Gesellschaft

Petra Grümmert begleitet Menschen in ihren letzten Stunden

Petra Grümmert begleitet Menschen in ihren letzten Stunden

Petra Grümmert begleitet Menschen in ihren letzten Stunden

Peter Hamisch/shz.de
Flensburg
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Petra Grümmert (l.) und weitere neue Sterbebegleiter wurden von Claudia Hahn (4.v.li) auf ihre Aufgabe vorbereitet. Foto: Peter Hamisch

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Die Erkrankung ihres Sohnes brachte Petra Grümmert aus Mittelangeln dazu, Schwerkranken zu helfen. Mit dem Hospizdienst Angeln begleitet sie nun auch Menschen in ihren letzten Stunden.

Die schönen Seiten des Lebens genießen. Wer möchte das nicht? Doch manchmal hält das Leben unschöne Seiten bereit. Schicksalsschläge können das Leben von einer Minute zur anderen völlig verändern. Dies haben Petra Grümmert und ihre Familie aus Mittelangeln erfahren, als ihr heute 28 Jähriger Sohn Marcel mit 13 Jahren an Knochenmarkkrebs erkrankte.

Für viele Monate wurde die Uniklinik in Kiel der Lebensmittelpunkt von Petra Grümmert und ihrem Sohn. In dieser Zeit erfuhr die Familie, was das Wort Nächstenliebe bedeutet und wie schnell Menschen auf die Hilfe und Unterstützung ihrer Mitbürger angewiesen sein können. Gerne erinnert sich Petra Grümmert an die Organisation „Wünsch Dir was“. Die ehrenamtlichen Helfer waren im Krankenhaus präsent, um den Kindern und ihren Familien Wünsche zu erfüllen.

Eine BMW-Tour krempelte das Leben um

„Für manche Kinder war das der letzte Wunsch, der erfüllt werden konnte. Marcel war Fan der Automarke BMW und wünschte sich eine Tour in einem BMW Testwagen. „Wünsch Dir was“ lud ihn und die Familie nach München ein, wo der bekannte BMW Testfahrer Matthias Malmedie auf Marcel wartete und mit ihm eine Stunde durch München fuhr. Diese Aktion, die bei ihrem Sohn Marcel so viele positive Gefühle frei setzte, krempelte das Leben von Petra Grümmert völlig um.

Sie erkannte, dass Helfen wichtig sei und keine Einbahnstraße ist, sondern auch dem Helfenden vieles gibt. Sie wurde Unterstützer von „Wünsch Dir was“, organisierte Aktionen und sammelte Geld für die Durchführung der Hilfsprojekte.

Durch vereinsinterne Querelen zog sich Petra Grümmert nach einigen Jahren zurück. In ihrer Nachbarschaft hatte sie inzwischen Menschen gefunden, die dankbar waren für ihre nachbarschaftliche Hilfe und Begleitung in schweren Stunden. In dieser Zeit reifte bei ihr das Interesse, als Sterbebegleiterin im Hospizdienst tätig zu sein. So kam sie mit dem Hospizdienst Angeln in Verbindung, der seit über 20 Jahren tätig ist, seinen Sitz in Gelting hat und in dessen Reihen heute fast 50 ehrenamtliche Helfer in ganz Angeln tätig sind.

Kursus bereitet auf die Aufgabe vor

Petra Grümmert gehört zu ihnen und hat vor einigen Tagen auf dem Ferienhof Osterbunsbüll den Qualifizierungskurs für „ehrenamtliche Begleiter in der letzten Lebenszeit“ teilgenommen. Über sieben Monate wurden die Teilnehmer theoretisch und praktisch an diese Aufgabe herangeführt. „Wir schenken Zeit“, unterstreicht die Koordinatorin im Hospizdienst Angeln, Claudia Hahn. Zeit zum Reden, Zeit zum Zuhören und auch Zeit, um schweigend bei dem Menschen zu sein, Nähe zu geben.

Eine weitere Aufgabe sieht Claudia Hahn darin, Tod und Trauer in der Gesellschaft präsenter zu machen, dem Umgang mit dem Tod die Angst und Scheu zu nehmen. „Das Thema Tod ist in unserer Gesellschaft völlig unterbelichtet“, moniert Hahn. Corona hat viel Negatives bewirkt, aber auch das Thema Tod mehr in den Mittelpunkt gerückt.

Zeit schenken

„Die Menschen fragen zum Thema Tod nach, sind neugierig geworden“, berichtet Multiplikatorin Dorothea Ludwig und Claudia Hahn ergänzt, das vermehrt um Unterstützung nachgefragt werde und der Wunsch geäußert werde, sein Leben in gewohnter häuslicher Umgebung beenden zu können. „Wir kommen gerne“, lautet bei einer Anfrage die sofortige Antwort. Die Begleitung kann zu Hause, im Pflegeheim, im Krankenhaus und im stationären Hospiz erfolgen.

Für Petra Grümmert und die weiteren fünf neuen Sterbebegleiter gab es während der Qualifizierung viele Informationen über den Umgang mit Sterbenden, aber auch rechtliche Dinge, die es zu beachten gilt. Das Wichtigste ist aber, für jeden Sterbebegleiter Zeit mitzubringen, Zeit zu schenken. Der Weg in den Hospizdienst ist für die Helferinnen unterschiedlich. Oftmals sind es eigene Erfahrungen in der Familie, wobei Angehörige zu begleiten waren, oder die Suche nach einer sinnvollen Aufgabe im Ruhestand, wie bei Berit Schneider.

Ähnlich bei Rainer Larsen, der den Wunsch hat „etwas geben zu wollen“. In den schweren Stunden des Todes einsam, alleine zu sein, ist für Angela-Helena Schelletter eine schlimme Vorstellung, der sie etwas entgegen setzen möchte mit ihrem Engagement im Hospizdienst. „Die Zeit ist reif“, begründet kurz und knapp Siegrid Gröning aus Glücksburg ihr Engagement im Hospizdienst.

Ein neuer Qualifizierungskurs startet im Februar 2024. Interessierte melden sich beim Hospizdienst Angeln unter 04643-186500 oder unter hospizdienst-angeln.de

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