Klimaschutz in SH

Geld für Vernässung von Mooren: Landbesitzer fordern mehr Tempo

Geld für Vernässung von Mooren: Landbesitzer fordern mehr Tempo

Vernässung von Mooren: Landbesitzer fordern mehr Tempo

SHZ
Löwenstedt / Kiel
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Sind bereit für die Wiedervernässung, verzweifeln aber an der Bürokratie: Michael Drechsler (l.) und Jens Feddersen. Foto: Michael Staudt / SHZ

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Landbesitzer aus Nordfriesland wollen dem Land möglichst sofort ihre Moorflächen zur Wiedervernässung zur Verfügung stellen. Doch ausgerechnet die Stiftung Naturschutz vertröstet sie. shz.de erklärt die Hintergründe.

Es ist ein Wetter wie gemalt für Moorschützer. Denn es regnet wie aus Kübeln, als Harald Jensen über seine Flächen im Löwenstedter/Kollunder Moor (Kreis Nordfriesland) stapft. Noch ist das Moor in weiten Teilen trocken gelegt, nur an wenigen Stellen kann sich das Wasser halten und somit die Freisetzung von klimaschädlichen Treibhausgasen verhindern. „Von mir aus könnten die Flächen hier alle sofort wiedervernässt werden, aber irgendwie geht das nicht voran“, sagt der 63-Jährige, dessen Vater die landwirtschaftlich unrentablen Moorflächen vor vielen Jahrzehnten kaufte. „Ich möchte eben, dass wir alle mehr zum Klimaschutz beitragen“, sagt Jensen.

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Doch das ist nicht so einfach. Zwar will die Stiftung Naturschutz so viele Flächen wie möglich für den Klimaschutz wiedervernässen und bietet den Landbesitzern dafür auch Verträge an. Sie können wählen: Entweder gestatten sie der Stiftung nur die Nutzung der Fläche und bekommen dafür einmalig 1000 Euro pro Hektar. Oder sie verkaufen an die Stiftung und bekommen dafür 3000 Euro pro Hektar. „Doch nun will das Land den Wert der Grundstücke neu ermitteln und sagt uns, dass die Eigentümer für manche Grundstücke bald mehr Geld bekommen könnten“, sagt Jens Feddersen.

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Der Naturschützer ist mit Harald Jensen an diesem regnerischen Tag mit ins Moor gekommen und ist in der Region als eine Art Vermittler unterwegs. Gemeinsam mit Michael Drechsler vom örtlichen Naturschutzverein NBN hat er die Landbesitzer in der Region abgeklappert und eine 30 Hektar große Moorfläche zusammenbekommen, deren über 40 Eigentümer alle einverstanden seien, wenn die Stiftung das Gebiet wiedervernässt – kein leichter Job bei Flächen, die über Jahrzehnte keiner genutzt hat und deren Besitzer und Erben in alle Wind zerstreut sein können.


„Doch die Stiftung sagt uns, dass wir mit den Verträgen warten sollen, weil die Werte der Grundstücke durch das Land neu bestimmt werden und die Besitzer dann bald bessere Preise bekommen könnten“, sagt Feddersen. Das sei für die Eigentümer vielleicht irgendwann gut, aber: „Das dauert uns alles zu lange, wir wollen jetzt loslegen.“ Seit mehr als einem Jahr sei er darüber nun mit der Stiftung in Kontakt – ohne konkretes Ergebnis. „Wir haben den Landbesitzern zugesagt, dass wir uns um die Sache kümmern, wir haben Angst, dass die uns irgendwann abspringen, wenn wir jetzt nicht liefern“, ergänzt Drechsler. Denn der Klimaschutz könne nicht warten bis die Bürokratie so weit sei.

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„Wir wollen nur transparent sein“, sagt hingegen Erich Ruser von der Stiftung Naturschutz. Er sei dankbar für jede Fläche, die ihm angeboten werde. „Aber wir müssen den Menschen in der Region doch sagen, dass sie vielleicht in einem Jahr deutlich mehr Geld für ihre Fläche bekommen könnten, als wenn sie jetzt verkaufen.“ Denn das Land entwickele gerade so genannte Klimapunkte. Das bedeutet: Je mehr Treibhausgase eine Moorfläche bei der Wiedervernässung binden könnte, desto mehr Geld bekommt der Landbesitzer, wenn er das Grundstück dafür der Stiftung Naturschutz überlässt. Dabei muss er sein Land nicht mal verkaufen. Und die Erlöse könnten in manchen Fällen dreimal so hoch sein wie jetzt.

Klimapunkte sollen kommen

„Es ist ein Akt der Fairness, dass wir das den Leuten sagen“, erklärt Ruser. Denn die könnten sich über den Tisch gezogen fühlen, wenn sie jetzt Grundstücke veräußern, die bald deutlich mehr Wert sein könnten. Allerdings sei gerade erste eine Pilotphase für die Klimapunkte abgeschlossen, eine weitere beginne. „Wenn die erfolgreich ist, wovon ich bislang ausgehe, dann könnten die Klimapunkte im Laufe des Jahres 2023 landesweit an den Start gehen“, sagt Ruser.

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Doch das dauert den beiden nordfriesischen Naturschützern zu lange. Sie fürchten, dass die Umsetzung Jahre dauern könnte. Feddersen und Drechsler haben deshalb sogar schon mit einem Notar Zusätze zu den Verträgen der Stiftung entworfen, die die mit den Landbesitzern schließt. „Darin steht, dass die Flächen mindestens zu den jetzigen Konditionen abgegeben werden oder eben zu einem höheren Preis, der sich an den Klimapunkten errechnet und zu einem bestimmten Termin fällig wird“, sagt Drechsler.

Rechtliche Schwierigkeiten

„Das ist juristisch nicht umsetzbar“, meint allerdings Erich Ruser. Man könne einen Vertrag nur zu jetzt geltenden Konditionen umsetzen. Denn noch sei doch nicht mal klar, ob und wann die Klimapunkte genau kommen werden.

Naturschützer vor Ort wollen noch mehr Flächen vernässen

Feddersen und Drechsler fürchten, dass die Akzeptanz für den Moorschutz in der Region sinken könnte, wenn nicht bald etwas passiert. Sie hätten noch mehr Landbesitzer ausgemacht, die weitere Moorflächen veräußern könnten. „Wir haben ein großes Potenzial in der Region“, sagt Feddersen. Das müsse nun aber gehoben werden, denn der Klimawandel warte schließlich nicht, bis das Land und die Stiftung die Klimapunkte fertig hätten. Deswegen müsse die Stiftung Naturschutz mit der Wiedervernässung so bald wie möglich starten.

Vernässungen jederzeit möglich

Auch Erich Ruser ist für eine schnelle Lösung. „Wir würden die Flächen sofort nutzen“, sagt er. „Und wenn sie uns jemand zu den jetzt bestehenden Konditionen überlassen will, sagen wir auch sofort ja.“

Wer Moorflächen für Wiedervernässungen zur Verfügung stellen will, kann sich bei Jens Feddersen melden: Telefon: 0162/9109597.

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