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Mehr als ein Dorf: Regionalplan soll Handewitts Entwicklung berücksichtigen

Mehr als ein Dorf: Regionalplan soll Handewitts Entwicklung berücksichtigen

Regionalplan soll Handewitts Entwicklung berücksichtigen

Jan Kirschner/shz.de
Handewitt
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Die Siegfried-Lenz-Schule in Handewitt wird erweitert. Foto: Jan Kirschner

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Trotz der Bautätigkeiten im Ortskern hat die Gemeinde auf der Geest keine zentralörtliche Funktion. Vor 14 Jahren ist Handewitt schon mal damit gescheitert, das zu ändern.

Ist Handewitt noch ein Dorf? Noch Mitte der 90er Jahre, als die Kaufmannsläden mittags schlossen, und die Kirche und der Gasthof den Ortsmittelpunkt bildeten, hätte man diese Frage klar bejaht. Seitdem wird ein enormes Wachstum mit dem Einzug von urbanen Elementen begleitet. In zentraler Lage sind gerade vier neue Baukörper entstanden. Sie sind dreigeschossig. „Das ist ja wie in einer Stadt“, meint manch einer.

In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats kamen weitere Fakten auf den Tisch, die die gelegentlich verwendete Bezeichnung „Handewitt-City“ bestätigen. Da war die Rede von mehreren hundert Stellplätzen, die sich auf und um den Wiesharder Markt gruppieren. Dann wurde ein Nachtragshaushalt beschlossen, der mit einem Volumen von 44 Millionen Euro die Vorstellungskraft jeglicher Dorf-Idylle sprengt.

Bürgermeister Thomas Rasmussen berichtete von einer hohen Zahl an Arbeitsplätzen, einer umfangreichen sozialen Infrastruktur, diversen Gesundheitsdienstleitungen – und vor allem über eine Schule, an der man sogar das Abitur ablegen kann.

Zu wenige Einwohner für „Stadtrandkern zweiter Ordnung“

Was angesichts dieser langen Liste verwundert: Handewitt hat offiziell keine zentralörtliche Funktion. Während Harrislee oder Glücksburg seit Dekaden als „Stadtrandkerne zweiter Ordnung“ gelten, läuft Handewitt dieser Einordnung, die für die Landesplanung von hoher Bedeutung ist, hinterher. Vor 14 Jahren hatte sich die Geestkommune letztmals ernsthaft bemüht, scheiterte aber. Zu wenige Einwohner im Kernbereich hieß es damals. Die gesamte Gemeinde mit allen Ortsteilen zählt zwar über 11.000 Köpfe, in „Handewitt-City“ sind es aber keine 5000. Handewitt will nun einen neuen Anlauf unternehmen.

Konkreter Anlass ist die Neuaufstellung des Regionalplans. Dieses Instrument gibt „mit den sogenannten Zielen und Grundsätzen der Raumordnung vor, wie sich Siedlungsstruktur, Freiräume und Infrastruktur in den Planungsräumen entwickeln sollen“, liest man auf der Internet-Seite des Landes Schleswig-Holstein.

Der Bürgermeister hat eine vierseitige Stellungnahme verfasst. Mit dem Entwurf für den Regionalplan ist er gar nicht zufrieden. „Schulnote mangelhaft, Versetzung gefährdet“, sagt er. Thomas Rasmussen vermisst geeignete Vorgaben für die erneuerbaren Energien. „In Handewitt“, erklärt er, „leisten wir mit Windeignungsflächen, Photovoltaik-Vorhaben, Umspannwerk oder Erdgasleitungen einen erheblichen Beitrag zur Energiewende, aber laut Regionalplan wären weder ein Elektrolyseur noch eine energieaufwendige Industrie möglich.“

Schaffung von Wohnraum wird behindert

Außerdem würde eine Zuweisung von zu wenigen Wohneinheiten das allgemeine Ziel zur Schaffung von Wohnraum gefährden. CDU-Gemeinderat Jan Philip Schütze, der auch im Kreistag sitzt, berichtet, dass auch der Kreis eine Stellungnahme zum Regionalplan verfasst habe, in der unter anderem Handewitts Anspruch auf die Funktion „Stadtrandkern zweiter Ordnung“ erwähnt werde. CDU-Fraktionschef Marx Plagemann erinnert sich an die „schönen Worte“ und alten Versprechungen der Politik in Kiel. Getan habe sich allerdings gar nichts.

Kurzum: Die Theorie der Raumordnung hinkt in Handewitt. Die Praxis sieht ganz anders aus. Nach vielen Sanierungsvorhaben an mehreren öffentlichen Gebäuden kündigt sich nun die nächste große Investition in einen Neubau an. Die Siegfried-Lenz-Schule soll erweitert werden, und zwar um einen Trakt, der Grund- und Ganztagsschule miteinander verzahnt. „Das wird keine Flurschule, sondern ein architektonisches Konzept, das Lernen, Chillen und Nachmittagsangebot verknüpft“, erklärt Thomas Rasmussen.

Berliner Architekten erweitern die Siegfried-Lenz-Schule

Der Gemeinderat hat gerade Planungskosten von etwa 1,5 Millionen Euro angeschoben. Das Berliner Architektenbüro „Haberland“, das mit seinem Entwurf einen Wettbewerb gewonnen hat, wird mit dem Konzept für die Hochbauten beauftragt. Die Planungen für die technischen Ausstattungen sollen in Kürze europaweit ausgeschrieben werden. In Handewitt geht man derzeit von einer Investitionssumme in Höhe von 13,5 Millionen aus, hofft dabei auf eine üppige Förderung von Bund und Land.

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