenten keine Ausbildung begonnen haben – bei Alkohol sind es zehn Prozent.

Der Toxikologe Lars Wilhelm macht auf ein weiteres Problem aufmerksam:  „Beim Alkohol kann ich Ihnen ausrechnen, wann ich wieder nüchtern bin. Das funktioniert beim THC nicht. Die Einschätzung, wann man wieder nüchtern ist, ist fast unmöglich.“

Dass ein erhöhter Handlungsbedarf besteht, spätestens wenn das Gesetz kommt, darin sind sich alle Referenten einig. Ein niederschwelliges Beratungsangebot bei Suchtfragen bietet ab Freitag das Onlineangebot „Suchtberatung digital SH“. Das LSSH hat dafür zusammen mit dem Ministerium für Justiz und Gesundheit sowie dem Suchtselbsthilfeverbund Arge das Projekt ins Leben gerufen. Via Postleitzahl oder Ort kann eine der 32 angegliederten Suchtberatungen direkt kontaktiert werden. Beratungen können im Chat, per Video oder persönlich erfolgen – auf Wunsch auch anonym.

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