Landtagswahl im Seniorenheim

Frank Hasch: „Die Entscheidung, nicht zur Wahl zur gehen, gibt es bei mir nicht“

Frank Hasch: „Die Entscheidung, nicht zur Wahl zur gehen, gibt es bei mir nicht“

„Nicht zur Wahl zur gehen, gibt es bei mir nicht“

SHZ
Pinneberg
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„Wer nicht zur Wahl geht, unterstützt Parteien, die man nicht haben will“, sagt Frank Hasch. Der 78-Jährige lebt im Seniorenwohnpark Bauernmühle in Pinneberg. Foto: Bastian Fröhlig/shz.de

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Vor Corona war der Seniorenwohnpark Bauernmühle in Pinneberg selbst Wahllokal. Jetzt nutzen die Senioren die Briefwahl. Frank Hasch (78) berichtet warum.

Seine Stimme hat Frank Hasch schon vor Wochen abgegeben. Per Briefwahl. „Ich bin bewegungsunfähig. Eine Bushaltestelle gibt es nicht vor dem Wahllokal. Zu Fuß schaffe ich es nicht mehr“, sagt der 78-Jährige, der seit sieben Jahren im Seniorenwohnpark Bauernmühle in Pinneberg wohnt. Sein Wahllokal war bisher in der Grund- und Gemeinschaftsschule (Gugs) im Quellental. Eigentlich hätte er am Sonntag einen kurzen Weg zur Wahlurne gehabt, denn diese wurde für die Senioren direkt vor Ort aufgebaut. Zudem konnten die Bewohner der umliegenden Straßen im geteilten Wahlbezirk sieben dort wählen. Vor Corona.

Umstellung vom Wahllokal auf Briefwahl

„Wir hatten früher eine eigene Wahlurne“, berichtet Martina Hoyer, Leiterin des Seniorenwohnparks Bauernmühle. Der Raum mit der Urne wurde am Vorabend versiegelt, die Bewohner konnten direkt aus den Wohnbereichen zur Wahl ins Erdgeschoss gehen. „Viele haben das genutzt, um in der Cafeteria ein Stück Kuchen zu essen“, berichtet Hoyer. Doch durch Corona habe sich das geändert. „Schon zur Bundestagswahl war es wegen der Coronaauflagen nicht mehr möglich. Daher mussten wir auf Briefwahl umstellen.“

Die Bewohner des Seniorenheims konnten sich in eine Briefwahlliste eintragen und erhielten dann die Unterlagen. „Ich war vermutlich der Erste, der gewählt hat“, sagt Hasch und liefert die Erklärung direkt hinterher: „Wir konnten ab montags wählen, ich hatte einen Termin in der Stadt und konnte direkt meinen Brief abgeben.“ Dass er zur Wahl geht, ist für den 78-Jährigen selbstverständlich. „Die Entscheidung, nicht zur Wahl zur gehen, gibt es bei mir nicht. Seitdem ich wahlberechtigt bin, bin ich bei jeder Wahl gewesen“, berichtet Hasch.

Während mittlerweile 16-Jährige wählen dürfen, musste sich Hasch als Jugendlicher seinerzeit gedulden. Erstmals durfte er mit 21 Jahren seine Stimme abgegeben. Erst 1972 wurde das Wahlalter auf 18 Jahre reduziert. „Wenn ich mich politisch äußern will, muss ich auch tätig werden. Dann muss ich wählen gehen“, sagt Hasch. In einer Partei war der ehemalige Verwaltungsbeamte nie aktiv, aber als Wahlhelfer und sogar Wahlvorstand hat er sich engagiert – vor allem in seiner Heimat, dem Bergischen Land und der Stadt Köln, später auch in Pinneberg, wohin er 1988 aus familiären Gründen mit seiner Frau zog.

„Als mündiger Bürger muss ich, wenn ich mich äußern will, auch mein Kreuzchen machen. Damit drücke ich aus, dass ich mich politisch beteilige. Wer nicht zur Wahl geht, unterstützt Parteien, die man nicht haben will“, betont Hasch und wird konkret: „Wenn man die Rechten nicht haben will, muss man auch zur Wahl gehen.“

„Ich bin wohl einer der wenigen, die gewählt haben“, sagt Hasch über seine Mitbewohner in der Bauernmühle. „Viele haben kein Interesse mehr an Politik und wählen gar nicht erst. Mich würde überraschen, wenn die Wahlbeteiligung hier über 20 Prozent liegen würde“, schätzt der 78-Jährige. Damit liegt er allerdings falsch. „Die Briefwahl nutzen eine Menge der Bewohner“, sagt Hoyer. Genaue Zahlen hat sie nicht. „Mehr als 50 Prozent auf jeden Fall.“ Als die Wahlurne noch im Seniorenheim stand, seien es vielleicht einige mehr gewesen. „Fast alle sind wählen gegangen, die selbstständig wählen gehen konnten.“

„Wahlgeheimnis gibt es bei mir nicht“, sagt Hasch. „Ich war schon immer eher ein Linker. Da weiß jeder, was ich wähle. Da hatte ich oft Streit mit meiner Schwiegermutter, einer Beamtenwitwe. Sie meinte, als Beamter muss man CDU wählen.“ Das kam für Hasch gar nicht in die Tüte – und kommt es heute auch noch nicht: „CDU wählen ist für mich eine Nicht-Wahl. Näher möchte ich mich aber dazu nicht äußern.“

Die Ergebnisse der Landtagswahl verfolgt Hasch am Sonntagabend im Fernsehen. Am Montag wird es in der Zeitungsrunde diskutiert. „Diese findet jeden Tag statt. Dann wird aus dem Pinneberger Tageblatt vorgelesen und diskutiert. Die Bewohner interessiert vor allem, was vor Ort passiert“, sagt Hoyer. Zehn bis 15 Senioren nehmen an der morgendlichen Runde teil. Hasch wird dabei sein: „Ich lasse sie reden, aber es gibt auch meine Meinung vor den Kopf gehauen. Es braucht keiner Versuchen, meine Meinung zu ändern. Die habe ich und die bleibt, wie sie ist.“ Hasch wird die Ergebnisse genau verfolgen, auch wenn er einräumt: „Die Wahl kommende Woche interessiert mich noch mehr.“ Am Sonntag, 15. Mai, wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. „Mich interessiert noch mehr, was in meiner alten Heimat passiert, auch wenn ich da mit meiner Stimme nichts mehr beeinflussen kann.“

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