Leben am Traumstrand unter Touristen: Wie cool ist St. Peter-Ording für Jugendliche?

Leben am Traumstrand unter Touristen: Wie cool ist St. Peter-Ording für Jugendliche?

Leben am Traumstrand unter Touristen: Wie cool ist St. Peter-Ording für Jugendliche?

Ilse Buchwald
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Angelika, Samuel und Leonhard (v. l.) am Böhler Leuchtturm. Ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen, für die drei eher nicht. Foto: Ilse Buchwald

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Ein toller Ort für einen Urlaub ist St. Peter-Ording. Aber wie ist es dort aufzuwachsen als Teenager? Liegt man im Sommer dann den ganzen Tag am Strand und flirtet mit Jugendlichen auf Urlaub?

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Wer als Jugendlicher in St. Peter-Ording Urlaub macht, der hat vielleicht schon mal davon geträumt, dort hinzuziehen: Den Riesen-Strand direkt vor der Haustür, im Sommer jeden Tag baden, Wassersport in allen Facetten rund ums Jahr, viele junge Leute kennenlernen, ein cooles Veranstaltungsprogramm und jede Menge Gelegenheit für Party am Strand.

Ob diese Träume und noch einige mehr tatsächlich in Erfüllung gehen, davon erzählen Samuel (15), Leonard (16) und Angelika (15) aus der Klassenstufe 10 des Nordseegymnasiums. Alle drei leben seit ihrer Geburt in dem beliebten Badeort, der jedes Jahr fast eine Million Urlauber und Tagesgäste anlockt.

Die beiden Jungs geben gleich zu: So toll ist das mit den vielen Menschen nicht. Sie sind schon ziemlich genervt von den vielen Urlaubern. „Es ist oft sehr, sehr voll“, sagt Samuel. Und Leonard ergänzt: „Das geht manchmal innerhalb von zwei Tagen von null auf 100. Einen Tag ist der Ort noch total tot, und dann total voll. Es ist eine Masse, die einem nichts sagt.“

„Ich finde das eigentlich schon ganz gut mit vielen Menschen“, sagt dagegen Angelika. „Ich fahre auch gerne in die Großstadt. Auch weil da mehr Jugendliche sind.“ Sie stört da eher, dass es so viele ältere Menschen und Familien sind.

„Gesetzlose“ Urlauber

Und genervt sind alle drei vom Benehmen mancher Urlauber. „Die rasen hier durch die Böhler Landstraße mit ihrem SUV, beachten nicht mal die Vorfahrt“ sagt Leonard. Und Angelika ergänzt: „Oder die E-Bike-Fahrer, die rasen auch und meckern immer, wenn man mal mitten auf dem Weg fährt.“ Generell hat man den Eindruck, so Leonard, dass für Leute im Urlaub keine Regeln gelten.

Klar, es ist voll im Sommer, in den Oster- und Herbstferien und zwischen Weihnachten und Silvester. Aber dafür gibt es auch deutlich mehr Veranstaltungen als in einem normalen 4000-Einwohner-Dorf. Und wie finden die drei das?

Überall Touristen - am Strand, bei Veranstaltungen

Sie schauen gern mal bei den Kitesurf Masters vorbei wegen der Musik und Party am Abend. „Da trifft man sich dann auch mit Freunden“ sagt Samuel. Er mag diesen Sport, hat von seinem Bruder Kitesurfen gelernt. Und die beiden anderen: Wassersport ist für Leonard und Angelika nichts. Und das im Wassersportparadies St. Peter-Ording. Im Meer schwimmen ist auch nicht so ihr Ding. Zu viele Leute am Strand.

Zurück zu den Veranstaltungen. So vieles lockt die drei da nicht. „Das ist immer alles für Touristen, für uns Einheimische wird direkt nichts gemacht“, kritisiert Leonard. Samuel sieht das ähnlich: „Ich gehe nicht so gerne zu den Veranstaltungen im Dünen-Hus, weil da so viele Touristen sind.“ Meist seien die älter und wollten auch lieber für sich sein.

Tourismus hat auch Vorteile

An sich finden alle, werde für Jugendliche in SPO nicht viel geboten. Wobei sie sich bewusst sind, dass es ohne Touristen noch weniger wäre. Dann gäbe es keine Dünen-Therme, da geht Leonard gerne hin. Und keine Eislaufbahn, die im vergangenen Winter das erste Mal auf dem Marktplatz aufgebaut war. „Das war toll“, sagt Samuel.

So manche Infrastruktur wird clever genutzt. Wie im vergangenen Jahr: „Da haben wir jedes Wochenende auf einem Strandkorbpodest Party gemacht“, sagt Angelika. Das habe die Tourismus-Zentrale natürlich nicht so toll gefunden. „Dieses Jahr war da nur ein paar Mal was los.“ Voriges Jahr hätten auch deutlich mehr Jugendliche in St. Peter-Ording Urlaub gemacht, „die konnten ja nicht ins Ausland fliegen“.

Samstags-Party mit den Muttis

Doch dieses Jahr waren es wieder weniger. Ist der Flirtfaktor von St. Peter-Ording also auch nicht so hoch? „Nein, wenn ich im Hamburg auf dem Flughafen bin, sehe ich da mehr gutaussehende Jugendliche als hier am Strand“, sagt Angelika lachend. Sie sucht sich allerdings ihre Ausgeh-Nischen. „Einmal im Monat ist bei Gosch so eine Art Ü-40-Party, da gehen dann die Muttis hin. Und wir auch. Sonst ist hier ja nichts.“ Oder ins Urban Nature im Sommer. „Aber einmal war das da sehr voll, da hat man uns rausgeschickt, wir wären nicht gut für die Stimmung.“ Seitdem waren sie da auch nicht mehr.

Aber einiges finden sie dann doch gut an ihrem Heimatort. Hier sind sie aufgewachsen, hier haben sie ihre Freunde. „Hier kann ich abends spazierengehen und brauche keine Angst zu haben, in der Großstadt wäre das anders“, sagt Angelika. Und die frische Luft in St. Peter-Ording. Oder abends auf der Promenade spazieren gehen, wenn alles beleuchtet ist. Samuel mag den Strand, besonders den Ordinger.

Nervfaktor: Der Hamburger mit dem SUV

Doch Leonard hat ein zwiespältiges Verhältnis: „Man hasst St. Peter-Ording wegen der Touristen, weil alle auf die Urlauber hören müssen. Aber wenn hier mal tote Hose ist, dann ist man wieder völlig zuhause. Dann fühlt es sich an, wie die eigene Stadt.“ Samuel sieht die Touristen eher als einen Teil der Familie, wenn auch manche angeberisch und hochnäsig sind, der „typische Hamburger mit dem SUV“ eben.

Angelika findet den Winter öde in St. Peter-Ording, wenn alles grau ist. „Dann langweilen sich hier sogar die Polizisten. Die haben mal Freunde von mir verfolgt, weil einer auf dem Gepäckträger mitfuhr.“ Oder wenn man mal ohne Licht fährt, weiß Samuel. „Aber wenn die Touristen da sind, dann wird nicht so genau hingeschaut.“

Vorteil für Klassenfahrten

Über eines sind sie echt froh: Sie müssen nie auf Klassenfahrt ans Meer fahren. Die drei obligatorischen Ausflüge zum Westerhever-Leuchtturm in der Grundschule, als Konfirmand und in der weiterführenden Schule reichen ihnen. „Was machen bloß die Kinder auf Klassenfahrt hier“, fragt sich Samuel. „Hier ist doch nichts los.“ „Wir fahren dagegen nach Berlin, das ist viel cooler“, ergänzt Angelika.

Was wünschen sich die drei?

„Eine kleine Shopping-Mall, das wäre klasse“, sagt Samuel. „Besser als diese Reihenhäuser mit Reetdach drauf. Aber Shopping-Mall bitte ohne Moin-moin- oder I-love-SPO-Souvenirs. Die finden die drei ziemlich albern.

Und eine kleine Kneipe, wo man einfach nur mal eine Cola trinken kann, und die nicht nur bis 22 Uhr auf hat“, wünscht sich Angelika. Oder wenn es wieder einen Minigolfplatz gebe, wie den an der Strandpromande, wo jetzt der Familientreff hinkommt. „Das war früher ein Treffpunkt“, sagt Samuel. Auch wenn es wieder das Straßenfest Donnerstag-im-Dorf gebe, das wäre auch toll. „Da haben wir uns immer getroffen oder Spielzeug verkauft“, erinnert sich Samuel.

St. Peter-Ording - wohl kein Teenager-Traum, aber durchaus lebenswert.

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