Flensburger Förde

An der Hafenspitze entstehen jetzt Miesmuschelkulturen

An der Hafenspitze entstehen jetzt Miesmuschelkulturen

An der Hafenspitze entstehen jetzt Miesmuschelkulturen

SHZ
Flensburg
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Um die Kisten anzubringen, muss Mats Heitzmann durch das zehn Grad kalte Wasser schwimmen. Foto: Michelle Ritterbusch / SHZ

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Mats Heitzmann aus Flensburg und Tatjana Liese aus Kiel haben an der Hafenspitze Korb-Kombinationen ins Wasser gehängt. Die Konstruktion soll schon bald von Larven bevölkert werden.

Vorsichtig steigt Mats Heitzmann im Neoprenanzug ins zehn Grad kalte Wasser der Flensburger Förde. Ohne eine Miene zu verziehen, dreht er sich um und schaut nach oben. Hier stehen schon Tatjana Liese und Joke Ketels mit einer bezugsfertigen Etagenwohnung für Muscheln: An Seilen sind zwei Kisten aufgehängt. In dieser ist Sand. Verschlossen ist sie mit einem Plastikdeckel mit Löchern. Die obere Kiste ist offen. In ihr liegt eine schaustoffartige Matte, ein sogenanntes Abstandsgewirk. Eine Kiste ist zudem mit einer Art Klettband umwickelt.


Drei dieser Kombinationen haben Mats Heitzmann, Tatjana Liese und Joke Ketels am Mittwochmorgen am Schwimmsteg an einer Schnur ins Wasser gehängt. Dazu noch weitere klettbandartige Bänder.

Und wozu das Ganze? Mats Heitzmann und Tatjana Liese wollen Muscheln züchten. In den Kästen sollen sich Larven von Herzmuscheln ansiedeln. Die Bänder sind für junge Miesmuscheln gedacht.


„Muscheln und Algen sorgen dafür, dass Kohlenstoffe und Nährstoffe aus dem Wasser gebunden werden", erklärt Heitzmann, der an der Europa-Universität Flensburg Biologie studiert. Er war auf illegale Wildmuschelfischerei in der Flensburger Förde aufmerksam geworden und hat als Sporttaucher die Schäden, die die Schleppnetze der Kutter verursachten, gesehen. Das Problem: Auf dem strukturlosen Boden können sich Muscheln kaum ansiedeln.

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Bei Recherchen wurde er als Alternative zur Miesmuschelfischerei mit Schleppnetzen auf regenerative Aquakulturen aufmerksam. Hier werden zum Beispiel Muscheln und Algen an langen Leinen im Wasser kultiviert. „Gleichzeitig bieten die Muscheln auch ein Habitat und Schutzraum für Jungfische und Fischlarven“, erklärt er.

Muschelzüchten erlebbar machen

Durch einen Medienbericht lernte er dann Tatjana Liese aus Kiel kennen. Sie hat in Kiel Meeresbiologie studiert und hat in ihrer Masterarbeit erforscht, dass eine Herzmuschel-Aquakultur biologisch machbar ist. Nun hat sie sich mit ihrem Unternehmen „mAqua“ selbstständig gemacht. Sie plant, eine Herzmuschel-Aquakultur in der Ostsee zu installieren. Das Projekt in der Flensburger Förde ist ein Test. Und nicht nur das, sagt Liese: „Wir hoffen, durch das Projekt auf das Problem der Muschelfischerei aufmerksam zu machen und gleichzeitig Lösungen aufzeigen.“ Deswegen wollen sie das Muschelzüchten erlebbar machen und beispielweise auch Schulklassen an die Hafenspitze einladen.


Das Projekt ist eine Zusammenarbeit mit dem Interreg5a-Projekt „Blumen bauen Brücken – Blomster bygger broer“. Projektleiterin Iris Uellendahl sagt: „Wir freuen uns, dieses wichtige Projekt unterstützen zu können. Muscheln spielen eine entscheidende Rolle für den Zustand der Flensburger Förde.“ Der Muschelgarten reihe sich gut in die Reihe der anderen Projekte wie einen Muschelturm im dänischen Gråsten.


Dafür wurde nun mit dem Anbringen der Körbe und Bänder der Grundstein gelegt. Heitzmanns Freundin Joke Ketels unterstützte die beiden Initiatoren. Die neuen Muschel-Domizile schwimmen unter der Wasseroberfläche, sind also vom Steg aus sichtbar.

Während die Bänder für das Züchten von Miesmuscheln schon gängige Praxis sind, sind die Kästen für die Herzmuscheln neu. Ein bis eineinhalb Jahre soll das Projekt laufen. Dann wollen die Initiatoren auswerten, ob es funktioniert hat. Anschließend wollen sie das Konzept ausweiten, um auch kommerziell Muscheln züchten zu können und so auch Herzmuscheln auf mehr Speisekarten zu etablieren.

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