Tourismus

Kappelnerin vermietet Ferienwohnung ohne Genehmigung – „ich empfinde es nicht als illegal“

Kappelnerin vermietet Ferienwohnung ohne Genehmigung

Kappelnerin vermietet Ferienwohnung ohne Genehmigung

Rebecca Nordmann/shz.de
Kappeln
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In Kappeln leben viele Menschen vom Tourismus. Foto: Benjamin Nolte

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Wer eine Ferienwohnung vermietet, muss dafür zunächst einen Antrag stellen. Das haben offenbar nicht alle Kappelner Vermieter getan. Weil die Politik die Zahl der Urlaubsquartiere jetzt genau unter die Lupe nimmt, könnte das Folgen haben.

Mit einem Lächeln um Mund und Augen öffnet Sabine Claasen (Name von der Redaktion geändert) die Tür. Und gleich die zweite. „Das ist unsere Ferienwohnung“, sagt sie und betritt ein helles Wohnzimmer mit Couch, zwei Sesseln, Fernseher, Sideboard. Auf dem Tisch stehen Mineralwasser und eine Kanne Kaffee.

50 Quadratmeter große Ferienwohnung

Sabine Claasen ist vorbereitet auf Besucher. Seit knapp zehn Jahren vermietet sie eine etwa 50 Quadratmeter große Wohnung in Kappeln an Urlaubsgäste. Einen Antrag auf Nutzungsänderung, um eben das auch tun zu dürfen, hat sie nach eigenen Worten nie gestellt.

Zahl der Ferienwohnungen regulieren

Jetzt fühlt sie sich, als würde sie unter Beobachtung stehen. Die Kappelner Politik möchte die Zahl der Unterkünfte für Gäste zwar nicht verbieten, aber doch regulieren. Es sollen nicht noch mehr werden, als es inzwischen schon sind. Dazu gehört, solche ungenehmigten Ferienquartiere, wie das von Sabine Claasen, aufzuspüren.

Sabine Claasen ist nicht ihr richtiger Name. Den möchte die Kappelnerin nicht in der Zeitung lesen. Aber sie möchte erzählen, wie es überhaupt dazu kam, dass sie an Urlauber vermietet, was das für sie und ihre Familie bedeutet und weshalb sie nicht findet, etwas Unerlaubtes zu tun. „Ich fühle mich nicht illegal“, sagt sie.

Mehrgenerationenhaus auf mehreren Etagen

Ihr Wohnhaus war einst ein Mehrgenerationenhaus: Großeltern, Eltern, Kinder – sie alle fanden Platz auf mehreren Etagen. Bis der Moment kam, an dem Sabine Claasen und ihr Mann allein im Haus lebten. „Und da haben wir überlegt, was wir machen sollten“, sagt sie. Mit all dem Platz.

Tourismusabgabe an die Stadt Kappeln

Die Idee der Ferienwohnung war schnell geboren. Zwei Personen bietet sie Platz, die Küche haben die Claasens eigens erneuert. Die Vermieterin sagt: „Zwei Betten habe ich bei der Stadt gemeldet, und ich zahle Tourismusabgabe.“ Einen Antrag auf Nutzungsänderung vom Dauerwohnen zum Ferienwohnen? Sabine Claasen schüttelt den Kopf. „Das hat nie jemand von mir gefordert.“

Sie sei unbedarft an die Sache herangegangen, habe nicht gewusst, dass so etwas überhaupt nötig sei. „Und ich finde nicht, dass ich danach hätte fragen müssen. Ein Hinweis wäre schön gewesen“, sagt sie.

Die Kappelnerin vermietet nicht das ganze Jahr über. Zwischendurch quartiert sich nach wie vor Familienbesuch ein, manchmal sei sie außerhalb ihres Buchungszeitraums auch schon Nachbarn zu Hilfe gekommen, die kurzfristig Gäste hätten unterbringen müssen.

Gäste sorgen für Umsatz in Kappelner Geschäften

Ihr Antrieb? „Wir möchten unser Haus gerne erhalten“, sagt sie. Und das falle bei der Größe der Immobilie dann doch leichter, wenn zur Rente noch ein bisschen was oben drauf komme. Und ganz nebenbei habe ja auch die Stadt etwas davon: Schließlich würden auch ihre Gäste für Umsatz in den Kappelner Geschäften sorgen.

Keine Möglichkeit des dauerhaften Vermietens

Fest vermieten an Fremde möchte Sabine Claasen nicht. Dafür sei das Haus dann doch zu offen. In den Monaten, in denen sich Urlauber einmieten, müssten ihr Mann und sie sich schon anders verhalten, könnten nicht so frei agieren. Aber für einen begrenzten Zeitraum im Jahr sei das machbar.

Unterm Strich bedeute das allerdings auch: „Wenn ich das hier nicht als Ferienwohnung vermieten würde, käme trotzdem kein einziger zusätzlicher Quadratmeter regulärer Wohnraum in Kappeln hinzu“, sagt sie.

Damit bringt sie die Herausforderung, vor der die Stadt schon seit einer ganzen Weile steht, ziemlich gut auf den Punkt: Es geht um eine Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Nutzungsformen einer Wohnung oder eines Hauses. Der Typus Ferienwohnung hat in der jüngeren Vergangenheit quantitativ ordentlich zugelegt – vor allem in Neubauten, aber auch in Altbauten, die in Urlaubsquartiere umgewandelt wurden.

Ostseeresort Olpenitz als Herausforderung

Sabine Claasen ist sicher: „Ich verstehe das Problem – aber ich sehe die Ursache nicht in den Privatvermietern.“ Sie macht eine ausholende Armbewegung: Das Problem liege eher draußen im Ostseeresort und seiner immer noch wachsenden Bettenzahl.

Wunsch nach Bestandsschutz

Was sie sich wünscht? „So etwas wie Bestandsschutz“, sagt sie – wissend, dass es schwierig werden könnte zu entscheiden, wo die Grenze verlaufen soll zwischen den Vermietern, die man schützt und denen, bei denen man dies nicht tut. „Aber ich empfinde es nicht als illegal, was ich tue.“ Dass es so etwas wie einen Antrag auf Nutzungsänderung überhaupt gibt, habe sie jetzt erst aus der laufenden Debatte erfahren.

Würde sie denn einen solchen Antrag stellen, wenn sie nachträglich dazu aufgefordert werden sollte? „Ja, das würde ich“, sagt die Kappelnerin. Jetzt aber lasse sie die Sache erstmal auf sich zukommen. Für dieses Jahr sei ihre Ferienwohnung ausgebucht – „und für nächstes Jahr sage ich meinen Gästen: Unter Vorbehalt.“

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