Energie

Flensburg beschließt klimaneutrale Stadtwerke bis 2035

Flensburg beschließt klimaneutrale Stadtwerke bis 2035

Flensburg beschließt klimaneutrale Stadtwerke bis 2035

Ove Jensen/shz.de
Flensburg
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Zufriedene Gesichter: Die Vertreter des Klimabegehrens mit Sprecherin Clara Tempel in der Mitte am Rande der Ratsversammlung im Flensburger Rathaus. Foto: Ove Jensen/shz.de

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Die Stadt Flensburg will die Forderung des Bürgerbegehrens umsetzen: In gut zwölf Jahren soll die Fernwärme ausschließlich aus erneuerbaren Energien kommen.

Plötzlich ging alles ganz schnell. Am Donnerstagvormittag kam die Nachricht aus dem Innenministerium in Kiel: Das Bürgerbegehren „Fossilfreie Stadtwerke“ ist zulässig. Mit mehr als 10.000 Unterstützer-Unterschriften wurde mehr als das Doppelte des erforderlichen Quorums erreicht. Auch inhaltlich entspricht das Klimabegehren nach Auffassung der Kommunalaufsicht den gesetzlichen Voraussetzungen.

Der Weg war damit vorgezeichnet: Die Ratsversammlung musste sich mit den Forderungen beschäftigen. Das tat sie noch am selben Nachmittag. Und was noch vor einem Jahr eher unwahrscheinlich erschien, geschah: Eine große Mehrheit stimmte dem Klimabegehren zu. Es gab keine Gegenstimmen. Nur die FDP und die Wählergemeinschaft „Flensburg Wählen“ enthielten sich.

Zustimmung auch von CDU und SSW

Damit steht fest: Ab dem Jahr 2035 sollen die Stadtwerke Flensburg kein Gas und keine Kohle mehr verbrennen. Dass auch die Skeptiker, die vor allem in den Reihen von CDU und SSW saßen, am Ende zustimmten, dürfte nicht zuletzt auch an einem Signal von Stadtwerke-Geschäftsführer Dirk Wernicke gelegen haben, das sich zusammenfassen lässt mit den Worten: Wir schaffen das!

Der genaue Weg hin zur fossilfreien Erzeugung von Strom und Wärme ist dabei noch offen. Die Stadtwerke nennen bestimmte Voraussetzungen, die aus ihrer Sicht aber erfüllbar sind. Dabei geht es um die Finanzierbarkeit, aber auch und die Frage, ob alternative Energieträger wie Wasserstoff ausreichend vorhanden sein werden.

Bisher hatten die Stadt Flensburg als Eigentümerin der Stadtwerke geplant, bis zum Jahr 2045 komplett aus der Energiegewinnung mit Gas auszusteigen. Mit Kohle sollte 2030 Schluss sein. Nun soll es also deutlich schneller gehen.

Grund zum Jubeln für die Initiatoren des Klimabegehrens, die die Debatte in der Ratsversammlung von den Zuschauerreihen aus verfolgten.

Zu Beginn habe die Initiative eine Menge Gegenwind verspürt. „Jetzt sind wir überglücklich“, sagte Clara Tempel. „Global betrachtet, ist es kein riesiger Erfolg für den Klimaschutz, aber es ist das Mindeste, was wir hier in Flensburg tun können.“

Große Wirkung dank Fernwärme-Netz

Die Stadtwerke sind der mit Abstand größte CO2-Verursacher in Flensburg. Das liegt vor allem am Fernwärmenetz, an das fast alle Haushalte angeschlossen sind. Entsprechend groß ist die Wirkung, wenn die Stadtwerke in ihren Kesseln am Ufer der Förde kein Gas und keine Kohle mehr verbrennen: Fast alle Heizungen in Flensburg würden dann klimaneutral laufen.

Die erforderlichen Investitionen sind gewaltig. Stadtwerke-Chef Wernicke spricht von einem dreistelligen Millionenbetrag. Was das in Zukunft für den Fernwärme-Preis bedeuten wird, ist noch nicht absehbar. Die Preisexplosion auf dem Gasmarkt in den vergangenen Monaten hat aber denjenigen Auftrieb gegeben, die argumentieren, dass ein Festhalten am Bestehenden noch teurer werden könnte.

Joachim Schmidt-Skipiol, der für die CDU-Fraktion die Zustimmung zum Klimabegehren begründete, betonte auch deshalb besonders, dass die bevorstehende Preiserhöhung bei der Fernwärme nichts mit nun beschlossenen Ausstieg aus der fossilien Energieerzeugung zu tun habe, sondern auf den Preisanstieg bei den bisherigen Energieträgern zurückgehe.

Die Ratsversammlung ist an ihren Beschluss nun für zwei Jahre gebunden. Danach könnte der Ausstieg aus Kohle und Gas theoretisch wieder rückgängig gemacht werden. Auch wenn daran aktuell – zumindest öffentlich – niemand denkt, betonte Clara Tempel: „Wir werden ein Auge darauf haben, dass niemand auf die Idee kommt, das umzustoßen.“ Notfalls starte man ein neues Bürgerbegehren.

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