Stadtentwicklung

Flensburger Neustadt: Wie der alte Sultanmarkt vom Leerstand zum Kulturzentrum wurde

Flensburger Neustadt: Vom alten Sultanmarkt zum Kulturzentrum

Vom alten Sultanmarkt zum Kulturzentrum

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
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Jalal El Abd, Kirsten Piper und Lothar Baur an einem der Wandgemälde am Ex-Sultanmarkt.  Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Der Verein 8001 sieht sich als „Brückenbauer“ in Flensburgs Stadtteil der vielen Nationalitäten. Doch eine wichtige Förderung läuft bald aus – jetzt muss sich die „Kulturbaustelle“ neu orientieren.

Der geöffnete Staubsaugerkarton wurde eifrig mit Paketband beklebt und wirkt etwas deplatziert auf dem plüschigen Fransen-Sofa. Dahinter weiße und goldene Luftballons – die Relikte einer syrischen Hochzeit. Ansonsten ist der Ex-Sultanmarkt fast leer, bis auf ein paar Tische und schwarze Raumtrenner.

Dabei hat sich viel getan in den vergangenen Jahren, nachdem das damals leerstehende und besprayte Gebäude wegen seines Schmuddelfaktors in die Kritik geriet. Inzwischen ist das Gebäude längst nicht mehr der ehemalige arabische Supermarkt oder der Leerstand, der „vor sich hinrottet“, wie Nachbarn dereinst bemängelten.

Kurzfilmabend, Lesungen, Jazzkonzerte

Inzwischen ist hier ein lebhafter Veranstaltungsort entstanden, in dem Hochzeiten aber eher die Ausnahme sind. Kurzfilmabende, Lesungen, Jazzkonzerte, Ausstellungen und das muslimische Zuckerfest fanden dort statt, seitdem der Verein „Kunst und Kultur Baustelle 8001“ den Laden vor etwa zwei Jahren übernommen hat. „Es ist ein brummendes Kulturzentrum geworden“ sagt Lothar Baur vom Verein 8001.

Sichtbar wird das schon von außen: Bunte Malereien, die Holzfigur eines Eisbären und seit neustem ein kleiner, urbaner Garten mit Sitzgelegenheiten und Beeten aus Holz, die Schülerinnen und Schüler der Comenius-Schule gebaut haben.

Funktion als „Brückenbauer“

Der Verein 8001 sieht sich in der Neustadt als ein „Brückenbauer“. Mit den Veranstaltungen werde mal ein deutsches, mal ein internationales – aber auch immer wieder ein gemischtes Publikum angesprochen. Dabei sei vor allem Kunst eine „gemeinsame Brücke“, sagt Kirsten Piper vom Verein 8001. Doch es gibt auch Bildungsangebote. Jalal El Abd hilft zum Beispiel Frauen, die durch den Familiennachzug nach Deutschland gekommen sind, Deutsch zu lernen.

Für die internationale Stadtteilarbeit bekam der Verein im Winter 2019 eine Förderung des Programms „Utopolis-Soziokultur im Quartier“ – doch dann kam die Coronakrise. „Die neuen Aufgaben und die Coronazeit haben die Vereinsstruktur stark überbeansprucht und belastet“, so Piper. Ehrenamtliche Mitglieder sprangen ab.

Mehr Fördermittel durch die Stadt gefordert

Nun läuft September die Utopolis-Förderung bereits wieder aus – und damit könnte auch die Anmietung – und Belebung – des Ex-Sultanmarktes mindestens erschwert werden. „Der Verein möchte gerne das Projekt weiterführen, ist aber dazu in seiner aktuellen Situation nicht wirklich in der Lage“, so Piper. Es soll dafür eine resiliente Kerngruppe aufgebaut werden, auch ein Kulturrat wird gerade aufgebaut.

Der Verein hofft daher, dass er künftig mehr durch die Stadt gefördert wird. „Man sollte Soziokultur ebenso fördern wie die Hochkultur“, sagt Piper. Schließlich sei im Ex-Sultanmarkt eine „lebendige Internationalität“ entstanden, wenn beispielsweise der palästinensische und ein ukrainischer Verein eine gemeinsamen Abend gestalten. Wenn Menschen ganz unterschiedlicher Nationalitäten lernen, Veranstaltungen mit deutschen Auflagen zu planen. Denn die Veranstaltungen sollen auch von den Bewohnern der Neustadt kommen. „Uns ist wichtig, dass die Leute selbstermächtigt sind“, sagt Lothar Baur. Und dass sie einen Ort haben, an dem sie ihre Ideen und Werke, ihre Musik und Feiern gestalten können.

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Hannah Dobiaschowski
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