Klimakrise in Nordfriesland

Der Meeresspiegel steigt: Experten zu den Gefahren für Husum, Schobüll und Nordstrand

Der Meeresspiegel steigt: Experten zu den Gefahren für Husum

Der Meeresspiegel steigt: Experten zu den Gefahren für Husum

SHZ
Husum
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Heißt es womöglich auch auf Nordstrand „landunter"? Blick über den Dockkoog hinüber auf die Halbinsel. Foto: Ingo von Oven

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Husum, Schobüll und Nordstrand sind einem Angriff der Nordsee höchst unterschiedlich ausgeliefert. Ein Fachmann erklärt, warum das so ist.

Die Ahr, die in Nordrhein-Westfalen zum reißenden Fluss wird und Verderben bringt – die Bilder haben uns auf dramatische Weise den Klimawandel vor Augen geführt. Daher geht shz.de in Gesprächen mit lokalen Fachleuten der Frage nach, wie sich der Klimawandel unmittelbar in Husum, in Schobüll und auf Nordstrand bemerkbar macht. Ist die Region gewappnet für solche Katastrophen?

Heute: Der Meeresspiegel steigt immer weiter: Wo flutet die Nordsee das Land?

Jannes Fröhlich ist Referent im Wattenmeer-Büro des World Wildlife Fund for Nature (WWF). Der WWF, so Fröhlich, gehe von folgendem Szenario aus. Im letzten Jahrhundert sei der Meeresspiegel an Nord- und Ostsee bis zu 20 Zentimeter angestiegen. Bis 2100 rechnen Klimaforscher, je nach dem Einfluss menschlichen Handelns, mit einem weiteren Anstieg von 30 bis zu 100 Zentimetern. In manchen Abschnitten der Küste senkt sich zudem das Land, was die Gefahr noch vergrößert.


Husum, Schobüll und Nordstrand – alle drei Gebiete liegen so dicht beieinander, dass man sie zu Fuß durchwandern kann, doch die Klimakrise packt sie höchst wahrscheinlich mit unterschiedlicher Härte. Das liegt vor allem an ihren unterschiedlichen Landschaftsformationen, die unmittelbar Einfluss auf den Küstenschutz haben.


Fragen wir dazu Dr. Dirk Meier nach den geologischen Ursprüngen der drei Regionen, denn er gilt als einer der international sehr erfahrenen Geoarchäologen der Nordseeküste. Zuerst zu Nordstrand: Das war ein Moorgebiet, es wurde seit dem 12. Jahrhundert bedeicht und kultiviert.

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Torfabbau und Entwässerung führten dazu, dass sich das Land absenkte, stellenweise bis unter das Mittlere Tidehochwasser. Der moorige Untergrund führt bis heute dazu, dass sich das Land senkt – also eine zum prognostizierten Anstieg des Meeresspiegels genau gegenläufige Entwicklung. Spezielle Klimaschutzdeiche sollen nun das Senkungsgebiet vor dem Meeresspiegelanstieg auf lange Sicht schützen können.

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Gefahr droht zudem auch von oben: Treffe hier nun Starkregen auf die trockenen Böden, könnten die die Nässe gar nicht mehr aufnehmen.


Nun zu Schobüll. „Das ist ein ganz anderer Schnack als die Frage nach der Situation auf Nordstrand.“ Dirk Meier weist auf den Geestrand hin, auf dem der Husumer Ortsteil thront. Es handele sich um Altmoränen aus der vorletzten Saale-Kaltzeit mit ihren sandigen, lehmigen Böden. „Die Schobüller Kirche beispielsweise liegt hoch und trocken“, sagt der Experte.

Blanker Hans und die Lage in Husum

Weiter nach Husum, wie sieht dort die Lage aus? Dirk Meier blickt in die Vergangenheit: In der Edomsharde ging das später legendenhaft verklärte Rungholt unter. Ferner ging infolge des Durchbruchs der Hever durch die bis nach Nordstrand reichende Witzworter Nehrung und die Lundenbergharde vielleicht schon vor 1362 die Landverbindung zwischen Alt-Nordstrand (Strand) und Eiderstedt verloren.


Die Hever drang laut Meier dadurch bis Husum vor, was den Aufstieg des Ortes mit neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten zu einer Hafenstadt begünstigte. Dr. Dirk Meier: „So betrachtet, hat Husum Rungholt als bedeutende Hafenstadt abgelöst.“

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Dr. Meier sieht Husum weniger durch die Nordsee bedroht, aber durch Binnenhochwasser. So sei die früher in Schleifen fließende Husumer Au deutlich begradigt worden. Damit seien natürliche Flächen zur Aufnahme von Starkregen entfallen, und die Fließgeschwindigkeit nehme zu.

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